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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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insgeheim schon jetzt für ihre folgenden Worte um Abbitte. »Ich … ich nehme an, ihr seid froh um jeden, der euch dabei hilft, die Verletzten zu versorgen?«
    Abdarrahman sah sie mit großen Augen an. »Wollt Ihr damit etwa andeuten … Ihr wärt bereit, uns zu unterstützen?«
    »Das heißt vor allem, dass ich euch nicht sterben sehen und lieber in eurer Nähe sein will, als zu Hause zu sitzen, während ihr alleingelassen auf offener Straße verblutet!«
    Abdarrahman trat einen Schritt auf sie zu, als wolle er sie vor Dankbarkeit umarmen. Zahra machte eine abwehrende Geste. »Ich hoffe, du weißt, in welchen Konflikt du mich damit bringst!«
    »Aber Vater könnte doch …«
    »Nein, könnte er nicht«, fiel Zahra ihm ins Wort. »Und das weißt du auch! Und jetzt lass uns nach Hause gehen und dort weiterreden. Wände haben Ohren – vor allem in Zeiten wie diesen!«
    Schweigend gingen sie durch die menschenleeren Gassen zu ihrem Haus, und Zahras einziger Trost war, dass Jaime und Raschid an diesem Abend sicher in der Alhambra hatten bleiben müssen und sie ungestört sprechen konnten – zumindest, nachdem sie Zubairs Donnerwetter über sich hatte ergehen lassen. Sicher machte sich der Arme schon die größten Sorgen um sie. Ob ihr Bruder die Jungen und sie verstehen würde, wusste sie nicht, aber dass sie bei Jaime auf keinerlei Verständnis zu hoffen brauchte, war gewiss. Sie wagte nicht, darüber nachzudenken, wie sie sich vor ihm rechtfertigen wollte, wenn er ihnen je auf die Schliche kam. Denn auch wenn sie ihm nie verziehen hatte, dass er wieder in die Dienste der Christen getreten war – sie konnte ihn verstehen. Und fast dachte sie: leider. Denn dann wäre ihr Gewissen jetzt um einiges leichter gewesen.

V.
    Granada
25 . Dezember 1499
    A ls Abdarrahman sich schon früh am nächsten Morgen von ihr verabschiedete, musste Zahra all ihre Kraft aufbringen, um ihn nicht doch zurückzuhalten. »Pass auf dich auf«, raunte sie ihm zu, als er sie umarmte, sorgsam darauf achtend, dass Zubair, der nicht weit von ihnen stand und sein Schwert putzte, es nicht hörte. Sie machte dem ehemaligen Leibwächter ihres Vaters nicht gern etwas vor, aber sie war sich nicht sicher, ob er ihrem Bruder oder womöglich sogar Jaime mehr ergeben war und Abdarrahman und sie an einen der beiden verraten würde. Zum zigsten Mal verfluchte sie die Christen dafür, dass sie diesen Keil zwischen sie trieben. Gebe der Allmächtige, dass dieser Wahnsinn ein rasches und unblutiges Ende findet, betete sie noch ein inniges
du’a,
und dass unsere Familie nicht darüber zerbricht!
Inschallah.
So Gott will.
    »Kein guter Tag für Euren Sohn, um in die Medresse studieren zu gehen«, brummte Zubair ihr zu, als sich Abdarrahman zur Tür wandte.
    »In die Moschee werden die Christen ja wohl kaum eindringen«, gab Zahra nervös zurück, nickte Abdarrahman zu, dass er sich nicht aufhalten lassen solle, und eilte in die Küche, wo der neue Sud für ihre Patientin köchelte. Wenig später verließ auch sie das Haus in Zubairs Begleitung, am Arm ihren Korb. Außer dem frisch gebrauten Sud enthielt er noch verschiedene andere Kräuter, Schmerz- und Betäubungsmittel, Nadel, Faden und Verbandsmaterial.
    In sämtlichen Gassen gab es nur ein Gesprächsthema: Alle redeten davon, dass die Christen weiter Jagd auf die Kinder der Renegados machten und nach dem Toten vom Vortag noch mit weit mehr Soldaten angerückt waren. Außerdem erzählte man sich, wie mutig und entschlossen sich die Mauren der Verschleppung der Kinder widersetzten – und dass es auf beiden Seiten bereits Tote und Verletzte gegeben habe. Von Gesprächsfetzen zu Gesprächsfetzen wurde es Zahra flauer im Magen, und sie fragte sich, ob sie Abdarrahman nicht doch aus der Stadt hätte schicken sollen.
    Bei ihrer Patientin angekommen, verabschiedete sie sich von Zubair. »Ich schicke dir die Dienerin, wenn ich hier fertig bin, aber es wird spät werden!«
    Zu ihrer Erleichterung ging es der alten Frau erneut ein wenig besser. Sie gab der Dienerin das Gefäß mit dem frischen Sud und wartete voller Unruhe auf das Eintreffen ihres Sohnes. Erst als die bleiche Wintersonne ein gutes Stück höher gestiegen war, kam er, um sie abzuholen.
    »Können wir gleich los?«, drängte Abdarrahman, und als die Dienerin kurz den Raum verließ, zischte er Zahra zu: »Ich bitte Euch, Mutter, beeilt Euch! In einem der Häuser, die man uns für Verletzte zur Verfügung gestellt hat, ist niemand, der sie

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