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Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Titel: Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dryas Verlag
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Aufmerksamkeit. „Das sollte eigentlich eine Allee auf einem Friedhof sein“, bemerkte George. „Wie friedlich die Toten unter diesem dunklen Schirm ­schlafen würden. Ich wünschte, der Friedhof in Ventnor wäre so.“
    Sie trafen Alicia in der Lindenallee. Lustlos wanderte das Mädchen unter dem schwarzen Gewölbe der Bäume auf und ab, aus dem hin und wieder ein welkes Blatt langsam zu Boden flatterte.
    Gemeinsam schlenderten sie zum verfallenen Brunnen hinüber, und Alicia erzählte ihnen dabei eine Sage über den Court. Es war eine düstere Geschichte wie all die Erzählungen, die sich um einen alten Herrensitz ranken, so als sei die Vergangenheit eine bedrückende Chronik von Kummer und Verbrechen.
    „Wir würden gern das Haus besichtigen, bevor es ganz dunkel ist, Alicia“, unterbrach Robert ihren Redefluss.
    „Nun, dann müssen wir uns beeilen“, erwiderte das Mädchen. „Kommt!“
    Durch eine offene Terrassentür, die erst vor wenigen Jahren der Mode der Zeit entsprechend geschaffen ­worden war, führte sie die beiden in die Bibliothek und von dort in die Halle. Dort begegnete ihnen die blasse Zofe von Mylady, die den jungen Männern unter ihren weißen Wimpern einen verstohlenen Blick zuwarf.
    „Nachdem wir im Salon waren, möchte ich diesen ­Gentlemen Lady Audleys Gemächer zeigen. Sind sie in Ordnung, Phoebe?“
    „Ja, Miss, aber die Tür zum Vorraum ist verschlossen, und ich glaube, Mylady hat den Schlüssel nach London mitgenommen.“
    „Den Schlüssel mitgenommen! Unmöglich!“, rief Alicia.
    „Doch, Miss. Ich nehme es zumindest an, denn ich kann ihn nicht finden.“
    „Ich muss sagen“, meinte Alicia ungehalten, „das sieht Mylady ganz ähnlich, sich eine derart törichte Grille in den Kopf zu setzen. Es ist zu ärgerlich, denn die wertvollsten Gemälde befinden sich genau in dem Vorraum zu ihren Gemächern. Dort befindet sich übrigens auch ihr eigenes Porträt. Es ist zwar noch unvollendet, doch die Ähnlichkeit ist verblüffend.“
    „Ihr Porträt!“, rief Robert aufhorchend. „Ich gäbe ­vieles darum, es zu sehen, denn ich habe nur eine unvoll­kommene Vorstellung von Myladys Gesicht. Gibt es keine andere Möglichkeit, in den Raum zu kommen, Alicia? Vielleicht eine Tür, die in andere Räume führt, durch die wir dann in ihre Zimmer gelangen könnten?“
    Seine Cousine schüttelte verneinend den Kopf und geleitete die jungen Männer zu einer Galerie, in der die Familienporträts hingen. Die Figuren auf den verblassten Leinwänden erschienen im dämmrigen Licht wie ­drohende Gestalten.
    „Dieser Bursche dort mit der Streitaxt, er sieht aus, als wolle er jeden Moment Georges Kopf spalten“, bemerkte Mr Audley, wobei er auf einen grimmigen Krieger ­deutete, dessen erhobener Arm hinter George Talboys’ ­dunklem Haar auftauchte. „Verlassen wir lieber diesen Raum, ­Alicia. Ich habe den Eindruck, er ist entweder feucht oder aber es spukt hier.“ Robert schüttelte sich. „Ich glaube ­wirklich, dass Geister immer eine Folge von Feuchtigkeit sind. Schläft man in einem feuchten Bett, wacht man ­unweigerlich mitten in der Nacht mit einem fröstelnden Schauer auf und sieht Tote an seinem Bett sitzen.“
    Im Salon waren bereits die Kerzen angezündet, denn in Audley Court gab es nirgendwo eine dieser neu­modischen Lampen. Die Räume in Sir Michaels Haus ­wurden nur durch solide, dicke gelbe Wachskerzen in schweren ­silbernen Kerzenhaltern und Wandleuchtern erhellt. Im Salon selbst war sehr wenig Bemerkenswertes zu sehen. Und so war es Robert schon nach kürzester Zeit leid, das gediegene Mobiliar und die wenigen Bilder von Malern der Akademie anzustarren.
    „Gibt es im Haus nicht einen Geheimgang oder eine alte Eichentruhe oder sonst irgendetwas Aufregendes in dieser Art, Alicia?“, fragte Robert.
    „Aber natürlich!“, entfuhr es dem Mädchen mit einer Heftigkeit, die ihren Cousin zusammenzucken ließ. „Natürlich! – Warum habe ich nicht schon früher daran gedacht? Wie dumm von mir, wirklich.“
    „Warum dumm?“
    „Weil du die Zimmer von Mylady ja doch ­besichtigen kannst. Es darf dir allerdings nichts ausmachen, auf ­Händen und Knien zu kriechen, denn gerade jener Geheimgang führt direkt in ihren Ankleideraum. Ich glaube, sie selbst weiß gar nichts von seiner Existenz.“
    „Sollen wir den Geheimgang ausprobieren, George?“, fragte Mr Audley seinen Freund lachend.
    „Wenn du es willst.“
    Alicia brachte die beiden jungen Männer daraufhin in jenes

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