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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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einen Trupp berittener Soldaten!
    »Scheiße, Musheer, die Christen greifen uns von hinten an!«
    Musheer wandte sich zu Abdarrahman um und sah an dessen ausgestreckter Hand entlang. »Na los, worauf wartest du? Oder willst du immer noch weglaufen?«
    Abdarrahman schnaubte wütend und versuchte nun ebenfalls, sich einen Weg zur östlichen Seite des Platzes zu bahnen, wo die Soldaten von ihren hohen Rössern herab mit ihren Schwertern auf die Köpfe der Aufständischen einschlugen. Die wenigsten Mauren waren gleichwertig bewaffnet. Viele hatten einfache Brot- oder Fleischmesser dabei und sanken unter den zischenden Schneiden der christlichen Schwerter wie geschnittenes Gras zu Boden, andere konnten sich zumindest mit einer Axt zur Wehr setzen. Die wenigen Schwertträger kämpften um ihr blankes Leben, behindert durch ihre fliehenden Landsleute, die sie in ihrer Panik entweder einfach umstießen oder aber im Weg waren und damit Gefahr liefen, von den eigenen Männern ermordet zu werden. Nach und nach bahnten sich immer mehr mit Schwertern bewaffnete Mauren einen Weg zu den Angreifern, unter ihnen Musheer und Abdarrahman, die sich schließlich bis in die erste Reihe der Kämpfenden vorgearbeitet hatten. Geschickt konterte Abdarrahman die Attacken eines Angreifers, aber als er die Gelegenheit hatte, ihn niederzustechen, sah er vor seinem inneren Auge wieder den Blick des sterbenden Soldaten vom ersten Kampftag, und seine Hand versagte ihm den Dienst. Sein Gegner wusste sein Zögern zu nutzen: Er hieb erneut auf ihn ein, erwischte ihn am Arm und holte gleich wieder aus. Abdarrahman sah die Schneide im Sonnenlicht aufblitzen, sah, wie sie auf seinen Hals herunterfuhr – und wie Musheer sie in letzter Sekunde zur Seite schlug, direkt einen neuen Angriff auf den Soldaten ausführte und ihm sein Schwert nach einem weiteren kraftvollen Hieb mitten ins Gesicht rammte. Tödlich getroffen sank der Soldat zu Boden.
    »Was treibst du denn da?«, brüllte Musheer ihn an. »Warum verteidigst du dich nicht?« – und dann wehrte er auch schon den nächsten Angreifer ab. Wieder folgte Hieb auf Hieb, bis er mit einem gellenden Schrei zurück gegen Abdarrahman fiel. Reflexartig fing dieser ihn auf und löste sich damit endlich aus seiner Starre. Als Musheers Angreifer den nächsten Schlag gegen sie führte, konterte er kraftvoll und spürte gleichzeitig, wie Musheer, der noch immer gegen ihn lehnte, sich zusammenkrümmte. Er sah an seinem Freund herab und entdeckte den Blutfleck auf seiner Tunika. Der kastilische Soldat musste ihn in Bauchhöhe getroffen haben. Wut und Panik schossen in Abdarrahman hoch – und eine unendliche Angst, dass sein Freund hier vor seinen Augen sterben könnte. Er riss sein Schwert höher und setzte es jetzt mit einer wahren Höllenwut ein, aber zugleich doch so kontrolliert, als lenke ihn eine höhere Macht. Schritt um Schritt wich sein Gegner zurück und ließ schließlich sogar ganz von ihm ab. Hastig fasste Abdarrahman Musheer mit dem Arm unter der Achsel, zog ihn Stück um Stück aus der Masse der Kämpfenden heraus und hielt ihnen zugleich andere Angreifer vom Leib. Dass er bei jedem Hieb lauter schrie, merkte Abdarrahman nicht, auch seine Tränen spürte er nicht – nur den Freund in den Armen, den spürte er, als sei es sein eigener Leib.
    »Beim Allmächtigen, Musheer, halte durch, halte durch!«
     
    Endlich hatte sich Abdarrahman weit genug von den Kämpfenden entfernt: Ein gutes Stück abseits des Platzes sank er mit seinem Freund in einen Hauseingang. Die Tür war zwar verschlossen, aber zumindest bot der Eingangsbereich ein wenig Schutz. Abdarrahman legte Musheer vorsichtig auf den Boden und kniete sich vor ihn, säbelte ein großes Stück Stoff von seiner ohnehin zerrissenen Tunika ab und drückte es auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen.
    »Es ist sicher nicht so schlimm, wie es aussieht«, versuchte Musheer, ihn zu beruhigen, aber seine Stimme klang so klamm und gepresst, dass er Abdarrahmans Sorge damit nur noch vergrößerte. Fluchend sah er sich nach jemandem um, der ihm helfen konnte, Musheer zu Taufiq und seiner Mutter zu bringen, aber angesichts der tödlichen Auseinandersetzung vor ihnen war es unmöglich, einfach jemanden herbeizurufen. Also musste er ihn allein weitertragen. Zu ihrem Glück war es nur ein Häuserblock entfernt. Er erklärte Musheer, was er vorhatte. Der Freund nickte, dann ließ er den Kopf auf Abdarrahmans Bein sinken und schloss die Augen, um seine Kräfte

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