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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Parfüms
von al-Maqqari war ebenfalls ein ausnehmend kostbares Werk, und auch wenn die drei Gedichtbände von Ibn Said al-Maghribi einfachere Kopien waren, hing ihr Herz doch an ihnen. Am Boden der Truhe lagen die medizinischen Fachbücher, für deren Kauf Abdarrahman den ganzen Sommer über auf der Seidenfarm hart mit angepackt hatte. Aus einem plötzlichen Entschluss heraus zog Zahra ihre Stickarbeiten, die ebenfalls in der Truhe lagen, über die Bücher ihres Sohnes und schloss den Deckel. Mit undurchdringlicher Miene reichte sie den Soldaten die anderen Bände.
    »Und das sind alle?«, fragte der Ältere der beiden.
    Zahra nickte, und obwohl ihr das Herz bis zum Halse klopfte, erwiderte sie den eisig forschenden Blick des Soldaten mit stoischem Gleichmut. Der Mann reichte die Bücher an seinen Untergebenen weiter, ging zu der Truhe und riss den Deckel wieder auf. Zahra stockte der Atem, doch der Soldat schloss die Truhe wieder – einen Atemzug später öffnete er sie jedoch erneut, hob die Sticksachen an, riss die Bücher heraus und schleuderte sie Zahra mit wütendem Gebrüll entgegen. Eine der mit Silber verstärkten Buchecken streifte sie an der Schläfe. Warme Flüssigkeit rann ihr über die Wange, Zahra hob nicht die Hand, um das Blut abzuwischen, sondern hielt dem Blick des Soldaten hasserfüllt stand.
    »Wo im Haus habt Ihr noch Bücher?«, brüllte er sie an. »Na los, redet!«
    »Das sind alle.«
    Der Faqih kam zu ihr, legte den Arm um ihre Schulter und sah zu den Soldaten. »Bitte, Ihr wolltet das doch ganz in Frieden machen!«
    Der ältere Soldat schlug jedes einzelne Buch auf und schnauzte: »Da ist kein Koran dabei!«
    Zahra fragte sich, ob er tatsächlich arabische Schriftzeichen zu lesen vermochte oder ob er nur so tat, doch angesichts des verzweifelten Blickes des Faqihs wagte sie keine neue Konfrontation heraufzubeschwören. Gewiss würde man ihn später dafür büßen lassen, wenn sie jetzt dreist einen der Poesiebände als Koran ausgab und später die Wahrheit herauskam.
    »Unser Koran liegt oben«, sagte Zahra in bewusst gebrochenem Spanisch. »Ich gehe ihn holen.«
    Der jüngere Soldat wollte ihr die Treppe hinauf folgen, aber Zubair stellte sich vor den Treppenaufgang und legte drohend die Hand auf den Schwertknauf. Nach einem Blickwechsel mit seinem Vorgesetzten blieb der Soldat stehen. Zahra eilte die Stufen hoch und kehrte kurz darauf mit einem ihrer Korane zurück. Es war ihr eigener; den in Raschids Zimmer hatte sie bewusst dort liegen lassen: Er stammte noch von ihren Urgroßeltern.
    Wenig später verließen die Soldaten das Haus; der Faqih warf Zahra beim Abschied einen ebenso inständigen wie dankbaren Blick zu. Kaum war das ungleiche Gespann gegangen, hieß Zahra Zubair die Tür verriegeln.
    »Wer weiß, ob sie nicht noch einmal zurückkommen. Schnell, wir müssen den Koran meiner Urgroßeltern verstecken; in der Küche neben dem Kamin sind ein paar lose Backsteine!«
    In der Küche kauerte Maryam tränenüberströmt im hintersten Winkel. Zahra kniete sich vor sie und zog sie an sich. »Keine Angst, Maryam, sie sind wieder weg, und sie haben auch nicht nach dir, sondern nur nach unseren Büchern gesucht!«
    Der Schreck aber saß Maryam so tief in den Knochen, dass sie trotzdem nicht mit dem Weinen aufhören konnte.
    Zahra machte sich mit Zubair daran, zwei lose in der Wand sitzende Backsteine zu bearbeiten, bis sie sich aus der Wand nehmen ließen, schabte eine dahinterliegende Vertiefung aus, schob den Koran hinein und passte die Steine wieder ein. Erst langsam wurde ihr die Ungeheuerlichkeit des Vorgehens der Christen richtig bewusst.
    »Was … was fällt ihnen eigentlich ein, uns unsere Bücher wegzunehmen, und was wollen sie überhaupt mit ihnen?«, fragte sie Zubair stotternd. »Und was … was werden sie als Nächstes tun?«
    Der alte Mann hob hilflos die Achseln und wirkte ebenso beklommen wie sie.
     
    Als Maryam und sie am nächsten Tag das Haus ihrer Patientin verließen, drangen Gesprächsfetzen von zwei Männern zu ihr. Einen der beiden kannte Zahra als Vorbeter aus der Moschee.
    »Aber ja, wenn ich es Euch doch sage«, beharrte der Imam mit gepresster Stimme. »Cisneros wird die Bücher verbrennen, am achtzehnten Dezember – auf der Plaza de Bibarrambla!«
    Zahra verharrte an der Tür und starrte ungläubig zu den Männern hin.
    »Verbrennen?«, erwiderte sein Begleiter entsetzt. »Er will unsere Bücher …« Die Stimme des Mannes brach. »Aber warum denn, um

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