Das Geheimnis der Mangrovenbucht
soll ich das genau wissen? Ich führe kein
Tagebuch, wo ich mir derartige Ereignisse notiere. Die Polizei hat vielleicht
für derartigen Unsinn Zeit, aber ich nicht.«
Wright übersah absichtlich
seinen beleidigenden Ton und fügte hinzu: »Ich nehme also an, daß Sie den Toten
schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen haben?«
»Sie können annehmen, was Sie
wollen. Vielleicht habe ich vor einer Woche
mit ihm geredet — ihm auf der Straße >guten Tag< gesagt oder ihn in der
Stadt in einem Pub getroffen. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen — und jetzt würde ich gerne wieder weiterarbei ten. Es kommt ein Düngeflugzeug, und ich
muß am Landeplatz noch etwas erledigen.«
»In Ordnung, ich will Sie nicht
länger aufhalten«, sagte Wright zwar immer noch liebenswürdig, aber jetzt sehr
bestimmt. »Aber ich warne Sie, Mr. Walker, es ist Ihre Pflicht, die Pflicht
eines jeden Bürgers, der Polizei nach besten Kräften zu helfen. Es ist nicht
sehr klug, einen derartigen Ton anzuschlagen, wenn einem eine höfliche Frage
gestellt wird.«
Walker zuckte die Achseln, dann
lächelte er plötzlich. Es war ein sehr merkwürdiges, aber seltsam entwaffnendes
Lächeln. »Entschuldigen Sie«, sagte er, »ich bin etwas in Eile heute morgen . Aber wenn Sie etwas brauchen, kommen Sie doch heute abend noch einmal vorbei.«
Dann pfiff er seinem Hund und
wandte sich ab. Wright stieg in seinen Wagen und fuhr langsam davon. Dieser
Mann, so sagte er sich, war ein schwieriger Bursche. Wenn er ein Mensch wäre,
der sich auf irgendwelche Vermutungen einließe und seinen plötzlichen
Eingebungen nicht immer selbst mißtraute, dann wäre er zweifellos zu der
Überzeugung gelangt, daß von all den Verhörten Walker der einzige wäre, dem er einen Mord zutraute. Dann lächelte er, als ihm aufgrund seiner
Erfahrung einfiel, daß viele Mörder reizende Menschen waren und daß man, nur
weil jemand unhöflich und bissig war, ihn nicht gleich schuldig sprechen
dürfte.
Mit einem Seufzer des Bedauerns
fuhr Wright zu Holders Haus zurück und setzte sich an den großen Schreibtisch,
der in Holders Büro stand, um zu arbeiten.
9. Kapitel
Als Verity ihm die Schlüssel
aushändigte, sagte Wright: »Sie werden verstehen, Mrs. Holder, daß wir einfach alles anschauen und durchsuchen müssen, obwohl uns
diese Aufgabe nicht sehr viel Spaß macht. Aber es gehört zu meiner Pflicht, die
Papiere Ihres Mannes durchzusehen, in der Hoffnung, darin irgend
etwas zu entdecken, was Licht auf seinen Tod werfen könnte. Wissen Sie,
ob er den Großteil seiner Geschäftsunterlagen hier aufbewahrte oder in seinem
Stadtbüro?«
»Ich glaube in der Stadt, aber
ich weiß es nicht genau. Doch ich vermute, daß hier auch einiges vorhanden
ist.«
Der Schreibtisch war ein
eindrucksvolles, mächtiges Möbelstück, typisch für einen Mann wie Holder.
Wright begann, die Papiere der Reihe nach durchzulesen, aber er entdeckte nicht
sehr viel Interessantes; die üblichen Rechnungen, Kontoauszüge, Quittungen. Er
suchte vergeblich nach einer großen, unerklärlichen Einzahlung auf eine Bank
oder etwas Ähnlichem, denn das wäre zumindest ein Hinweis auf Erpressung
gewesen und hätte somit ein Motiv für den Mord sein können.
Plötzlich entdeckte er einige
Unterlagen im Zusammenhang mit der geplanten Kupfermine, was bewirkte, daß er
einen tiefen Seufzer ausstieß. Das bedeutete das Ende seines Verdachtes auf
Walker und einen weiteren Beweis für den Wahnsinn, sich von einem unangenehmen
Äußeren beeinflussen zu lassen. Walker war zweifellos ein ungehobelter,
unansehnlicher Bursche, aber ebenso sicher hatte er Holder nicht ermordet. Im
Gegenteil, er hatte allen Grund dazu, ihn am Leben zu erhalten, da aus den
Papieren hervorging, daß das angebliche >Syndikat< nur aus Holder und
Walker bestand und daß der Ermordete die Suche nach Kupfer auf Walkers Grund
hätte finanzieren sollen.
»Na ja«, murmelte Wright
enttäuscht, »eines ist sicher. Es gibt einen Mann, der Holder lieber lebendig
als tot sah — und bisher ist Walker der einzige, von dem man das behaupten
kann.«
Das hatte der Farmer natürlich
auch gemeint, als er erwähnte, daß er Holder nur von geschäftlichen Dingen her
kannte. Es sah außerdem so aus, als ob der Großteil ihrer Geschäfte schriftlich
abgewickelt worden wäre, denn es fanden sich etliche Kopien von Holders Briefen
und die Originale von Walkers Antworten. Holder war ganz bestimmt nicht der
Mann gewesen, der sich mit einer mündlichen Zusage
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