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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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Gedanken durch den Kopf – sie hatte vor der Scheune kein Pferd gesehen, also musste er seines hinter dem Haus versteckt haben; sie hätte ihn heranreiten hören, wenn er nach ihr angekommen wäre. Und die Fackel hatte er am helllichten Tag wohl in der Hand, weil er das Haus in Brand setzen wollte. Er musste ein Geräusch gehört und sich versteckt haben, als sie das Haus betreten hatte. Und nun stand er vor ihr. Sie konnte ihm die blanke Mordlust von den Augen ablesen.
    »Wo sind denn deine Freunde, Base?«, brachte er schließlich heraus.
    »Sie werden jeden Moment kommen«, sagte sie so überzeugend wie möglich und überlegte krampfhaft, was sie ihm entgegenzusetzen hatte. An körperlicher Kraft war er ihr zweifellos überlegen, ganz abgesehen von dem Schwert in seiner Rechten.
    »Bis dahin habe ich schon längst mit dir abgerechnet«, sagte er hämisch und machte einen Schritt auf sie zu.
    Auf einmal fiel ihr etwas ein. Hatte ihr Vetter nicht Angst vor ihrem bösen Blick? Sie hielt ihm in einer verzweifelten, aber wohldurchdachten Geste ihr Notizbuch entgegen, als wäre es ein Buch mit Zaubersprüchen, gab sich so, wie sie sich das Gebaren einer wirklichen Hexe vorstellte, und konterte so bedrohlich wie möglich: »Willst du in die Zukunft sehen, Gero von Hochstaden? Ich kann sie dir voraussagen!« Dabei nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und ging langsam auf ihn zu, immer noch das Buch vor sich haltend wie eine Monstranz .
    Und, oh Wunder!, er wich tatsächlich misstrauisch vor ihr zurück.
    Sie ließ nicht locker und sprach weiter: »Hat dir nie jemand gesagt, dass eine Hexe mit einem braunen und einem grünen Auge dein Untergang sein wird, Vetter? Dass sie dich mit einem Fluch belegen und dir sämtliche Krankheiten der Welt an den Hals wünschen wird? Hat dir das niemand gesagt? Dann ist es jetzt so weit, sieh dich vor!«
    Sie hatte ihn beinahe da, wo sie ihn haben wollte – er stieß beim Zurückweichen mit dem Rücken an die Wand. Und das löste ihn offenbar aus dem Bann, in den er durch seine Angst vor Annas Hexenkunst geraten war.
    Aber ob Geros Furcht noch länger anhielt, war Anna gleichgültig, blitzschnell trat sie durch den einzigen Zugang zur Badestube in den Gang und schloss die Tür. Nur fand sie keinen Schlüssel dazu, das nutzte ihr also wenig. Gero rüttelte bereits von innen an der Tür, deren Klinke Anna mit aller Kraft an sich zog. Lange würde sie ihm so nicht standhalten können. Fieberhaft sah sie sich um und rannte dann ins Laboratorium, zu dessen Tür es einen Schlüssel gab. Das wusste sie. Und richtig – der Schlüssel steckte noch. Sie rammte die Tür von innen ins Schloss und sperrte ab.
    Gehetzt schaute sie sich um. Wo war bloß die Schublade mit dem schwarzen Pulver, vor dessen Wirkung Medicus Aaron sie einmal gewarnt hatte? In dem Schutthaufen aus Scherben, Heilkräutern, Pulvern, Brettern und zerfledderten Büchern würde sie nie finden, was sie suchte. Zumal es schon an der Tür rüttelte und hämmerte und ein vor Wut rasender Gero von außen brüllte: »Mach auf, du Hexe! Sonst trete ich die Tür ein!«
    Schwere Schläge krachten gegen die Tür, anscheinend warf sich Gero mit der Schulter dagegen.
    Wie von Sinnen durchstöberte Anna die Schubladen, die quer im ganzen Raum verteilt unter- und übereinander lagen, aber sie konnte das schwarze Pulver nicht finden. Wieder folgte ein schwerer Schlag gegen die Tür, die bereits splitterte. Da fiel Annas Blick auf die demolierte Destillationsapparatur. Sie war zwar nicht mehr zu gebrauchen, aber Anna hoffte, dass sich in der großen Metallblase, die verbeult, aber noch ganz war, genügend Destillat abgesetzt hatte, um es für ihre Zwecke zu nutzen.
    In aller Hast suchte sie ein Gefäß, das heil geblieben war, und fand einen alten Ledereimer, in den sie das Destillat, das stechend scharf roch, abzapfen konnte. Reines, unverdünntes Aqua Vitae. Wenn es nur schneller in den Eimer rinnen würde! Zumal sie draußen im Gang laute Geräusche und Stimmen hörte.
    »Anna – bist du da drin?«
    Das war Chassim, und gleich darauf hörte sie Bruder Thomas, dann Gero und Kampflärm.
    Chassim war ihr also doch nachgekommen, weil er sich um sie Sorgen machte! Aber wie konnte er sich mit dem Gipsbein gegen einen Mann wie Gero zur Wehr setzen, ging es Anna durch den Kopf, außerdem waren er und Bruder Thomas sicher unbewaffnet.
    Sie musste handeln, bevor es zu spät war. Anna nahm den Eimer, der inzwischen halbvoll mit dem konzentrierten

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