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Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi

Titel: Das Geheimnis der Lady Audley - ein viktorianischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dryas Verlag
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Stunde später hielt der Zug endlich auf einem düsteren Bahnhof, der inmitten einer sandigen Einöde errichtet worden war. Er war der einzige Reisende, der in dieser trostlosen Station ausstieg. Der Zug fuhr weiter, noch bevor der Anwalt Zeit gehabt hatte, seine Sinne zu sammeln. Er rief einen Bediensteten herbei und zeigte auf seinen Reisesack.
    „Würden Sie das für mich zum nächsten Hotel bringen?“, fragte er. „Das heißt, wenn ich dort ein gutes Bett bekommen kann.“
    Der Mann lachte und warf sich den Reisesack über die Schulter. „Ich würde sagen, Sie könnten dreißig Betten haben, Sir, wenn Sie es wollten. Um diese Jahreszeit haben wir in Wildernsea nicht viel zu tun. Hier entlang, Sir.“
    Der Träger öffnete eine Holztür in der Bahnhofsmauer, und Robert Audley fand sich auf einer weiten Rasenfläche wieder, die ein großes quadratisches Gebäude umschloss, das vor ihm aufragte. Die massive schwarze Front wurde nur durch zwei weit voneinander entfernte, beleuchtete Fenster belebt, die in der Dämmerung wie Signalleuchten rötlich schimmerten.
    „Das ist das Victoria Hotel, Sir“, erklärte der Träger. „Sie werden es kaum glauben, welche Menschenmengen wir hier im Sommer haben.“
    Angesichts des verlassenen Rasens, der menschenleeren hölzernen Pavillons und der dunklen Fenster des Hotels war es in der Tat schwierig, sich vorzustellen, dass sich an diesem Ort jemals fröhliche Menschen tummeln könnten, die sich des heiteren Sommerwetters erfreuten. Er folgte seinem Führer zu einer kleinen Tür an der Seite des ­großen Hotels, die in einen gemütlichen Schankraum führte. Dort wurde die anspruchslosere Klasse der ­Sommergäste mit den Erfrischungen versorgt, die sie zu zahlen bereit war. Während dieser toten Saison im ­Februar gab es nur sehr wenige Dienstboten im Hotel. Und es war der Besitzer selbst, der Robert in ein düsteres Gewirr von polierten Mahagonitischen und rosshaargepolsterten Stühlen geleitete, das er „Kaffeestube“ nannte.
    Mr Audley setzte sich vor den breiten Kaminvorleger und streckte seine Beine aus. Währenddessen stocherte der Wirt mit dem Schüreisen in der aufgeschichteten Kohle und jagte eine rötlich auflodernde Flamme den Schornstein hinauf.
    „Wenn Sie lieber ein privates Zimmer hätten, Sir ...“, sagte der Mann.
    „Nein, danke“, antwortete Robert gleichgültig. „­Dieser Raum scheint jetzt gerade privat genug zu sein. Wenn Sie mir ein Hammelkotelett und ein Pint Sherry bringen ­lassen würden, wäre ich Ihnen dankbar.“
    „Gewiss, Sir.“
    „Und ich wäre Ihnen noch dankbarer, wenn Sie mir ­vorher die Gunst einer Unterhaltung von ein paar Minuten gewähren würden.“
    „Mit dem größten Vergnügen“, erwiderte der Wirt zuvorkommend. „Zu dieser Jahreszeit haben wir so wenige Gäste, dass wir nur zu froh sind, den Gästen, die uns ­beehren, gefällig zu sein. Jede Information, die ich Ihnen geben kann ... über die Umgebung von Wildernsea und seine Sehenswürdigkeiten ...“, setzte er hinzu.
    „Ich will nichts über die Umgebung von Wildernsea wissen“, warf Robert in schwachem Protest gegen die ­Redseligkeit des Wirtes ein. „Ich möchte Ihnen einige ­Fragen stellen, und zwar über Leute, die einmal hier gelebt haben.“
    Der Wirt verbeugte sich und lächelte mit einer Miene, die seine Bereitschaft zum Ausdruck bringen sollte, die Biographien aller Einwohner des kleinen Badeortes vor­tragen zu wollen, falls Mr Audley das wünsche.
    „Seit wie vielen Jahren leben Sie hier?“, fragte Robert und zog sein Notizbuch aus der Tasche. „Stört es Sie, wenn ich mir über Ihre Antworten auf meine Fragen Aufzeichnungen mache?“
    „Ganz und gar nicht, Sir“, antwortete der Wirt, der den feierlichen Ernst und die Bedeutsamkeit, die diese Angelegenheit zu durchdringen schien, offensichtlich genoss. „Jede Auskunft, die ich geben kann und die möglicherweise von Wert ist ...“
    „Ja, danke“, murmelte Robert, den Redefluss unter­brechend. „Sie leben hier seit ...?“
    „Sechs Jahren, Sir. Davor war ich in Hull tätig.“
    „Entsinnen Sie sich eines Leutnants der Marine, der Maldon hieß?“
    „Kapitän Maldon, Sir? Ja, Sir. Er war einer ­unserer ­besten Gäste. Er pflegte seine Abende hier in diesem Raum zu verbringen. Seine Tochter heiratete einen jungen ­Offizier, der um die Weihnachtszeit des Jahres ’52 mit seinem ­Regiment in den Ort kam. Sie heirateten hier, Sir. Doch der Gentleman verschwand später nach

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