Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)
Ton anzuschlagen, aber es ärgerte sie, dass man Tom zwingen wollte, nicht mehr der nette, verbindliche Reporter von früher zu sein.
»Wenigstens muss ich in Haiti keinen Anzug tragen«, tröstete er sie.
»Du wirst mir fehlen«, beklagte sich Holly.
»Noch bin ich ja hier, und ich komme auch wieder. Du wirst sehen, der ganze Stress wird sich im nächsten Jahr bezahlt machen. Nächstes Jahr habe ich ein kleines Baby, das mich liebt, ob mit oder ohne diesen blöden Anzug. Außerdem hat uns der Doktor grünes Licht gegeben, nichts kann uns also mehr daran hindern.«
»Ich weiß«, sagte Holly. Sie hatte erwähnt, dass sie sich den Kopf angeschlagen hatte, in der Hoffnung, dass der Arzt sie zum MRT schicken würde, wo sich ein angeborenes Aneurysma zeigen würde, das man behandeln konnte. Dann hätte sie ohne Sorge Libby zur Welt bringen können. Aber er hatte nur die üblichen Untersuchungen vorgenommen. Das Einzige, was Holly tun konnte, um bei der Geburt nicht zu sterben, war, Libbys Zeugung zu verhindern. »Jetzt müssen wir zwei nur noch für den Rest unseres Lebens zusammenbleiben.«
»So leicht wirst du mich nicht los«, lachte Tom und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
»Und mich wirst du auch nicht so leicht los. Lass mich nur mit dem ganzen Promizirkus in Ruhe, und brenn nicht mit der erstbesten dummen Tusse durch, die dir über den Weg läuft.«
»Du weißt, dass ich so was nicht mache«, versicherte Tom.
»Ja, ich weiß«, sagte Holly. Wenigstens diese Gewissheit verdankte sie der Monduhr
»Trotzdem, ich habe morgen eine lange Reise vor mir«, gähnte Tom und reckte sich. »Gehen wir früh ins Bett?«
»Darf ich mein Popcorn mitnehmen?«, scherzte Holly.
»Solange dein Geraschel mich nicht am Einschlafen hindert«, gähnte Tom noch einmal herzhaft.
»Vielleicht hindere ich dich auf andere Weise daran.« Holly zog vielsagend die Augenbrauen in die Höhe, so wie Billy es immer machte.
»Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden, Mrs Corrigan.«
»Dann werde ich dir ein bisschen Nachhilfe geben«, meinte Holly und setzte sich auf Toms Schoß. »Dazu brauchen wir aber nicht schon schlafen zu gehen.«
Als Holly und Tom endlich den Weg ins Bett gefunden hatten, war das Mondlicht, das durch das offene Fenster gefallen war, bereits verschwunden. Vor Holly lag einzig und allein die Gegenwart.
SIEBEN
P ünktlich um elf erschien Jocelyn mit einem Korb voller geheimnisvoller Köstlichkeiten. »Ich dachte, wir sollten den herrlichen Spätsommertag mit einem kleinen Picknick feiern, wenn es dir nicht zu anstrengend ist.«
»Zu anstrengend? Was ist denn in dich gefahren?«, erwiderte Holly verdutzt.
»Nun, ich habe allen Grund, deinem Tom dankbar zu sein. Immerhin hat er Patti dazu gebracht, ihr Studium wieder ernsthaft weiterzuführen.«
»Sie macht weiter? Jocelyn, das ist fantastisch. Aber glaub ja nicht, dass es allein Toms Verdienst ist. Ich bin sicher, dass sie früher oder später selber auf die Idee gekommen wäre.«
Jocelyn war gerade erst von ihrem Besuch bei ihrem Sohn zurückgekehrt, und sie hatten sich seitdem noch nicht gesprochen. Holly brannte auf neue Informationen über die Monduhr, doch jetzt, wo die Gelegenheit da war, scheute sie sich, das Thema anzuschneiden, genau wie Jocelyn.
Holly hatte es geschafft, mit all den Grübeleien und Theorien, die sie seit ihrer ersten Begegnung mit der Monduhr unablässig quälten, einen vorläufigen Waffenstillstand
zu schließen. Sie hatte noch nicht auf alles eine Antwort gefunden, hatte noch nicht einmal alle Fragen gestellt. Aber sie hatte auch die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ihr Leben und auch Libbys Leben zu retten wären. Noch gab sie ihre Tochter nicht verloren.
Doch so optimistisch sie auch war, die Angst blieb. Die Monduhr hatte ihr das höchste Glück und die tiefste Verzweiflung gezeigt. Jedes Gramm Hoffnung, so schien es, wurde mit einem Zentner Qual aufgewogen. Jocelyn hatte schon angedeutet, dass es seinen Preis haben würde, die Zukunft zu ändern, und angesichts dessen war sich Holly plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob sie überhaupt in die letzten Geheimnisse der Monduhr eingeweiht werden wollte.
»Du hast hoffentlich nicht an ein Picknick im Garten gedacht.« Holly verzog das Gesicht, denn der Zustand des Gartens war ihr immer peinlich, wenn Jocelyn kam. Obwohl sie sich alle Mühe gab, den sommerlichen Wildwuchs unter Kontrolle zu halten, wenigstens so weit, dass Toms Arbeit nicht gänzlich umsonst gewesen
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