Das Geheimnis der Mangrovenbucht
Schuppen hinausgerast und den Weg hinaufgerannt war, und plötzlich mußte sie auch an Anthonys tröstende Arme denken. Doch sofort schob sie diesen Gedanken von sich und dachte angestrengt: Was hast du dann mit diesem Heu gemacht? Du hattest es nicht mehr, als du dich an Anthonys Brust warfst, denn er hätte sonst sicherlich darüber eine seiner zynischen Bemerkungen gemacht. Sie mußte es also weggeworfen haben, als sie den Weg hinaufeilte.
Nur um sich nochmals davon zu überzeugen — und da sie nichts anderes tun konnte —, wollte sie es suchen, um es mit der Verpackung der Lampe zu vergleichen. Sie suchte sorgfältig jede Seite des Weges ab und fand es plötzlich hinter einem Strauch. Ja, das war das Strohbüschel, genauso, wie sie es in der Hand zerknüllt hatte. Sie lief zum Haus hinauf, zog die Lampe unter dem Tisch hervor, wo sie immer noch unbenutzt lag.
Es war keineswegs dasselbe. Sicherlich würde ihre Entdeckung nicht von großer Bedeutung sein, aber trotzdem steckte sie es in die Tasche, um es Wright zu zeigen. Zumindest würde sie damit beweisen, daß sie besser suchen konnte als die Polizei.
In ihrer Eile, von diesem Ort möglichst schnell wegzukommen, kippte sie beinahe mit dem Boot um und landete im Sumpf. Doch ohne einen Blick auf ihre schmutzigen Schuhe zu werfen, eilte sie auf das Haus des Heilers zu. Keine Spur von Wright. Doch Jim ging dort auf und ab und rauchte eine Zigarette. Dann würde sie ihren Fund eben ihm zeigen. Er war ohnehin viel liebenswerter als dieser überlegene Inspektor. Falls er ihr sagen würde, daß man zur Verpackung von zerbrechlichen Gegenständen häufig Heu verwendete, dann würde sie es einfach wegwerfen und niemandem davon etwas erzählen.
Er begrüßte sie freundlich. »Hallo, Sie waren wohl im Sumpf? Ein ekelhafter Ort. Wright ist zu Mrs. Holder zurückgegangen. Wollten Sie zu ihm?«
»Nein, ich kann es auch Ihnen zeigen«, mit diesen Worten zog sie ihr Heubüschel aus der Tasche und sagte: »Schauen Sie, Mr. Middleton — aber lachen Sie mich nicht aus, sondern sagen Sie mir verwendet man dieses Zeug zur Verpackung von Steingut?«
Er blickte erstaunt, nahm es in die Hand und lächelte auf sie herab. »Im allgemeinen nicht. Das Heu von Luzernen-Weiden ist zu kostbar für eine Verpackung. Damit füttert man wertvolles Vieh, sofern man das Glück hat, eine derartige Weide zu besitzen — so wie dieser Farmer dort drüben.«
Pauline nickte, und es überkam sie ein Gefühl von Zufriedenheit, gemischt mit einer unbegründeten Angst. Es fiel ihr ein, daß Anthony an jenem ersten Morgen auf diesen blaugrünen Flecken gezeigt hatte, als sie sich gerade den Hügel hinaufkämpften. Er hatte gesagt, daß es Luzerne sei und vermutlich Walker gehöre. Aber was hatte Luzernen-Heu in diesem Bootshaus verloren?
Jim blickte in ihr aufgeregtes Gesicht und fragte: »Was ist denn los? Wo haben Sie das gefunden? Sie sehen so nachdenklich aus — und etwas ängstlich.«
Doch mit seiner Frage erreichte er nicht viel. Pauline hatte nicht die Absicht, auch nur ein Sterbenswörtchen zu verraten. Anthony würde sich wieder über sie lustig machen, wenn sie jemandem davon etwas erzählte. So lachte sie nur etwas überheblich und sagte: »Ängstlich? Ich bin doch nicht ängstlich, ich glaube nur, daß ich vielleicht einen Schlüssel gefunden habe. Ja, ganz gewiß. Etwas, was unserem klugen Inspektor entgangen ist. Unten beim Bootshaus. Aber mehr will ich Ihnen darüber nicht verraten. Und wenn ich es tun werde, dann wird sich dieser neunmalkluge Anthony Irving wie ein Trottel vorkommen.« Sie lächelte bezaubernd und ging davon. Jim blickte ihr mit verwirrtem Stirnrunzeln nach.
Es stand außer Frage, daß Pauline jetzt völlig den Kopf verloren hatte und nur noch von einem Wunsche beseelt war — allen zu beweisen, welch intelligente und mutige Person sie war. Sie beschloß daher, jetzt ihre eigenen, harmlosen Nachforschungen anzustellen.
Vielleicht sollte sie herausbringen, ob der Farmer derartiges Heu besäße? Darin läge ja wohl kein Risiko, obwohl sie natürlich wünschte, daß es sich nicht gerade um diesen Mann handelte. Sie hatte Walker seine Grobheit am Tage ihrer Ankunft noch nicht verziehen, und sie dache, daß er vielleicht sehr ekelhaft sein würde, wenn er dazukäme, wie sie seinen Heustadel durchstöberte. Aber sie hoffte, daß er draußen bei der Arbeit wäre. Farmer arbeiteten ja von früh bis spät auf dem Feld. Das Schlimmste, was ihr also passieren könnte,
Weitere Kostenlose Bücher