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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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Er seufzte angesichts seines herkulischen Vorhabens, das nicht das einzige war, das zu verwirklichen er sich in seinem restlichen, von Gott geliehenen irdischen Dasein vorgenommen hatte, und dachte mit Wehmut an einen Vers aus der Bibel, 2. Petrus 3,8: »Gott ist erhaben über Ort und Zeit. Ihm sind tausend Jahre wie ein Tag, und ein Tag ist ihm wie tausend Jahre.«
    So viel Zeit hatte er nicht, und wünschte sich zum wiederholten Mal, dass Gottes Mühlen nicht gar so langsam mahlen würden. Er stellte sich vor das Kaminfeuer, das seinen Rücken wärmte, der ihm in letzter Zeit immer wieder Schmerzen bereitete, und genoss für einen Augenblick die wohlige Hitze.
    Schließlich ging er zu seinem Schreibtisch und griff nach einer Schriftrolle, die dort bereitlag. Er drückte sie Gero in die Hand und sagte: »Dies ist die schriftliche Anweisung für Graf Landskron, dass er, sobald sein Schwager genesen ist, die Medica festzunehmen und bis zur Verhandlung in seinem Kerker zu inhaftieren hat. Deine Aufgabe ist es, darüber zu wachen, dass alles so abläuft, wie ich es wünsche. Ich werde kurz vor Festum nativitatis Mariae auf Burg Landskron eintreffen, und am Tag darauf soll der Prozess beginnen. Er wird nicht nur Anna Ahrweilers schändlichem Leben und ihrer Hexenkunst ein Ende bereiten, ihre Verurteilung wird auch Graf Landskron und mit ihm alle staufischen Anhänger in den Abgrund reißen …«
    Der Erzbischof fasste Gero väterlich an die Schulter.
    »Bevor du gehst, Gero – hast du schon darüber nachgedacht, was deine Stiftung zu meiner Kathedrale beitragen kann, um deinem Vater die Qualen des Fegefeuers zu vermindern?«, fragte er. »Und er hat wahrlich große Schuld auf sich geladen!«
    »Oh ja, Eminenz, das habe ich«, sagte Gero. »Ihr habt mir doch eine Grafschaft übereignet, als Dank für die Erfüllung Eurer Aufträge. Jetzt, wo ich auch noch das Erbe meines Vaters angetreten habe, verzichte ich auf alle Einkünfte daraus zugunsten Eurer Stiftung. Aber nicht nur das – Ihr könnt für den Bau Eurer Kathedrale über sämtliche Wälder meiner Grafschaft nach Belieben verfügen und dort Holz schlagen lassen, so viel Ihr wollt.«
    »Das ist überaus großzügig, Gero. Ich hatte nichts anderes von dir erwartet. Wir werden das sofort schriftlich niederlegen und besiegeln. Ich kann dir versichern, dass sich mit deiner Stiftung die Zeit des Fegefeuers für deinen Vater erheblich verkürzen wird.«
    Sein Neffe atmete erleichtert auf. »Ich danke Euch, Eminenz«, erwiderte er. »Ihr wisst, dass mir mit dieser Absolution eine schwere Last von der Seele genommen wird.«
    Der Erzbischof machte mit dem Daumen ein Kreuzeszeichen auf Geros Stirn. »Sei ohne Sorge, mein Sohn. Mit deinen Taten tust du ein gottgefälliges Werk, das dir dereinst tausendfach vergolten wird. Du bist nun entlassen. Und wenn ich dir einen Rat geben darf – verbringe ruhig noch ein oder zwei Tage mit deinen Gefährten in Köln. Es gibt hier ein paar schöne Badehäuser. Du hast es dir verdient. Graf Georg von Landskron wird es nicht wagen, die Hexe entkommen zu lassen.«
    Gero verneigte sich lächelnd. »Danke, Eure Eminenz.«
    Konrad von Hochstaden hielt ihm seine Hand mit dem Bischofsring zum rituellen Kuss hin. Gero verneigte sich und drückte seine Lippen auf den Ring, bevor er den Empfangsraum des Erzbischofs verließ.

III
    N achdem Chassim wie ein Verhungernder Hühnersuppe und Brot gegessen hatte, waren ihm vor Erschöpfung die Augen zugefallen. Als Bruder Thomas nach Sonnenaufgang nach ihm sah, schlief der Junker immer noch tief und fest und, wie Bruder Thomas auf dessen Stirn fühlen konnte, ohne jegliches Fieber.
    Auf einmal ertönte draußen im Gang ein Poltern. Bruder Thomas ging hinaus, um zusehen, woher das Geräusch kam und fand Anna, die auf der Treppe vom Obergeschoss nach unten unterwegs war und einen Stapel ihrer schweren Folianten balancierte, von denen einer heruntergefallen war und den Lärm verursacht hatte.
    Erschrocken war sie stehen geblieben und fragte leise: »Habe ich den Grafen geweckt?«
    Bruder Thomas warf einen Blick in das Behandlungszimmer, schloss leise die Tür und sagte: »Nein. Er schläft immer noch wie ein Kind.«
    Dann bückte er sich, hob das schwere Buch auf und sah die Medica vorwurfsvoll an. »Was tut Ihr eigentlich in aller Früh mit diesen Büchern?«
    »Das seht Ihr doch«, antwortete sie. »Ich schaffe sie weg. Ihr könnt mir ja helfen.«
    Mit diesen Worten wuchtete sie ihm ihren Stapel vor

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