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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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er bei einer größeren Belastung reißen musste.«
    »Warum hast du das getan?«
    »Ich habe gesehen, wie die Medica Junker Chassims Herz verhext hat, so dass es in Liebe zu ihr entbrannte. Ich hoffte, ein tödlicher Sturz oder eine schwere Verletzung des Junkers würde die Medica bis ins Mark treffen. So geschah es dann auch.«
    Der Erzbischof sah ihn streng an. »Du handelst vorschnell und ohne Überlegung. Das kann unsere Pläne gefährden.«
    Gero schaute betreten zu Boden und schwieg.
    Konrad von Hochstaden erhob sich und ging zu einem gefüllten Obstteller, der auf dem schwarzen Ebenholztisch stand, und nahm einen Granatapfel und ein Messer, das neben der Schale bereitlag.
    Er hielt Gero die Frucht hin und fragte: »Kennst du diese Frucht?« Er erwartete keine Antwort und fuhr fort: »Sie kommt aus dem Morgenland und heißt Granatapfel. Dieser Apfel ist ein wahres Wunder Gottes und wird mehrfach in der Bibel erwähnt. Aber man muss wissen, wie man ihn isst, weil man nicht einfach wie in einen Apfel hineinbeißen kann. Nur die Fruchtkerne sind essbar, die harte Schale und die weißen Häutchen dagegen sind ungenießbar.«
    Er öffnete die Tür und befahl dem im Gang wartenden Diener: »Bring mir eine Schale mit Wasser!«
    Konrad von Hochstaden betrachtete die Frucht, als wäre sie eine Kristallkugel und er könne damit in die Zukunft sehen.
    Der Diener kam zurück, stellte die Schüssel mit Wasser auf dem Tisch ab, verließ den Empfangsraum und verschloss die Tür.
    »Jetzt zeig mir, wie du diese Frucht essen würdest«, sagte der Erzbischof zu seinem Neffen und warf ihm den Granatapfel zu.
    Der fing ihn geschickt auf und musterte ihn eingehend, zog ein Messer aus einer Lederscheide im Stiefel und stach durch die Schale. Mit den Daumen griff er in die so entstandene Öffnung und brach die Frucht auseinander, um dann die Samen mit den Zähnen herauszupulen und sie zu essen. Der rötliche Saft troff ihm vom Kinn, aber das schien ihn nicht zu kümmern. Den ungenießbaren Rest legte er auf den Tisch. Zum Schluss wischte er sich den Mund mit dem Ärmel ab.
    Der Erzbischof hatte ihn die ganze Zeit dabei beobachtet. Jetzt nickte er und sagte: »Pass gut auf.«
    Er nahm einen frischen Granatapfel aus der Schale, schnitt den Strunk ab, gab den Apfel in die Wasserschüssel und brach ihn mit den Händen im Wasser auf.
    »Die essbaren Samen sinken auf den Boden der Schüssel und der Rest schwimmt auf dem Wasser.« Er fischte die Schalenreste und die Häutchen von der Oberfläche des Wassers und leerte das Wasser in die Obstschale, aus der er vorher die anderen Früchte entfernt hatte. Dann griff er nach den Fruchtkernen auf dem Grund der Schüssel und schob sie sich in den Mund, um sie genüsslich zu kauen. »Die Methode macht den Unterschied. Du bist ein Mann der Tat, und ich bin ein Stratege. Mach so etwas wie auf dem Turnier nie mehr ohne mein Einverständnis oder meinen ausdrücklichen Befehl. Hast du das verstanden?«
    Gero gab sich kleinlaut. »Vergebt mir, Eminenz. Es war unüberlegt.«
    Der Erzbischof nickte und entgegnete: »Schon gut. In diesem Fall hat uns deine Unvernunft in die Karten gespielt.«
    Er warf die Schalen und die Häutchen in den lodernden Kamin, wo sie zischend in Flammen aufgingen und verdampften. »So wie mit dem Granatapfel werde ich auch mit der Hexe verfahren. Ihre Ketzereien und Lügen trennen wir von der Wahrheit, und ihren sündigen Leib überantworten wir der reinigenden Kraft des Feuers. Mit deiner Zeugenaussage werden wir die Medica endgültig vernichten. Du weißt gar nicht, wie wertvoll dein Beitrag für mein Vorhaben ist. Aber das ist noch nicht alles.«
    Gero genoss sichtlich das unerwartete Lob, schwieg aber demütig.
    Konrad von Hochstaden sah aus dem Fenster auf den alten Kölner Dom, den er abreißen lassen und durch seine gewaltige Kathedrale ersetzen würde, so wie es sich sein Vorgänger, Erzbischof Engelbert I., schon gewünscht hatte. Aber dazu musste er erst die mächtigen Mitglieder des Domkapitels von seinen Plänen überzeugen, die nicht nur die Messen und täglich sieben Chorgebete im Dom lasen, sondern auch einstimmig den Beschluss zum Kathedralenbau fassen mussten. Bald hatte er sie so weit, aber das diplomatische Gezerre gestaltete sich schwieriger, als er anfangs gedacht hatte. Wegen der enormen Baukosten zauderten einige Mitglieder immer noch mit ihrer Zustimmung. Wenn er in dieser Frage allein zu bestimmen hätte, wäre die Grundsteinlegung schon längst erfolgt.

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