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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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warum sollte mein Nachbar auch nicht in die Kirche, ich in die Moschee und der andere Nachbar in die Synagoge gehen? Ist es nicht nur wichtig, dass wir alle von Herzen gute Menschen sind und überhaupt an einen Gott glauben, der eines Tages über uns richten wird und vor dem wir all unsere Taten auf Erden am Ende werden verantworten müssen? Ist Gott nicht überall und damit auch in jedem von uns?«
    Chalida fasste nach der Hand ihrer Mutter. »Genau das wollte ich vorhin zum Ausdruck bringen! Ich konnte mich Gott immer nah fühlen, ganz gleich, ob ich mit Deborah in der Synagoge, mit Vater in der Kirche oder mit Euch in der Moschee war. Und ich … liebe Aaron, auch wenn er kein Muslim ist, ich liebe ihn mehr als mein Leben!«
    Im Gang näherten sich schwere Schritte. Augenblicklich verstummten alle Gespräche im Kerker. Unter schrillem Quietschen und Schnarren wurde die massive Eichentür geöffnet, und als die Frauen den Folterknecht sahen, wurde es so still, als sei schlagartig jedes Leben aus ihnen gewichen. Man meinte, die Angst zu riechen, eine Angst, die der Kerkermeister sichtlich genoss. Er sah über die Frauen hinweg, als müsse er erst noch überlegen, wen er diesmal mitnehmen wollte. Am Ende blieb sein Blick ganz hinten in Zahras Ecke hängen.
    »Na, mein Täubchen«, säuselte er mit Blick auf Zahra, »wie wäre es mit uns beiden? Der Schreiberling des Inquisitors hat mir erzählt, du seist ja ganz und gar nicht mitteilsam gewesen! Bist du jetzt redseliger, oder soll ich mir dich einmal vornehmen?«
    Die anderen sahen verwundert zu Zahra hin. Oft vergingen Wochen, bis der Inquisitor einen zum zweiten Mal einbestellte. Die Delinquenten lange im Ungewissen zu lassen war fester Bestandteil des ausgeklügelten Systems der Inquisition. Normalerweise wurde man nur für die Folter in so kurzen Abständen geholt …
    Nach einem trockenen Schlucken stand Zahra auf, machte Chalida mit einem harten Blick klar, sich nicht von der Stelle zu rühren, und schritt dem Wärter erhobenen Hauptes entgegen. Als sie vor ihm stand, grinste er sie breit an und zischte: »Der Hochmut steht dir zwar, aber er wird dir nichts nutzen – und dir bald vergehen!«
    Er gab Zahra eine Ohrfeige, dann schnippte er mit dem Finger nach der alten Jüdin. »Na los, Esther, beweg dich: Die Zündhölzer warten!«
    Mit bleichen Lippen drückte sich die Jüdin, die noch immer neben Chalida saß, vom Boden hoch und schleppte sich schwer atmend zu dem Wärter. Ehe die Tür hinter ihr zufiel, sah Zahra noch, wie sie die Finger in ihren Rock krallte, als spüre sie schon jetzt den Höllenschmerz des Feuers unter den Nägeln … Nur mühsam ein Aufschluchzen unterdrückend, sank Zahra gegen die Kerkertür und presste sich die Fäuste vor den Mund.
     
    Eine Stunde später wurde Esther von zwei Wärtern zurück in den Kerker getragen. Achtlos warfen sie sie ins Stroh und gingen wieder, ohne auch nur noch einen Blick auf sie zu werfen. Zahra eilte zu ihr und klopfte ihr auf die Wange, aber das brachte sie nicht zur Besinnung. Voller Sorge untersuchte sie Esthers Hände, konnte jedoch nur an zwei Fingern im Kuppenbereich neue Versengungen feststellen, allerdings hätte sie alles andere auch gewundert: An den Fingerkuppen war schon vorher nichts mehr gewesen, woran der Folterknecht noch ein Zündholz hätte feststecken können.
    »Mutter, oh Gott, schaut hier …«, krächzte da Chalida. Erst jetzt fiel Zahra auf, dass ihre Tochter ihr nachgekommen war, und als sie deren Fingerzeig zu Esthers Füßen folgte, sog sie vor Entsetzen die Luft ein. Regelrechte Löcher hatten die Zündhölzer dort in die Zehen gebrannt, schwarz, geschwollen und verschmort standen die Zehen wie Mahnmale von den Füßen ab.
    Zahra trug Esther mit Chalida zu dem schmalen Oberlicht. Sie bettete die Jüdin behutsam ins Stroh, strich ihr den kalten Schweiß von der Stirn und untersuchte sie gründlich, konnte aber keine weiteren Wunden oder Verletzungen ausmachen.
    »Werden …« Chalida brach die Stimme. Erst nach einem heftigen Räuspern konnte sie fortfahren: »Werden sie das auch mit uns machen?«
    Zahra fuhr entsetzt zu Chalida herum. »Das … das darfst du nicht einmal denken! Nein, nein, nichts werden sie dir tun, gar nichts! Dein Vater wird dich holen kommen. Raschid hat gewiss längst mit ihm gesprochen. Und Jaime findet einen Weg. Er … er hat bisher noch immer einen Weg für alles gefunden, immer!«
    Zahra merkte selbst, wie sehr sie sich in eine immer

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