Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Fest. Nach Feiern war ihm allerdings jetzt nicht mehr zumute.
»Wo hast du denn so lange gesteckt, Josh?« Gracie Miller, deren Mutter das Cora’s gehörte, begrüßte Josh mit einem lasziven Augenaufschlag – oder zumindest dem, was sie dafür hielt. »Ich habe dich ganz schrecklich vermisst. Wollen wir tanzen?«
Josh unterdrückte ein Seufzen. Gracie flirtete schon seit der gemeinsamen Schulzeit mit ihm. Die lag zwar schon eine ganze Weile zurück, doch offenbar hatte sie die Hoffnung nie wirklich aufgegeben. Und jetzt, wo seine Trennung von Helen allgemein bekannt geworden war, witterte sie anscheinend Morgenluft.
Er mochte Gracie. Sie war ein nettes Mädchen, aber sie ähnelte ihrer Mutter leider ein bisschen zu sehr, als dass Josh sie auch nur ansatzweise hätte anziehend finden können. Nur brachte er es einfach nicht übers Herz, ihr die Wahrheit zu sagen.
Im Augenblick jedoch hatte er völlig andere Dinge im Kopf. Er musste Dexter Smith suchen und noch einmal in Ruhe mit ihm reden. Es gefiel ihm nicht, wie das Gespräch vorhin zu Ende gegangen war. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass die Sache noch nicht ausgestanden war.
»Ach, komm schon«, drängelte Gracie, als er freundlich, aber bestimmt ablehnte. »Nur einen einzigen Tanz, Josh. Das wirst du doch wohl über dich bringen können, oder nicht?«
Sie sah aus, als wolle sie jeden Moment in Tränen ausbrechen, also gab Josh schließlich nach. Kurz darauf fand er sich auf der Tanzfläche wieder. Strahlend lag Gracie in seinen Armen, während sie sich zu den Klängen eines Songs von Ann Pascoe im Kreis drehten. Wenn sie lächelte, sah sie sogarganz hübsch aus. Doch Josh konnte immer nur daran denken, wie es wäre, stattdessen Shelly in den Armen halten zu dürfen.
Als die Band gerade das nächste Stück anspielte, erblickte er sie, wie sie sich einen Weg durch die Menge bahnte. Sie kam direkt auf ihn zu – doch ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war ihr ganz und gar nicht nach Tanzen zumute.
»Kannst du mir bitte mal erklären, was das soll, Joshua Wood?« Sie war vor ihm stehen geblieben und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Finster schaute sie ihn an. »Warum mischst du dich immer wieder ungefragt in meine Angelegenheiten?«
»Was?« Josh machte sich von Gracie los, die von der Störung gar nicht begeistert war und deshalb auch demonstrativ an ihrem Platz blieb. »Wovon sprichst du eigentlich?«, stellte er Shelly zur Rede.
»Will hat mir erzählt, was passiert ist. Also – was hast du dazu zu sagen?«
Gracie, die Joshs Interesse endgültig schwinden sah, drängte sich dazwischen. »Sehen Sie denn nicht, dass Josh beschäftigt ist?«, fauchte sie Shelly an. »Warten Sie gefälligst, bis Sie an der Reihe sind!«
Josh seufzte. Die Leute fingen schon an, neugierig zu gucken. Normalerweise kümmerte er sich nicht um solche Dinge, doch es ging hier um Shellys Sohn, und er wollte nicht, dass alle Welt von dem erfuhr, was vorhin geschehen war.
Er packte Shelly am Arm. »Nicht hier!« Dann wandte er sich mit einem bedauernden Lächeln an Gracie. »Wir holen das irgendwann nach, okay?«
Gemeinsam mit Shelly verließ er die Tanzfläche und ging dann weiter in Richtung Haus. Er war wütend und legteein ordentliches Tempo vor, sodass Shelly kaum mithalten konnte.
»Verdammt, lass mich los!«, fauchte sie, als sie endlich außer Hörweite der Leute waren. »Du tust mir weh!«
Er gab ihren Arm frei und fuhr sich durchs Haar. »Tut mir leid, aber …« Verärgert schüttelte er den Kopf. »Was sollte dieser Auftritt gerade? Willst du unbedingt, dass alle Welt erfährt, was Will …«
»Was denn, hm?« In Shellys Augen loderte ein blauviolettes Feuer. »Du weißt genauso gut wie ich, dass mein Sohn niemals einen Brand legen würde, Josh Wood!«
»Richtig. Und eben aus diesem Grund habe ich ihn ja auch vor dem Bürgermeister in Schutz genommen, verdammt! Was willst du eigentlich von mir?«
»Dass du endlich damit aufhörst, dich ständig in meine Angelegenheiten einzumischen! Ist das denn wirklich so schwer zu verstehen? Ich …«
»Mom, was tust du denn da?« Sie waren so in ihre Auseinandersetzung vertieft gewesen, dass keiner von ihnen Will bemerkt hatte, der ihnen gefolgt war. Stirnrunzelnd schaute er seine Mutter jetzt an. »Josh wollte mir doch nur helfen!«
Shelly seufzte. »Wir brauchen seine Hilfe aber nicht, Schatz!«, erklärte sie leise. Dann wandte sie sich erneut an Josh, und sofort gewann ihre Stimme wieder
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