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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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geschehen war, spritzte ihm ein Schwall warmes Blut ins Gesicht. Es dauerte, bis Abdarrahman klarwurde, dass dies nicht sein Blut war. Verstört wischte er sich die Augen frei und sah, wie sein Gegner röchelnd zu Boden sank. Assad zog sein Schwert zurück und starrte ebenso betroffen wie Abdarrahman auf den Sterbenden. Da brüllte Musheer: »Scheiße, da kommt ein ganzer Trupp Soldaten, los, nichts wie weg hier!«
    Da Abdarrahman weiter wie erstarrt dastand, rissen Musheer und Assad ihn mit sich mit und wehrten zugleich diejenigen ab, die ihnen nachstürmten. Einen verletzten sie am Arm, den anderen am Bein, und noch ehe die Verstärkung herangerückt war, waren sie im Gassengewirr der Altstadt verschwunden, das sie mitsamt seinen Schlupflöchern viel besser kannten als die Christen. Als sie gewiss waren, die Soldaten abgehängt zu haben, verbargen sie sich in einem Hinterhof und sanken nach Luft ringend an die Hauswand. Erst jetzt sickerte das ganze Ausmaß dessen, was geschehen war, in Abdarrahmans Bewusstsein. Er starrte zu Musheer und Assad und brachte kein Wort hervor, aber in ihm flammte immer wieder der gleiche Gedanke auf: Ärzte hatten sie werden wollen, heilen und Menschenleben retten … und jetzt … jetzt hatten sie …
    Abdarrahman spürte das fremde Blut, das noch immer auf seinem Gesicht klebte, er sah die tiefroten Flecken auf seiner Tunika und schluckte verzweifelt gegen den Brechreiz an.
    Musheer schien zu merken, was in ihm vorging. Auch er war kalkweiß im Gesicht, fand aber trotzdem die Kraft, ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm zu legen. »Assad hatte keine Wahl, Abdu«, keuchte er. »Hätte er den Soldaten nicht getötet, hätte er dir die Kehle durchgeschnitten!«
    Abdarrahman nickte, weil er wusste, dass Musheer recht hatte. An seiner Verstörtheit änderte dies jedoch nichts, zumal ihr ganzer Einsatz auch noch vergebens gewesen war. Inzwischen hatten die Büttel das Kind sicher längst wieder abgeführt.
    »Das wird Cisneros nicht auf sich beruhen lassen«, hörte er Jamaal sagen.
    Er wandte ihm das Gesicht zu.
    »Du und Assad«, fuhr Jamaal fort, »geht jetzt erst einmal nach Hause und zieht euch saubere Kleider an. Und haltet euch bis dahin von den christlichen Soldaten fern: Mit dem Blut an den Kleidern werden sie euch leicht wiedererkennen! Am Abend sehen wir uns in der Moschee; nach diesem Toten kann es kein Zurück mehr geben. Wir müssen den Christen jetzt zeigen, wer die wahren Herren dieser Stadt sind!«
     
    Die Nachricht über den Kampf zwischen den Mauren und den Christen verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt – und ebenso die über den toten Soldaten. Zahra erfuhr es von der Dienerin ihrer Patientin. Sie war so aufgeregt, dass sie immer wieder nach Luft schnappen musste.
    »Und dass sie sich jetzt nichts mehr gefallen lassen und einen Aufstand machen wollen, das sagen die Leute auch«, haspelte die dralle Frau weiter. »Überall in den Gassen stehen bewaffnete Landsleute von uns, und wer kein Schwert besitzt, der trägt zumindest einen Dolch, ein Fleischermesser oder eine Axt in der Hand! Selbst die Alten sind dabei, und die Jungen sowieso, ach, selbst halbe Kinder habe ich unter ihnen gesehen, und sie tragen ihre Mistgabeln so stolz wie Mohammeds Schwert vor sich her!«
    Zahra schluckte. Sie wusste, dass Abdarrahman kein Hitzkopf war und nicht zu unüberlegten Handlungen neigte, aber er würde sich nicht aus der Verantwortung stehlen.
    Ich muss ihn aus der Sache heraushalten, am besten schicke ich ihn auf die Farm, ehe er sich in etwas hineinziehen lässt, wo er später nicht wieder herauskommt!, hämmerte es in ihrem Kopf, wieso habe ich ihn nicht mit Maryam und deren Sohn hinaus auf die Farm bringen lassen? Auch an Jaime musste sie denken und wie er reagieren würde, wenn sein eigener Sohn … Zahra wagte den Gedanken nicht zu Ende zu denken.
    Sie sah zu ihrer Patientin, einer gebrechlichen Frau, die ein seit Tagen währender Durchfall so geschwächt hatte, dass sie das Bett nicht mehr verlassen konnte. Sie fasste nach ihrer Hand. »Lalla, ich … ich muss Euch heute schon früher verlassen, aber auch Eure Dienerin kann Euch später noch zweimal den Sud einflößen, den ich für Euch zubereitet habe, und wenn es irgendein Problem gibt, soll sie mich später noch einmal holen!«
    »Ja, mein Kind, ist gut, ist gut, ich sehe doch, wie die Nachrichten Euch aufregen. Geht nur, geht nach Hause und schaut nach den Euren, sonst findet Ihr ja doch keine Ruhe.

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