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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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gemauert. Von der Kammer zweigten drei Gänge ab; Aaron wählte den rechten und verschärfte das Tempo. Chassim und Anna hatten Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
    Anna spürte, wie ihr in der dumpfen, bedrückenden Enge der Schweiß den Nacken hinunterlief. Die Luft war schlecht, und sie musste blinzeln, weil ihr der Rauch der Fackeln in Augen und Nase brannte. Ein Husten unterdrückte sie. Die ganze Zeit hatte sie nur auf ihre Vordermänner und ihre eigenen Schritte geachtet, und so war ihr inzwischen jedes Raum- und Zeitgefühl abhanden gekommen, obwohl sie sich anfangs bemüht hatte, abzuschätzen, wo sie ungefähr sein mussten. Sie bemühte sich nur noch, die beiden Männer vor sich nicht aus den Augen zu verlieren, denn im Gewirr der zahllosen Gänge hätte sie nie und nimmer zurückgefunden.
    Als sie schon dachte, der Weg würde gar nicht mehr enden, gelangte Aaron an eine Tür. Chassim drängte sich an ihm vorbei, zog einen Schlüssel hervor, drehte ihn im Schloss herum und öffnete. Er musste seine ganze Kraft anwenden, um die schwere Tür aufzuziehen. Auf der anderen Seite führte eine steile und enge Wendeltreppe, die direkt in den Fels gehauen war, nach oben.
    Jetzt ging Chassim voraus, er legte ein noch schnelleres Tempo vor, und Aaron und Anna konnten ihm kaum folgen. Aaron fing bereits an zu keuchen, und auch Anna kam ins Schnaufen. Allmählich wurde ihr schwindelig, weil kein Absatz die unendlich scheinende Wendeltreppe unterbrach. Immer rechts herum, weiter rechts herum, noch weiter rechts herum. Aaron wurde allmählich langsamer, und Anna hatte Angst, er würde jeden Moment vor Anstrengung zusammenbrechen. Da endlich hielt Chassim an.
    Er drehte sich um und wartete auf einem Absatz auf seine Gefährten, die heftig atmend aufschlossen. Vor ihnen befand sich eine schwere Tür. Chassim nahm einen weiteren Schlüssel zur Hand und sperrte das Schloss vorsichtig auf.
    Neben der Tür standen zwei Ledereimer. Einer enthielt neue Pechfackeln, der andere Wasser. Chassim löschte seine Fackel, Anna und Aaron taten es ihm gleich. Erst jetzt zog Chassim die Tür einen Spaltbreit auf und spähte hinaus. Flackerndes Licht erhellte den Raum auf der anderen Seite. Die Luft schien rein zu sein, denn Chassim bedeutete ihnen, dass sie ihm folgen sollten.
    Sie betraten einen modrigen Kellerraum, ein Burgverlies mit einem halben Dutzend Zellen, deren Türen offen standen; die Kerker waren leer. Das unstete Licht stammte von einer Fackel, die in einer Halterung an der Wand steckte.
    Anna wagte es, Aaron eine Frage zuzuflüstern: »Wo sind wir?«
    Aaron flüsterte zurück: »Auf Burg Landskron. Wir sind im Kellerverlies des Bergfrieds.«
    Anna staunte. Sie hatte sich immer noch unter Oppenheim gewähnt, aber dann wurde ihr klar, dass die steinerne Wendeltreppe im Inneren des Felsens hochgeführt haben musste, auf dessen Kuppe Burg Landskron thronte.
    Der Bergfried, ein monolithischer Steinturm, war als letzte, uneinnehmbare Bastion gedacht, falls die Burg doch einmal vom Feind eingenommen werden sollte. Er hatte zwei Zugänge: eine ebenerdige Eichentür, mit schweren Eisen beschlagen und praktisch uneinnehmbar, wenn sie geschlossen war, und eine schmale, leicht zu verteidigende Brücke im dritten Stock, die zum Palas führte, in dem die gräfliche Familie und wichtige Gäste wohnten.
    Also mussten Anna, Aaron und Chassim noch einmal durch eine kleine, verborgen liegende Tür, hinter der eine schneckenförmige Treppe den Turm hinaufführte, bis sie die Brücke erreichten und hoch über dem Innenhof der Burg zum Palas hinübereilten.
    Am anderen Ende der Brücke öffnete Chassim ihnen erneut eine Tür, sie war hinter einem Wandvorhang versteckt, den sie beiseiteschoben, und dann standen sie in einem langen Korridor, der von Fackeln spärlich beleuchtet war. Erlesene Stoffe, die Anna noch nie gesehen hatte, hingen an den Wänden, teure farbige Bleiglasfenster gingen zum inneren Burghof hinaus, schwaches Mondlicht fiel durch sie herein und zauberte filigrane Muster auf den Steinboden.
    Ein Mann in einem kostbar bestickten Mantel mit breit auslaufenden Ärmeln kam auf sie zu, als ob er auf ihre Ankunft gewartet hätte. Er sah zutiefst besorgt aus. Anna stockte der Atem – es war Graf Georg von Landskron höchstselbst, und er begrüßte den Medicus wie einen alten Freund.
    »Ich dachte schon, Ihr kommt nicht mehr!«, sagte er zu Aaron mit bangem Unterton in der Stimme.
    »Wir sind so schnell gekommen, wie wir konnten,

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