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Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Titel: Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dryas Verlag
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großen Not ein Trost und eine Freundin sein. Willst du das tun?“
    „Ja!“, antwortete Alicia leidenschaftlich. „Wie kannst du so etwas nur fragen?“ Während dieser Worte stiegen ­Tränen in Alicias Augen. „Oh, Robert! Robert! Könnte es sein, dass du so schlecht von mir denkst? Mich für so töricht hältst, dass ich meinem Vater in seiner Not nicht zur Seite stehen kann?“
    „Nein, meine Liebe“, erwiderte der junge Mann ruhig, „ich habe niemals Zweifel an deiner Zuneigung gehabt, sondern nur an deinem Taktgefühl.“ Er lächelte milde zu dem jungen Mädchen hinunter. „Dein Vater beabsichtigt, den Court zu verlassen. Der Schmerz hat ihm diesen Ort zweifellos verhasst gemacht. Er geht fort, aber er darf nicht allein gehen, verstehst du das, Alicia?“
    „Allein? – Aber ich denke, Mylady ...“
    „Lady Audley wird nicht mit ihm gehen“, erklärte Robert und räusperte sich. „Er ist im Begriff, sich von ihr zu trennen.“
    „Für eine gewisse Zeit?“
    „Nein, für immer.“
    Sie schlug die Hände vor den Mund.
    „Lady Audley ist der Grund für den Kummer ­deines Vaters. – Du wirst deinem Vater anbieten, ihn ­zubegleiten, wo immer er auch hinzugehen beliebt, Alicia“, sagte Robert. „In einer Zeit wie dieser bist du sein naturgegebener Trost. Doch in dieser Stunde der Schicksals­prüfung wirst du ihm am besten dadurch helfen, dass du es ­vermeidest, dich ihm in seinem Schmerz aufzudrängen. Gerade deine Unkenntnis der näheren Umstände dieses Kummers wird eine Garantie für dein Taktgefühl sein. Sage nichts zu ­deinem Vater, das du nicht auch vor zwei Jahren, bevor diese Frau in sein Leben trat, gesagt haben würdest. Versuche das für ihn zu sein, was du für ihn warst, ehe die Frau sich zwischen dich und deines Vaters Liebe drängen konnte.“
    „Ich werde es versuchen“, murmelte Alicia.
    Zum ersten Mal, seit er ein Schuljunge gewesen war, nahm Mr Audley seine Cousine in die Arme und küsste sie auf ihre klare Stirn. „Meine liebe Alicia“, sagte er, „tu das, und du machst mich froh. Ich bin in gewisser Weise das Werkzeug gewesen, das diesen Schmerz für deinen Vater herbeigeführt hat. Lass uns hoffen, dass dieser Schmerz nicht ewig währt. Versuche, meinen Onkel wieder glücklich zu machen, Alicia, und ich werde dich inniger ­lieben, als je ein Bruder seine hochherzige Schwester geliebt hat. Und auch eine brüderliche Zuneigung mag vielleicht trotz allem von Wert sein, meine Liebe, obwohl sie ganz anders ist als die schwärmerische Verehrung des armen Sir Harry.“
    Während ihr Cousin gesprochen hatte, hielt Alicia ihren Kopf gesenkt und verbarg ihr Gesicht vor ihm. Doch dann hob sie den Kopf und blickte ihm mit einem Lächeln ins Gesicht, das umso strahlender wirkte, weil ihre Augen ­voller Tränen standen. „Du bist ein guter Kerl, Bob“, ­antwortete sie, „und es war sehr töricht und gemein von mir, dir böse zu sein, weil ...“ Die junge Dame hielt abrupt inne.
    Er blickte sie fragend an.
    „Lassen wir es gut sein, Robert. Ich werde alles tun, was du verlangst. Ich werde mich sogleich fertig machen. Meinst du, Papa will noch heute Abend aufbrechen?“
    „Ja. Ich denke nicht, dass Sir Michael noch eine ­weitere Nacht unter diesem Dach verbringen möchte.“ Alicia nickte und rief ihre Zofe. Dann eilte sie die Treppe hinauf, um die Vorbereitungen für diese plötzliche Reise zu ­treffen.
    Langsamen Schrittes kehrte Robert in die Halle zurück. Er zögerte auf der Schwelle jenes Raumes, in dem er Lucy, Lady Audley oder auch Helen Talboys, die Frau seines verlorenen Freundes, zurückgelassen hatte.
    Noch immer lag sie auf dem Boden – genau an der Stelle, auf der sie vor die Füße ihres Mannes gesunken war und ohne Reue, wie es schien, ihre Geschichte erzählt hatte. Sie schien nur eines Gefühls mächtig. Es war jenes des Mitleids für die eigene Person, für das eigene ­erduldete Schicksal.
    Robert blickte zu ihr hinunter. Sir Michael hatte ihm aufgetragen, das weitere Schicksal dieser Frau in die Hand zu nehmen. Ihm graute davor. Er ging in die Halle zurück und schickte einen der Diener, um ihre Zofe zu suchen, die beim Anblick ihrer Herrin in laute Ausrufe der ­Bestürzung ausbrach.
    „Lady Audley ist sehr krank“, erklärte Robert ihr. „­Bringen Sie Mylady in ihr Zimmer und achten Sie darauf, dass sie es heute Abend nicht mehr verlässt. Seien Sie so gut und bleiben Sie in ihrer Nähe, aber reden Sie nicht mit ihr und lassen Sie es auch

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