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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Getreidesäcken lag, und dahinter entdeckte ich eine Treppe, die steil in die Tiefe führte. Mir wurde schwindlig, als ich hinuntersah. Ich wartete ungeduldig, bis die Schritte des Mannes verklungen waren. Dann folgte ich ihm vorsichtig. Ich achtete auf jeden Schritt, um mich nicht durch ein Knarren oder Poltern zu verraten.
    Unten war ein Korridor, der nur in eine Richtung führte. Ich stand im Dunkel, und auch mein Führer schien keine Laterne zu benutzen, denn ich konnte weiter vorn keinen Lichtschimmer erkennen. Offenbar kannte der Mann den Geheimweg sehr gut.
    Ich konnte auch seine Schritte nicht mehr hören. Dann spürten meine suchenden Gedanken eine deutliche Erleichterung. Er hatte sein Ziel erreicht und das Fort hinter sich gelassen. Jetzt glaubte er sich in Sicherheit.
    Da ich nicht annahm, daß er sich länger als nötig am Ausgang aufhalten würde, lief ich den Korridor entlang. Im Dunkel stolperte ich plötzlich über einen scharfen Vorsprung. Ich fiel, und dann merkte ich, daß ich mich am Fuß einer Treppe befand, die fast senkrecht nach oben führte. Auf Händen und Knien zog ich mich von Stufe zu Stufe.
    Hin und wieder blieb ich stehen und tastete nach oben. Schließlich entdeckte ich eine Falltür, die sich öffnete, als ich mich dagegen stemmte. Ich landete in einer Höhle oder, besser gesagt, zwischen einer Ansammlung von Felsblöcken, die meiner Meinung nach nicht immer so dagelegen hatten. Jemand hatte sie kunstvoll zusammengeschoben, um die Tür zu verbergen. In einem Land, das wie Yiktor dauernd von kleinen Kriegen heimgesucht wurde, war so ein Notausgang sicher in vielen Festungen vorhanden.
    Doch im Augenblick war ich ganz damit beschäftigt, meine Umgebung zu sondieren. Ich durfte keinem der Wachtposten auf der Mauer auffallen. Als ich vorsichtig ins Freie robbte und mich umsah, entdeckte ich, daß die Felsengruppe nur eine von vielen war. Und ich konnte ein gewisses Schema in der Anordnung erkennen, so daß mir der Gedanke kam, es könnte sich um die Überreste eines älteren, zerstörten Forts handeln.
    Von dem Deserteur war nichts zu sehen, doch ich bewegte mich weiterhin mit äußerster Vorsicht. Schließlich legte ich mich flach hinter die letzten Stein- und Erdklumpen und sah mir noch einmal den Weg an, den ich bisher zurückgelegt hatte.
    Am Himmel stand das brennende Rot des Sonnenuntergangs, und das düstere Festungsgebäude hob sich scharf gegen diesen Hintergrund ab. Die Festung bestand lediglich aus dem Innengebäude und dem Außenwall, und sie erschien mir jetzt noch kleiner als während der Flucht. Vermutlich handelte es sich um eine Grenzfestung, die das Land vor Eindringlingen schützen sollte. Für diese Theorie sprach auch, daß sich in der Umgebung keinerlei Ansiedlungen befanden. Auch Felder waren nirgends zu sehen. Dieses Fort sollte nicht den Bauern der Umgebung Schutz bieten, sondern einzig und allein Unterkunft für die Grenzsoldaten sein.
    Zwischen zwei Hügelketten erschien ein Weg, der sich bis zur Festung schlängelte und am Haupttor endete. Auf diesen Weg konzentrierte ich mich. Er mußte die Verbindung zum Landesinnern darstellen. Vielleicht führte er sogar nach Yrjar.
    Aber ich konnte nicht einfach der Straße folgen. Zum erstenmal kam mir der Gedanke, daß ich durch meine Flucht aus Osokuns Händen nichts gewonnen hatte. Ich besaß ein Schwert, aber ich hatte weder Wasser noch Nahrung oder Schutz gegen Unwetter. Und die Willenskraft, die meinen schwachen Körper bis dahin vorangetrieben hatte, ließ allmählich nach.
    Sowohl die Festung als auch das Ruinengelände, an dem ich aufgetaucht war, befanden sich auf kleinen Anhöhen. Jetzt konnte ich mir auch erklären, weshalb die Treppen so steil gewesen waren, die den unterirdischen Weg mit der Außenwelt verbanden. Das Gelände hatte einen Vorteil: Sobald ich die Anhöhe zwischen mich und die Wachtposten gebracht hatte, konnten sie mich nicht mehr sehen.
    Ich erhob mich, entschlossen, einen Fuß vor den anderen zu setzen, solange ich laufen konnte – und dann auf allen vieren weiterzukriechen.
    Die Zeit wurde zu einem Scheingebilde, und nur der Abstand von einem Schritt zum nächsten zählte. Die Methoden von Osokuns Verhörleuten waren zwar schmerzhaft gewesen, doch sie hatten zum Glück meine Muskeln nicht verletzt. So ging ich dahin, zwischen Wachen und Schlafen, und ein Teil meines Bewußtseins war vollständig abgeschaltet.
    Zweimal warnte mich ein inneres Gefühl, daß ich das rauhe Land neben dem Weg

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