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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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bist du in mein Leben getreten.
    Anfangs war ich dir nur unendlich dankbar, dass du meinem Schwager ein Schicksal wie das meine erspart und zusammen mit Meister Aaron meiner Schwester und ihrem Sohn das Leben gerettet hast. Doch ich konnte dich nicht vergessen, seit ich dich das erste Mal sah.«
    Er machte eine Pause und atmete tief durch.
    Anna, die Chassims Beichte regungslos angehört hatte, wollte ihn auf gar keinen Fall durch Bemerkungen oder Zwischenfragen durcheinanderbringen. Je länger Chassim erzählte, desto aufgewühlter wurde sie. Seine Geschichte war geradezu aus ihm herausgequollen, als wollte er ihr in einem einzigen umfassenden Bekenntnis sein Leben zu Füßen legen. Jetzt saß sie da wie erstarrt.
    Chassim zeigte auf einen Hocker, über dem seine Sachen hingen. »Reichst du mir bitte mein Wams? Es liegt dort drüben.«
    Anna griff nach dem Wams und reichte es ihm wortlos.
    »Danke. Berbelin wollte es schon waschen, aber Gott sei Dank war ich in dem Moment gerade wach und konnte es noch verhindern«, sagte er.
    Er langte in die gefütterte Innenseite, wo sich auf Herzhöhe eine eingenähte Tasche befand, und fingerte ein kleines Buch heraus. Er legte das Wams beiseite und zeigte Anna das Buch.
    »Es ist das Hohelied Salomos. Es hat meiner Mutter gehört. Mein Vater hat es aus der Bibel abgeschrieben und ihr zur Hochzeit geschenkt. Ich trage es immer bei mir. Und weißt du, was darin ist?«, fragte er, schlug das Buch auf und zog etwas zwischen den Seiten heraus, das er so vorsichtig anfasste, als könne es jeden Augenblick zu Staub zerfallen. Es war zerbrechlich und filigran wie ein Schmetterlingsflügel und auch nicht viel größer. Eine gepresste Kornblume.
    Er sah Anna an und sagte mit einem feinen Lächeln: »Sie ist von unserer allerersten Begegnung. Erinnerst du dich? Der Einzug unseres Königs Konrad in Oppenheim? Du hast ein kleines Mädchen mit dieser blauen Blume zu mir geschickt …«
    Und ob sich Anna daran erinnerte. Nur hätte sie schwören können, dass Chassim die kleine, unbedeutende Blume, die ja eigentlich nicht einmal für ihn, sondern für den jungen König bestimmt gewesen war, schon längst weggeworfen und vergessen hatte. Zu ihrer Verwunderung schien er sie nicht nur aufbewahrt zu haben, sondern er wusste auch noch, dass sie es gewesen war, die das Blumenmädchen losgeschickt hatte, obwohl sie mitten in einer großen Zuschauermenge stand und ihre Kapuze über den Kopf gezogen hatte, weil sie sich so unscheinbar und hässlich vorgekommen war.
    Als Anna die kleine getrocknete Kornblume in Chassims Hand sah, konnte sie nicht länger an sich halten und sank ihm an die Brust. Sprechen konnte sie nicht, dafür war der Kloß, der plötzlich in ihrem Hals war, viel zu groß. Umso reichlicher flossen die Tränen.
    Chassim streichelte über ihr Haar und küsste ihr die Tränen von den Wangen, bis ihr bewusst wurde, dass es für sein verletztes Bein nicht gerade angebracht war, wie sie sich so an ihn geschmiegt hatte. Sie nahm ein Tuch, schnäuzte sich entschlossen, setzte sich neben Chassim auf das Lager und legte ihren Kopf an seine Brust.
    Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. »Du brauchst mir nichts von dir zu erzählen, wenn du nicht willst, Anna. Hauptsache, du bist bei mir. Alles andere ist bedeutungslos.«
    Sie nahm die Kornblume in die Hand, betrachtete sie lange und fing dann mit ihrer eigenen Geschichte an. Sie ließ nichts aus und konnte ihm auf einmal alles schildern, rückhaltlos und ohne Beschönigungen. Bis auf den bitteren Schluss. Dass ihr ein Prozess wegen Häresie bevorstand, behielt sie für sich.
    Als sie fertig war, schwiegen sie beide eine Weile.
    Dann zog Chassim sanft ihr Gesicht zu sich heran und küsste sie. Nach kurzem Zögern erwiderte sie seinen Kuss, erforschte mit ihrer Zunge die seine. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht gewusst, was Leidenschaft war. Aber jetzt vergaß sie alles um sich herum, ihre Herkunft, ihre Vergangenheit, ihre Verzweiflung, das Damoklesschwert, das über ihr schwebte, und den Faden, an dem es hing, der unweigerlich dünner und dünner wurde, und erkundete seinen Körper.
    Chassim streichelte sie unter der Tunika, ging unendlich sanft und liebevoll und doch erfahren mit ihr um, als halte er etwas sehr Kostbares in seinen Armen. Anna stöhnte, als sie seine Finger zwischen den Beinen spürte, aber sie empfand keine Scham, im Gegenteil, sie war hungrig nach seinen Berührungen, hungrig nach seiner Zunge und tastete unter die

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