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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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übersehen. Wie konnte mir das nur passieren!«
    Der Erzbischof schüttelte düster den Kopf. Dann fuhr er fort: »Die Augen hat Anna von ihrer Mutter. Meine Schwägerin Adelheid hatte ebenfalls ein braunes und ein grünes Auge, ich kannte sie gut.«
    »Was ist mit meinem Onkel?«
    »Harald? Nun, Adelheid war am Schweißfieber gestorben, und er kam nach drei Jahren aus dem Heiligen Land zurück. Harald war bei den Mauren in Gefangenschaft geraten und seither ein gebrochener Mann. Zerstört an Seele und Körper. Aber er forderte von deinem Vater zurück, was ihm gehörte. Dein Vater hatte in der Zwischenzeit Haralds Ländereien seiner Grafschaft einverleibt, was vollkommen dem Recht entsprach, denn Harald war verschollen und für tot erklärt worden, und es waren keine anderen Erben mehr am Leben. Dachten wir, weil wir annahmen, auch Anna sei am Fieber gestorben. Das war nun der Zeitpunkt, wo dein Vater eine Todsünde begangen hat, die er mir später beichtete.«
    »Mein Vater hat meinen Onkel …?« Gero wagte es nicht, seinen Verdacht auszusprechen.
    »Ja, Gero. Er hat ihn im Streit getötet und seinen Leichnam verschwinden lassen. Die Gelegenheit war günstig. Niemand wusste, dass Harald bei Nacht und Nebel, er muss ausgesehen haben wie ein zerlumpter Bettler, wieder zurückgekehrt war. Und so gilt er bis heute als verschollen. Verschollen im Heiligen Land.«
    »Wenn das offenbar wird …«
    »Warum sollte es? Außer dir und mir weiß niemand davon. Nicht einmal deine Mutter. Dein Vater wollte es dir wohl in seiner Todesstunde noch mitteilen, aber nun hat er es mit ins Grab genommen.«
    »Und Anna? Wenn Anna davon erfährt?«
    »Wie sollte sie?«
    »Sie ist eine Hexe!«
    »Ja. Ja, das ist sie. Aber wir können nichts gegen sie unternehmen. Uns sind die Hände gebunden.«
    »Das gilt vielleicht für Euch. Weil Ihr ein wichtiger und unverzichtbarer Mann der Kirche seid. Aber für mich … für mich gilt das nicht.«
    Mit diesen Worten erhob sich Gero in gebückter Haltung, denn stehen konnte man in dem Reisewagen nicht, die Decke war viel zu niedrig, und öffnete die hintere Tür, so dass der Regen ungehindert hereinpeitschen konnte. Energisch winkte er eine der Leibwachen heran, die sein Pferd am Zügel mit sich führte, und hechtete mit einem gewagten Sprung in den Sattel. Bevor irgendjemand reagieren konnte, wendete Gero sein Ross und stob durch den Regen zurück auf Oppenheim zu.
    * * *
    Sein Neffe war noch nicht hinter der grauen Regenwand verschwunden, da steckte der Erzbischof seinen Kopf durch die hintere Tür, wobei er seinen Pileolus verlor und vergeblich danach griff, und schrie aus Leibeskräften hinterher: »Was hast du vor? Sei kein Narr! Komm zurück, Gero, hörst du?! Du sollst zurückkommen!!«
    Aber Gero hörte ihn nicht mehr. Das Wasser lief Konrad von Hochstaden über das Gesicht, es sah aus, als wären es Tränen. Doch das täuschte.
    Gegen den strömenden Regen und das Knarren des Wagens schrie die Leibwache: »Soll ich ihm nachreiten, Eure Eminenz?«
    Der Erzbischof winkte ab. »Nein, lass ihn. Er muss selber wissen, was er tut.«
    Dann schloss er die Tür von innen, und der Wagen setzte seine Fahrt fort, bis er und die Leibwachen auf ihren Pferden im Regenvorhang verschwanden und sich schließlich im Nichts auflösten wie Gespenster, die nach einem Spuk in ihr Schattenreich zurückkehrten.
    * * *
    »Ich habe es Euch gleich gesagt: Das ist zu gefährlich bei diesem Wetter, Euer Gnaden.«
    Der Fuhrknecht saß neben dem Burgkaplan auf dem Kutschbock des Wagens, der den Sarg mit den Gebeinen der Heiligen Katharina transportierte, und weigerte sich, weiterzufahren. Der Wagen war im Morast stecken geblieben und bewegte sich trotz der zwei Zugpferde, die sich unter den Peitschenhieben des Fuhrknechts mächtig ins Geschirr legten, keinen Fuß von der Stelle. Die beiden Männer waren mit ihrer wertvollen Fracht auf dem kurvigen und abschüssigen Weg von Burg Landskron zur Stadt hinunter, und der Regen kam in Strömen vom Himmel herab.
    »Was willst du machen? Umkehren vielleicht?«, schimpfte der Burgkaplan aufgebracht.
    Trotz des widrigen Herbstwetters, das am Morgen stürmisch und kalt den heißen Sommer mit einem Schlag beendet hatte, war der Erzbischof samt Gefolge abgereist, völlig überraschend und überstürzt, ohne ein freundliches Wort oder wenigstens eine Geste des Bedauerns für seine Anhänger auf Burg Landskron. Auch die gemeinsame feierliche Messe, die Konrad von Hochstaden seinem

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