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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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schon!«
    »Oh doch, du hattest eine Wahl – ehe du in Talaveras Dienste getreten bist!«
    Statt etwas zu erwidern, wandte sich Jaime von ihr ab. Zahra sah auf seinen Rücken, sah, wie sich seine Schultern bei jedem neuen Atemzug hoben und senkten und dass er weit schneller als sonst atmete. Ihr war klar, wie sehr all dies ihn schmerzen musste, aber auch in ihr war alles wund, und obwohl ihr jetzt so manch versöhnliches Wort in den Sinn kam, gelang es ihr nicht, auch nur eines davon über die Lippen zu bringen.
    »Ich denke«, sagte Jaime mit rauher Stimme in die Stille hinein, »es ist für alle Beteiligten das Beste, wenn ich fürs Erste zu Marco ziehe.«
    Seine Worte trafen Zahra wie ein eisiger Messerstich. Sie wollte ihn am Arm fassen, ihn zurückhalten, aber stattdessen ballte sie die Fäuste und zischte: »Welch wunderbare Idee!« Ihre Stimme troff vor Ironie. »So bist du dann wenigstens aus der Schusslinie, falls wir auch weiterhin Dinge tun, die dir vor deinem Erzbischof peinlich sein könnten!«
    »Aus der Schusslinie wäre ich auch, wenn ihr solche Handlungen einfach unterlassen würdet«, sagte Jaime und drehte sich langsam wieder zu ihr um.
    »Und ihr? Warum unterlasst nicht ihr endlich eure Attacken gegen uns und haltet euch an die verdammten Kapitulationsvereinbarungen? Warum schränkt ihr uns immer mehr ein?«
    »Ich sage es dir noch einmal, Zahra: Ich bin nicht ›ihr‹, und ich bin nicht ›die‹ Christen, sondern einzig und allein der Christ Jaime de Aguilar, und solange du diesen Unterschied nicht wieder machen kannst, hat es keinen Sinn, dass wir weiterreden.« Jaime nickte ihr zu und verließ das Haus. Leise, aber nachdrücklich fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
     
    Als Zahra allein zurückblieb, machte sich kalte Furcht in ihrem Magen breit, aber trotzdem eilte sie Jaime nicht nach, und auch in den nächsten Tagen versuchte sie nicht, mit ihm Kontakt aufzunehmen oder ihn gar darum zu bitten zurückzukommen. Dabei vermisste sie ihn so sehr, dass es ihr jedes Mal das Herz zusammenkrampfte, wenn sie an ihn dachte, und wenn sie sich vorstellte, dass er vielleicht nie mehr zu ihr zurückkehren würde, hätte sie schreien mögen vor Schmerz.
    Als sie am Abend darauf von dem provisorischen Hospital der Aufständischen zurückkam, wurde sie zu ihrer Überraschung von Deborah erwartet. Schluchzend sank sie ihr in die Arme.
    »Oh Deborah, Deborah!«, quoll es mitsamt ihren Tränen aus ihr heraus. »Oh Deborah!«
    Deborah strich ihr über die bebenden Schultern. »Ach Zahra, ich ahnte ja, dass es dir schlechtgeht, aber so schlecht …«
    Schniefend wie ein kleines Kind wischte sich Zahra über das Gesicht und sah zu der Freundin auf. »Aber warum denn? Ich meine, ich habe doch niemandem etwas gesagt …«
    »Raschid. Er weiß von Jaime, dass Abdu bei den Kämpfen verletzt worden ist und … na ja, alles andere auch.« Sie zwinkerte ihr zu. »So bist du also noch immer die Rebellin der Familie!«
    »Rebellin …« Zahra schüttelte den Kopf. »Aber irgendjemand muss die Jungen doch wieder zusammenflicken!«
    »Und Jaime? Ist er sehr wütend auf dich?«
    Hilflos hob Zahra die Achseln. »Ehrlich gesagt wundert es mich schon, dass er Raschid überhaupt davon erzählt hat. Ich dachte, ich sei jetzt gestorben für ihn – zumindest hat es sich so angefühlt, als er mich vor drei Tagen einfach stehen ließ … Und Raschid? Was denkt er?«
    Deborah zog ihr den Hidschab vom Kopf und strich ihr über das Haar. »Wegen Jaime oder wegen dem, was Abdu und du tust?«
    »Wegen allem …«
    »Du kennst ihn doch: Er ist gegen jedwede Form von Gewalt. Zuerst hat er Abdu laut tobend als kindsköpfigen Trottel beschimpft, aber heute früh war er wieder ganz zahm und wird in den nächsten Tagen sicher nach Abdu sehen. Auch auf dich ist er ziemlich wütend, und wegen Jaime … Er scheint ihn besser als euch beide verstehen zu können. Leider, muss ich sagen. Denn ich finde, du und Abdu – ihr habt recht!«
    »Warum kann Jaime seinen Dienst bei Talavera auch nicht einfach quittieren? Natürlich haben wir anfangs den Sold, den er bei der kastilischen Krone als Leibwächter bezieht, dringend zum Überleben gebraucht, aber inzwischen besitzen wir doch wieder unser Anwesen in der Vega. Früher hat es ihm doch auch gereicht, die Seidenfarm zu leiten. Warum heute nicht mehr? Und warum merkt er nicht, wie sehr es unsere Beziehung belastet, dass er gerade den Menschen dient, die unseren Glauben ausrotten

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