Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
Vom Netzwerk:
verlassen hatte und mich auf der Straße selbst befand. Aber beide Male gelang es mir, wieder in die Büsche zu stolpern, bevor mich jemand entdeckte. Einmal hatte ich den Eindruck, daß mich ein Raubtier verfolgte. Aber es besann sich offenbar anders und gab die Verfolgung nach einer Weile auf.
    Der Mond war hell, so hell, daß seine Ringe wie Feuer am Himmel leuchteten. Sotrath, so nannten ihn die Yiktorier, wurde immer von zwei Ringen umgeben. Aber in einem regelmäßigen Zyklus kam ein dritter Ring hinzu, und diese Zeit spielte bei den Eingeborenen eine große Rolle. Ich sah mir dieses Wunder nicht an, aber ich war dankbar, daß ich in dem Licht wenigstens die größeren Felsblöcke und Steine erkennen konnte und nicht dagegen stieß.
    Es war kurz vor Einbruch der Morgendämmerung, als ich die Einschnürung zwischen den Hügelketten erreichte und auf dem Weg weitergehen mußte. Mein Mund war so trocken, als hätte ich Asche gegessen, eine säuerliche Asche, welche die Zunge und die Wangenhöhlungen verbrannte. Nur mein Wille zwang mich zum Weitergehen, denn ich fürchtete, daß ich nicht wieder aufstehen konnte, wenn ich mich erst einmal setzte. Irgendwie mußte ich weg von hier, wo mich jeder sehen konnte. Wenn ich erst einmal draußen im offenen Land war, so sagte ich mir vor, wollte ich ausruhen.
    Ich schaffte es, denn mit einem Mal lagen die Hügel hinter mir. Ich wankte hinaus in das Buschland und lief weiter, bis ich wußte, daß ich tatsächlich am Ende meiner Kräfte war. Ich ließ mich mit letzter Anstrengung zwischen zwei Büsche fallen. Dann lag ich still und wußte nichts mehr von meiner Umwelt.
    Ein Strom, ein kostbarer Wasserstrom benetzte mich und gab meinem ausgetrockneten Körper neues Leben. Aber ich hörte auch das Donnern von Stromschnellen. Ich wagte es nicht, mich von dem wilden Fluß mitreißen zu lassen, an die Felsen geworfen zu werden.
    Ich war nicht in einem Strom, sondern lag auf einer harten Fläche, die sich nicht unter mir bewegte. Ich war naß, aber die Feuchtigkeit kam von oben. Regenfluten durchweichten mich. Und auch der Donner war da. Er grollte zusammen mit den Blitzen vom Himmel.
    Ich setzte mich langsam auf, hob mein Gesicht dem Regen entgegen und versuchte, die Tropfen mit der Zunge aufzufangen.
    Durch das Donnern vernahm ich plötzlich das Dröhnen von Hufen, und als der nächste Blitz den Himmel erhellte, sah ich eine weit auseinandergezogene Kette von Reitern, die nach Osten jagten. Sie trugen Mäntel und Helme, und sie hatten es offenbar sehr eilig. Als sie an meinem Versteck vorbeikamen, fing ich ihre Gefühle auf – Angst, Ärger, Verzweiflung. Sie waren so stark, daß sie mich wie ein Schlag durchzuckten. Unter den Mänteln konnte ich die Wappen nicht erkennen, und die Reiter trugen auch kein Banner mit sich. Aber ich war überzeugt davon, daß das Osokuns Leute waren, die zu ihrem Schlupfwinkel ritten. Und wenn die Jagd auf mich noch nicht begonnen hatte, dann würde sie nun in Kürze losbrechen.
    Mein Körper war so steif und wund, daß ich kaum auf die Beine kam. Meine ersten Schritte schmerzten, aber ich mußte weiter.
    Kleine schnelle Wasserläufe zogen Rinnen durch den Boden, als könnte der viele Regen nicht versickern. Ich bückte mich hin und wieder und trank aus einer der Furchen. Ich hatte Wasser, aber kein Essen. Nach einer Weile streifte ich die Blätter von den Büschen und kaute sie.
    Wieder verlor die Zeit jede Bedeutung. Ich wußte nicht, wie weit der Tag schon fortgeschritten war, und es ließ mich auch gleichgültig. Der Himmel hellte sich ein wenig auf, aber nicht genug, um das Licht zu dämpfen – Licht? Plötzlich merkte ich, daß ich geradewegs auf ein Licht zuging. Es war nicht das gelbe Licht der Laternen, das ich in der Festung gesehen hatte, nein – Mondlaterne – Silber – verlockend – Schon einmal hatte ich so ein Licht gesehen. Die letzte schwache Warnung in meinem Innern erlosch – Mondlaterne …

 
MAELEN
 
7
     
    Durch den Willen Molasters habe ich die Macht der Sänger, und aus diesem Grunde besitze ich noch andere Kräfte – die Voraussicht, die Gabe der Weissagung und die Beeinflussung der Ringe. Und es ist manchmal schwer, mit diesen Dingen zu leben, denn der eigene Wille wird ausgeschaltet und darf nicht mehr frei entscheiden. Ich wollte nichts anderes, als mit meinem kleinen Volk auf dem Markt zu bleiben, doch ich erhob mich nach kurzem Schlaf, da ein Ruf zu mir durchgedrungen war. Und in den Käfigen hörte ich die

Weitere Kostenlose Bücher