Das Geheimnis der Perle
Abend noch eine Köchin haben. Die Schwarzen haben ein Lager ein Stück von hier entfernt. Ich reite nach dem Tee rüber und schaue, was ich machen kann. Wenn ich Glück habe, finde ich auch noch eine weitere Hilfe fürs Haus. Aber trotz der Zusatzhilfe solltest du besser dein Bündel schnüren und wieder verschwinden. Es gibt immer noch viel zu viel zu tun hier.“
„Wenn es zu viel wird, hilfst du mir dann?“
„Falls ich hier bin. Aber mein Vater braucht mich auch.“
„Geht es deinem Vater nicht gut?“
Er lachte, wurde aber sofort wieder ernst. „Manchmal ist er tatsächlich auch ein bisschen verschroben. Ein seltsamer Ort, an dem du gelandet bist, May. Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes sagen.“
„Seltsam für mich, aber für dich auch.“ Sie bereute ihre Worte, kaum hatte sie sie ausgesprochen.
Bryce sah sie ernst an. „Warum bist du hierhergekommen? Du bist jung und stark. Man sollte doch meinen, dass du jederzeit eine andere Stelle finden könntest.“
„Ich bin Chinesin. Allein aus diesem Grund werden viele Leute mich nicht wollen.“
„Dann sind sie dumm.“
Sie war überrascht, dass er so dachte. Aber sie wurde auch zunehmend misstrauisch, weil er so vertraut mit ihr umging. Auch wenn sie für eine Chinesin eher untraditionell aufgewachsen war, war sie doch selten mit Jungen ihres Alters zusammengekommen. Als Willows Tochter war sie peinlich darauf bedacht gewesen, den Männern des Perlenfrachters nicht zu nahe zu kommen. Leicht hätte sie einen Liebhaber oder Ehemann finden können, doch sie hatte miterlebt, was geschah, wenn man sein Herz verschenkte. Ihre Mutter hatte Tom Robesons Tod nie verwunden. Willow war froh gewesen, als sie sterben konnte.
„Vielleicht sind sie dumm“, entgegnete sie. „Aber es gibt sie nun einmal. Jetzt arbeite ich eben für euch, und ich werde hart arbeiten.“
„Könntest du dann vielleicht etwas zum Tee kochen? Die meisten Männer werden nicht vor dem Abend zurück sein, so wie mein Vater. Aber manche kommen schon früher. Vielleicht fünf Leute.“
Angewidert dachte sie daran, in diesem Raum kochen zumüssen, bevor sie ihn ganz sauber gemacht hatte. „Und deine Mutter?“
„Falls wir Glück haben, beschäftigt sie sich allein, wenn sie aufgestanden ist.“
„Könntest du einen Mann für mich abstellen, der mir hier hilft?“
„Ich werde schon einen finden. Du lässt dich nicht unterkriegen, was?“
Sie hatte geglaubt, dass sie die Menschen von Jimiramira hassen würde, aber da hatte sie noch nichts von Bryce gewusst. Jetzt war sie bestürzt, dass bei seinem schlichten Lob Wärme in ihr aufstieg.
Er wandte sich ab. „Ich schicke dir Henry, damit er dir helfen kann. Er ist ein bisschen taub, du musst also laut sprechen. Und mach dir keine Gedanken wegen Mums Frühstück. Sie isst nie vor Mittag.“
Bryce schlüpfte aus der Tür und schloss sie sorgsam hinter sich. Trotzdem war wieder ein ganzer Schwarm Fliegen hereingekommen. Mei arbeitete weiter, ohne etwas gegessen zu haben. Ihr war der Appetit endgültig vergangen.
Henry hatte einen Bart, der fast seinen gesamten zahnlosen Mund verdeckte. Und er hatte die Angewohnheit, in die Ecken zu spucken. Obwohl er ununterbrochen murrte, brachte er den Abfall weg, kam mit Wasser und Seife zurück und schrubbte Tisch und Herd ab, ehe er Holz für den Herd hereinbrachte. Als Letztes säuberte er noch den dünnen Baumwollvorhang an der Tür. Nachdem er gegangen war, war der Raum fast sauber genug, um darin kochen zu können.
Mei bedauerte, dass die Kisten mit den Lebensmitteln, die für Jimiramira bestimmt gewesen waren, gestern nicht geliefert worden waren. Also bereitete sie aus Rindfleisch, Zwiebeln und Reis einen Eintopf vor. Sie ließ ihn auf dem Herd köcheln, während sie das traditionelle Busch-Brot vorbereitete, um es später auf den heißen Kohlen zu backen.
Als Bryce dann wieder zurückkam, war das einfache Mahl fertig. „Ich kümmere mich um die Männer und esse mit ihnen“, bot er an. „Könntest du meiner Mum einen Teller mit Essen zum Haus bringen?“
Bis jetzt hatte sie noch keine Zeit gehabt, Viola Llewellyn kennenzulernen. Ihr war nicht einmal die Zeit geblieben, daran zu denken, warum sie eigentlich hier war. Doch jetzt erinnerte sie sich wieder daran, dass sie eigentlich gekommen war, um die Perle zu suchen.
„Fühlt deine Mutter sich heute gut?“ Sie füllte eine Schüssel mit Eintopf, um ihn zum Haus zu bringen. Dazu ein dickes Stück Busch-Brot.
„Sie ist
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