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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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machen? Mir diesen Gips einflößen, damit mein Bein wieder fest wird wie der Mörtel zwischen zwei Steinen?«
    »Nein. Ihr werdet schon sehen. Ich muss noch ein wenig damit experimentieren, bevor ich den Gips bei Euch anwende. Außerdem muss die äußere Wunde erst ganz verheilt sein.«
    Chassim setzte ein strenges Gesicht auf und verschränkte die Arme. »Davon kannst du mir später erzählen, Anna. Ich finde, es ist jetzt an der Zeit, dass du dich zu mir setzt und mir ein paar Fragen beantwortest. Ich habe sie schon einmal gestellt, aber jetzt haben wir endlich die Zeit dafür. Also, Anna, ich frage dich: Was lastet so schwer auf deiner Seele?«
    Annas Lippen wurden schmal. »Das kann ich Euch nicht sagen.«
    Chassim ließ nicht locker. »Dann sag mir wenigstens, wer du bist und woher du kommst! Du willst mir doch nicht weismachen, dass du schon als fertige Medica auf die Welt gekommen bist, oder?«
    »Nein, bin ich nicht«, sagte sie und starrte aus der Fensterluke.
    »Vertraust du mir nicht?«
    Anna sah immer noch aus der Fensterluke. Sie wollte nicht, dass Chassim sah, wie sie mit sich kämpfte, weil sie Angst hatte, ihn zu verlieren, wenn sie sich ihm offenbarte.
    Da begann Chassim zu erzählen. Und während er sprach, drehte sich Anna zu ihm um und hörte ihm aufmerksam zu. Es war ihr, als breite er sein Innerstes vor ihr aus, er sprach ohne Bedauern oder Jammer, ohne Bitterkeit oder Trauer, aber er legte seine Seele bloß. Seine Ehrlichkeit und Schonungslosigkeit berührten sie. Je länger er sprach, desto näher kam sie ihm, setzte sich schließlich auf einen Hocker neben seinem Krankenlager und war ganz Ohr.
    »Mein Name ist Chassim von Greifenklau, ich stamme aus einem alten Geschlecht, das bis ins Zeitalter Karls des Großen zurückgeht. Mein Urahn wurde von ihm für treue Dienste mit einer Grafschaft belehnt, deren Herren wir bis heute noch sind. Mein Vater, Claus von Greifenklau, ist schon betagt und sieht nicht mehr sehr gut, aber sein Geist ist so wach wie eh und je. Er hat vor über zwanzig Jahren am letzten Kreuzzug teilgenommen, mit dem es Kaiser Friedrich II. geschafft hat, Jerusalem, Bethlehem und Nazareth auf friedliche Weise für die Christenheit zurückzugewinnen. Zum Dank fielen päpstliche Truppen während seiner Abwesenheit im südlichen Italien ein, so dass er mit seinen Truppen aus dem Heiligen Land zurück musste, um die Eindringlinge aus seinem Reich zu vertreiben. Mein Vater ritt immer an seiner Seite. Seither ist er ein bedingungsloser Anhänger unseres Kaisers und ein erbitterter Feind der Welfen und des Papsttums. Er würde für die Staufer sein Leben geben. Meine Mutter ist schon vor langer Zeit gestorben, mein Vater liebte sie über alles und hat seither keine Frau mehr an seiner Seite gehabt. Meine Schwester Ottgild, die Gräfin von Landskron, hat sich damals meiner angenommen und mich aufgezogen, obwohl sie selbst noch ein kleines Mädchen war. Mein Vater hat großen Wert darauf gelegt, dass wir eine gute Ausbildung erhalten, Lehrer haben uns in Lesen, Schreiben, Rechnen und Latein unterrichtet. Die ritterlichen Tugenden habe ich bei meinem Vater erlernt: Schwertkampf, Turnierkampf, Bogenschießen und Reiten. Alles, was ich kann, weiß ich von ihm. Er verwaltet nach wie vor seine Grafschaft und sorgt sich um jedermann, gleich ob Bauer, Magd, Soldat oder Hirtenjunge. Unseren Leuten geht es gut, wenn die Ernte einmal schlecht ausfällt, verzichtet mein Vater auf den Anteil, der uns zusteht. Die einfachen Leute lieben und verehren ihn, und er ist stets bemüht, ihnen ein guter Herr zu sein.
    Wir besitzen keine stolze Burg mit Graben, Festungsmauern und Palas. Mein Zuhause ist eher ein großer Gutshof mit Mauern drumherum, und wir scheuen uns auch nicht, mit anzupacken, wenn eine Getreideernte noch rechtzeitig vor einem herannahenden Gewitter eingebracht oder verlorengegangenes Vieh wiedergefunden werden muss.«
    Zum ersten Mal, seit er angefangen hatte zu erzählen, schaute er hoch zu ihr. Als er sah, dass sie ihm immer noch aufmerksam zuhörte, sprach er weiter.
    »Ich war mit einer schönen Frau verheiratet, sie hieß Magdalena. Sie wurde schwanger, und wir freuten uns auf unser Kind. Aber unserem himmlischen Vater gefiel es, sie und das Kind noch im Wochenbett zu sich zu nehmen. Seit über drei Jahren bin ich nun Witwer, und ich dachte, dass Gott der Herr für mich nicht vorgesehen hat, mich noch einmal einer Frau begegnen zu lassen, für die mein Herz entflammt. Aber dann

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