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Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Das Geheimnis der Mangrovenbucht

Titel: Das Geheimnis der Mangrovenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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wäre, daß er sie wiederum anschnauzen würde.
    Sie war froh, als sie feststellte, daß sich der Heustadel nicht in der Nähe des Hauses befand. Außerdem bellte kein Hund, was sie zuversichtlich stimmte. Sie schlüpfte schnell zur Tür herein und blickte sich um. Der Stadel war bis oben mit Heu angefüllt, das in großen Bündeln sorgfältig übereinander gestapelt war — mit Ausnahme eines Bündels, das aufgelöst auf einem Haufen lag. Sie ging darauf zu, um es mit dem Büschel, das sie in der Hand hielt, zu vergleichen.
    Es war dasselbe Heu. Darüber bestand kein Zweifel. Sie hob eine Handvoll auf und betrachtete es nochmals. Es war ebenfalls Luzerne. Jetzt hatte sie etwas, was sie diesem überlegenen Inspektor unter die Nase reiben konnte — und Anthony würde ebenfalls seine freche Bemerkung zurücknehmen. Eine Halbirre! Diesen Irrtum würde er büßen müssen.
    Sie drehte sich schnell um und blieb plötzlich atemlos stehen. In der Tür stand Robert Walker und blickte sie an.
    Wie lange stand er wohl schon dort? Sie hatte keinerlei Schritte gehört. Sie versuchte, ihn anzulächeln, und sagte dann sehr verwirrt: »Was für ein herrlicher Heustadel — und der Geruch dieses Heus! Ein Stapel über dem anderen. Ihre Tiere werden ihre Freude daran haben.« Dann hielt sie inne, da ihr klar wurde, daß sie wie ein Trottel daherredete, was keineswegs ihr Eindringen erklären konnte.
    Zu ihrer großen Erleichterung schien er nicht verärgert zu sein. Er sah sie seltsam an. Einen Augenblick lang fühlte sie sich ziemlich unbehaglich, doch dann dachte sie, daß dieser merkwürdige Eindruck, den er auf sie machte, von ihrem eigenen schlechten Gewissen herrührte — denn plötzlich lächelte er sie an und zögerte, als ob er etwas sagen wollte, was ihm unangenehm war. Trotzdem fand sie sein Gesicht immer noch verwirrend; einen derartigen Ausdruck hatte sie zuvor noch bei keinem Menschen gesehen.
    Er ging auf sie zu und sagte langsam: »Ich habe Sie gesucht. Man hat mir gesagt, daß Sie vielleicht hier wären. Es — es tut mir leid, aber ich habe eine schlechte Nachricht.«
    »Eine schlechte Nachricht?« Das klang so unerwartet, daß Pauline der Atem stockte. Sie hatte befürchtet, daß er sie wegen ihres Eintretens in seinen Stadel anbrüllen würde; statt dessen versuchte er, ihr etwas Unangenehmes und Aufregendes beizubringen. Was das wohl sein könnte? Einen schrecklichen Augenblick lang dachte sie, daß er ihr sagen wollte, daß David verhaftet worden sei. Doch bevor sie den Mut aufbringen konnte, ihn danach zu fragen, fuhr er fort: »Ihr Freund, der Grubeningenieur, Mr. Irving... ich soll Sie sofort zu ihm fahren. Er ist — er ist verletzt.«
    Eigentlich hätte sie Davids wegen erleichtert sein sollen; doch statt dessen merkte sie, wie ihr das Blut in den Kopf schoß und wie ihre Stimme ganz verändert klang. »Anthony? Aber wieso? Anthony ist verletzt? Was ist denn passiert?«
    Walker beschloß, diese Spannung zu beenden. Er blickte ihr ins Gesicht und sagte beinahe grob: »Er ist gestürzt — und zwar sehr schlimm. Er war mit seinem Freund, dem Piloten, zusammen. Die beiden suchten nach irgendeiner alten Bergwerksgrube — und dann gab der Boden nach. Es — es tut mir leid.«
    Er wirkte so ehrlich betrübt, daß Pauline trotz ihres Schreckens bemerkte, daß sie diesen Mann völlig verkannt hatte. Sie sagte: »Aber das verstehe ich nicht. Er war doch bei Milard. Wo ist denn diese Grube?«
    »Es ist eine ganz alte und ziemlich weit weg. Sie fuhren mit dem Wagen hin. Miss Marshall, wir müssen uns beeilen, wenn — wenn Sie ihn noch sehen möchten...«
    Ihn lebend sehen möchten, wollte er eigentlich sagen; aber das kam ihm nicht über die Lippen. Er fuhr fort: »Eine Kopfverletzung. Man glaubt nicht...«, dann erstarb seine Stimme.
    Pauline starrte ihn an, ohne ihn zu sehen und ohne etwas zu begreifen. Sie war einfach fassungslos. Anthony, der noch vor so kurzer Zeit gelacht, sie geneckt und mit ihr gestritten hatte. Anthony, der so jung und voller Leben war. Anthony, von dem sie plötzlich entdeckt hatte, daß sie... aber nein, daran durfte sie jetzt nicht denken. Jetzt mußte sie nur daran denken, möglichst schnell zu ihm zu kommen. Sie fragte mit erstickter Stimme: »Aber wo ist er denn?« und er antwortete schnell: »Ziemlich weit weg. Unten bei den Felsklippen.«
    Diese schrecklichen Klippen, von denen sie in jener Nacht geträumt hatte. Sie sagte atemlos: »Nein — nicht dort. Ist er — ist er dort

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