Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Zufahrt zur Camerons Farm erreichten. Er war gerast wie der Teufel, war aber ein so erfahrener und guter Fahrer, dass Shelly sich keine Sekunde unsicher auf dem Beifahrersitz gefühlt hatte. Jetzt war schon von Weitem der orangerote Widerschein der Flammen am immer dunkler werdenden Abendhimmel zu sehen.
Sein Wagen machte einen Ruck nach vorn, als Josh den Gang wechselte und die Geschwindigkeit noch einmal erhöhte. Shelly klammerte sich am Armaturenbrett fest, weil das Fahrzeug auf der schlecht befestigten Straße bockte wie ein wildes Pferd. Schließlich erreichten sie die Kuppe desHügels, hinter dem das Wohnhaus und die angeschlossenen Wirtschaftsgebäude lagen, und Josh bremste abrupt.
Shelly stockte der Atem. Das Ausmaß der Zerstörung übertraf ihre schlimmsten Befürchtungen.
Es war ein regelrechtes Inferno. Eine Scheune war bereits unrettbar zum Opfer der Flammen geworden, doch das Feuer hatte auch auf die Nebengebäude übergegriffen. Nur das Wohnhaus, das zum Glück für die Bewohner etwas abseits stand, war bisher nicht in Mitleidenschaft gezogen worden.
»O Gott!«, murmelte Shelly erschüttert. Sie hatte so etwas noch nie zuvor gesehen – zumindest nicht im wahren Leben. Jetzt musste sie erkennen, dass die Darstellungen aus Film und Fernsehen keineswegs übertrieben grausam und schockierend waren. Ganz im Gegenteil spiegelten sie sogar nur einen Bruchteil des Grauens wider, das sie in diesem Augenblick empfand.
Es war, als wären sie geradewegs in die Hölle gerast.
Von ihrer erhöhten Position aus wirkten die Menschen unten auf dem Hof wie Spielzeuge. Einige von ihnen liefen völlig desorientiert hin und her, während andere mit Wassereimern und Gartenspritzen versuchten, das Feuer zu löschen. Das Toben der Flammen war indes ohrenbetäubend. Selbst aus der Entfernung kam es Shelly so laut vor, dass es sogar die Gedanken in ihrem Kopf zu übertönen schien. Alles in ihr drängte danach, umzukehren und sich in Sicherheit zu bringen. Sie musste sich immer wieder ermahnen, dass die Menschen dort unten Joshs und ihre Hilfe brauchten. Das lähmende Gefühl von Angst, das ihr förmlich die Kehle zuschnürte, blieb trotzdem. Und hätte Josh nicht am Steuer des Wagens gesessen, sie wusste nicht, ob sie die Kraft besessen hätte, ihre eigene Furcht zu überwinden.
Ihr Herz hämmerte wie wild, als Josh wieder Gas gab und sie den Hügel hinunterrasten. Offenbar ahnte er, was in ihr vorging, denn er griff, ohne den Blick von der Straße zu nehmen, nach ihrer Hand und drückte sie. »Keine Angst, dir wird nichts passieren. Das werde ich nicht zulassen, hörst du?«
Seltsamerweise zeigten seine beruhigenden Worte fast auf der Stelle Wirkung. Shelly spürte, wie die innerliche Starre, die sie fest im Griff gehabt hatte, von ihr abfiel. Endlich konnte sie wieder einigermaßen frei durchatmen, und – noch wichtiger als das – klar denken.
»Was glaubst du, wie lange wird die Feuerwehr brauchen, bis sie eintrifft?«
Josh runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich vermute, dass sie schon vor deinem Anruf alarmiert worden ist. Also etwa zwanzig Minuten, würde ich schätzen. Aorakau Valley verfügt nur über eine freiwillige und keine Berufs-Feuerwehr. Dazu ist der Ort einfach zu klein«, erklärte er. »Leider bedeutet das auch, dass die Männer vor jedem Einsatz zuerst mobilisiert werden müssen. Das geht zwar dank zahlreicher Übungen relativ schnell, aber bei einem Feuer wie diesem zählt jede Minute.«
Vor dem Farmhaus hielt Josh an und sprang sofort aus dem Wagen. Shelly zögerte nur kurz, ehe sie ihm folgte. Sie fürchtete sich nun kaum mehr, Joshs Nähe gab ihr neue Sicherheit und Selbstvertrauen. Solange er bei ihr war, konnte ihr nichts Schlimmes zustoßen. Sie wusste selbst nicht, woher sie die Überzeugung nahm – sie war ganz einfach da.
Als er merkte, dass sie ihm nachgekommen war, blieb Josh abrupt stehen. »Was glaubst du, wo du hingehst?«
»Na, ich will dir helfen!«
Entsetzt schüttelte er den Kopf. »Kommt nicht infrage. Hilfden anderen Frauen dabei, Wasser heranzuschaffen, oder mach dich sonst irgendwie nützlich – aber bleib um Himmels willen von diesem Feuer weg! Das ist viel zu gefährlich!«
»Und was ist mit dir?« Wütend stemmte sie die Hände in die Seiten. »Für dich ist das Risiko weniger groß, oder was?«
»Nein«, entgegnete Josh fest. »Aber ich trage nicht die Verantwortung für zwei halbwüchsige Kinder.« Er umfasste ihre Schultern und sah Shelly eindringlich
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