Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)
Decke, wo sie sein pochendes Glied fand und umfasste, so dass er aufstöhnte. Ohne zu zögern zog er sie auf sich, sie setzte sich rittlings auf ihn, trotz der aufwallenden Glut auf sein verletztes Bein achtend. Sie überwand den kleinen, schmerzhaften Widerstand, und dann gab es für sie beide kein Halten mehr, sie begaben sich auf die Reise in einen lustvollen Rausch, der alles hinwegschwemmte, als ob es kein Morgen mehr gäbe.
* * *
Nachdem es schon längst dunkel geworden war, traute sich Bruder Thomas irgendwann doch, ganz zaghaft anzuklopfen und dann leise und vorsichtig die Tür aufzumachen, um nach Anna und Chassim zu sehen. Er fand sie eng umschlungen und schlafend vor wie zwei unschuldige Kinder.
Er seufzte, holte ein großes, wollenes Tuch, deckte sie fürsorglich zu, nahm Anna ein kleines Büchlein aus der Hand und ließ die beiden allein.
Im Gang schlug er das Buch zwischen zwei Seiten, in die eine gepresste Kornblume eingeklemmt war, auf und murmelte den unterstrichenen handgeschriebenen Text im Schein einer Kerze beim Lesen mit: »Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbene Schnur, und dein Mund ist lieblich. Deine Schläfen sind hinter deinem Schleier wie eine Scheibe vom Granatapfel.«
Er seufzte noch einmal tief und sorgenvoll, bekreuzigte sich für alle Fälle, legte die Blume wieder hinein, klappte das Buch zu und deponierte es auf dem Treppenabsatz zu Annas Schlafstube, bevor er in seiner Kammer verschwand und sich hinlegte.
Auf seinem Lager schickte er ein Stoßgebet gen Himmel, in dem er Gott für die fortschreitende Genesung von Junker Chassim dankte und ihn gleichzeitig inständig bat, seine Medica Anna zu beschützen. Vor dem Erzbischof und vor sich selbst.
Oder war das Gebet angesichts dessen, was auf sie zukommen würde, schon sinnlos?
Er starrte an die Decke. Schlafen konnte er seit dem Abend, an dem ihnen Gräfin Ottgild die Hiobsbotschaft überbracht hatte, ohnehin kaum noch. In seinem Kopf wälzte und wälzte er alle Möglichkeiten, dem Teufel doch noch von der Schippe zu springen. Aber so sehr er sich auch den Kopf zerbrach, er fand keine.
IV
A m nächsten Morgen saß Bruder Thomas schon in der Küche beim Frühstücksbrei, als Anna hereinkam und sich zu ihm gesellte. Bruder Thomas schenkte ihr Milch aus dem großen Krug ein. Anna sah ihn an und ahnte, was er dachte. Aber er sagte kein Wort, bis Anna nach einer Weile das Schweigen brach.
»Ihr seid noch hier?«, sagte sie müde.
»Wo sollte ich sonst sein?«
»Über alle Berge«, antwortete sie.
Wieder schwiegen sie eine Zeitlang, dann fragte Anna unvermittelt: »Verurteilt Ihr mich jetzt?«
»Das steht mir als Freund und Infirmarius nicht zu. Und meine Meinung als Priester wollt Ihr bestimmt nicht hören«, meinte er.
»Nein. Ist sie denn in meiner Situation noch von Belang?«
Bruder Thomas zuckte mit den Schultern. »Weiß Junker Chassim von Eurer … Eurer Situation?«
Anna schüttelte verneinend den Kopf. »Noch nicht.«
»Dann wird es Zeit, dass Ihr es ihm sagt. Meint Ihr nicht auch?«
Sie nickte geistesabwesend und sah sich um. »Wo ist Berbelin?«
»Auf dem Markt, einkaufen. Die Wachen vor dem Haus haben sie durchgelassen. Sie hat ihren leeren Korb vorgezeigt und durfte passieren.«
Anna erhob sich. »Helft Ihr mir?«
»Wobei?«
»Bei meinem Experiment. Ich will dafür sorgen, dass Junker Chassim bald gehen kann.«
»Je früher er gesund ist, desto früher macht Ihr Bekanntschaft mit dem Verlies, das wisst Ihr.«
Anna ging nicht darauf ein. »Kommt Ihr mit in die Scheune? Ich will Euch etwas zeigen.« Sie ging schon voraus, und Bruder Thomas folgte ihr.
In der Scheune fand Anna schnell den Sack mit der trockenen, pulvrigen Substanz, die ihr Meister Aaron vor Monaten gezeigt hatte.
»Was ist das?«, fragte Bruder Thomas.
»Man nennt es Gips. Das hat der Medicus Aaron von den Steinmetzleuten bekommen, die beim Bau der Katharinenkirche beschäftigt sind. Ich habe es ausprobiert und weiß, wie ich damit umgehen muss. Aber eigentlich wollte ich Euch etwas anderes zeigen. Wer weiß, wozu es noch gut sein kann, bei dem, was mir oder uns bevorsteht.«
»Ihr sprecht in Rätseln.«
»Ihr werdet gleich sehen, was ich meine«, sagte Anna und warf vorsichtig einen Blick durch das Scheunentor nach draußen, wo die zwei Wachen am Lagerfeuer saßen und Mahlzeit hielten.
Anna tippte dem durch einen anderen Spalt spähenden Bruder Thomas auf die Schulter und zog ihn nach hinten in eine entfernte Ecke der
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