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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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sollst?«
    Berbelin bejahte stumm, und Anna faltete endlich das Pergament auseinander und las, was da untereinander in Großbuchstaben geschrieben stand.
IO. 9,25
DIAL. MIR.
AR. PI.
SEPULC.
IO. BAPT.
VIG.
    Sie las die Botschaft, einmal, zweimal, dann begann sich der Raum um sie herum zu drehen, und sie musste sich auf die Treppe setzen.
    »Was ist? Eine schlechte Nachricht?«, fragte Bruder Thomas neugierig und schob seine Kapuze wieder in den Nacken.
    Statt einer Antwort reichte Anna ihm das Pergament.
    Bruder Thomas sah den Pergamentfetzen verständnislos an, dann murmelte er laut vor sich hin: »Io 9,25 … Dial … Mir … Ar … Pi … Sepulc … Io … Bapt … Vig … Was soll das bedeuten? Also ich kann mir keinen Reim darauf machen. Das ergibt doch keinen Sinn. Vielleicht ist es ein Irrtum und gar nicht für Euch bestimmt. Io 9,25 – das kann ich mir noch erklären, das könnte aus dem Evangelium des Johannes sein, Kapitel neun, Vers fünfundzwanzig. Aber der Rest … Versteht Ihr das etwa?« Er löste seinen Blick vom Pergament und sah sie an.
    Anna liefen die Tränen über das Gesicht. Sie lächelte und sagte: »Ja, ich verstehe es. Johannes 9, Vers 25. ›Eines weiß ich wohl: dass ich blind war und bin nun sehend.‹ Es ist eindeutig für mich bestimmt. Weil es so geschrieben ist, dass nur ich es verstehen kann. Es bedeutet, dass mich jemand treffen will, weil er mir etwas Wichtiges mitzuteilen hat. Etwas Lebenswichtiges, sonst hätte er mir niemals diese Botschaft zukommen lassen.«
    »Und wer soll dieser jemand sein?«
    Sie zögerte, weil sie es selbst nicht fassen konnte, was da gerade geschah, aber dann sprach sie seinen Namen aus: »Pater Urban.«
    Bruder Thomas reagierte vollkommen entgeistert. »Pater Urban? Euer Infirmarius aus dem Kloster Heisterbach? Aber Ihr habt mir doch selbst erzählt, dass er vergiftet wurde!«
    »Das ist richtig. Er lag tot vor mir. Und trotzdem will er sich jetzt mit mir treffen.«

V
    I n der großen Empfangshalle des Palas ging ein müder Graf Georg von Landskron auf und ab. Die Halle war leer bis auf den schweren Tisch in umgedrehter U-Form. Der Abgesandte des Erzbischofs, Gero von Hochstaden, war angemeldet, und der Graf spielte im Kopf alle Forderungen durch, die dieses Mal an ihn gestellt werden würden. Er war zutiefst in seiner Ehre gekränkt, weil er die Wünsche, die der Erzbischof ihm diktierte, widerstandslos hinnehmen musste.
    Graf Georg stand bei der Medica tief in der Schuld, zum wiederholten Mal, aber er konnte ihr nicht beistehen, ganz im Gegenteil, er musste dafür sorgen, dass sie in Gewahrsam blieb bis zum Prozess. Zu allem Übel war er im Falle einer Verurteilung auch noch dafür zuständig, sie dem Scheiterhaufen zu überantworten. Aber wie er es auch drehte und wendete, er fand kein Schlupfloch.
    Nächtelang hatte er mit seiner Gattin, mit der er alle Sorgen teilte, darüber gesprochen. Ottgild war seit dem schweren Turnierunfall ihres Bruders und der Forderung des Erzbischofs um Unterstützung im Kampf gegen die Häresie so niedergeschlagen, wie er es noch nie erlebt hatte. Sie machte ihm keine Vorwürfe, auch sie sah ein, dass sie dem Erzbischof und seinem Vorhaben nichts entgegenzusetzen hatten, und das lastete schwer auf ihrer Seele. Für Ottgild kam es einem Verrat an der Medica gleich, wie sie auf perfide Art und Weise gezwungen waren, bei dem abgefeimten Spiel des Erzbischofs mitzumachen. Und nicht nur das – Konrad von Hochstaden benutzte ihren Gatten und sie auch noch als Vollstrecker seiner Pläne.
    Natürlich durchschaute Graf Georg die politische Tragweite des Prozesses gegen eine Medica, die, wie jedermann wusste, von ihm persönlich autorisiert und installiert worden war und die uneingeschränkten Zugang zur gräflichen Familie hatte. So wie der Graf den Erzbischof einschätzte, würde sich dieser der allgemein bekannten Tatsache mit hämischem Vergnügen bedienen und gegen ihn, den Grafen, kehren. Im Laufe des Prozesses – der vielleicht ein oder zwei Tage dauern mochte – würde die Sprache unweigerlich auf die Rolle der gräflichen Familie kommen. Der Erzbischof würde alles versuchen, den Namen Landskron in den Schmutz zu ziehen und für sich Kapital daraus zu schlagen.
    Ein lautes Pochen an der Tür unterbrach den Gedankengang des Grafen, ein Diener kam herein und meldete ihm Graf Gero von Hochstaden und den Burgkaplan. Auch das war so ein Ränkespiel der Hochstadens, das Graf Georg ohnmächtig mit sich

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