Das Geheimnis der Puppe
Steiner.«
Er seufzte leise unter der Erinnerung, lehnte sich nun versonnen lächelnd in seinen Sessel zurück und schwieg für ein paar Sekunden.
»Steiner war Rechtsanwalt, er hatte seine Kanzlei in Bedburg. bin ich bei ihm als Sozius eingetreten.«
Bert wiegte den Kopf. Er war immer noch so versonnen und ein bißchen wehmütig.
»Gott, ist das lange her. Sechs Jahre habe ich für ihn gearbeitet, dann habe ich die Seiten gewechselt.«
Er schaute mich an mit leisem Zweifel.
»Und dieses Haus willst du kaufen.«
Es klang skeptisch und ungläubig.
»Warum nicht.«
gab ich zurück. Bert hob kaum merklich die Achseln, sein Gesichtsausdruck bekam etwas Nachsichtiges.
»Bist du so gut im Geschäft.«
Es schmeichelte mir. Wenn er das Haus so gut kannte, mußte er auch eine ungefähre Vorstellung des Wertes haben. Aber es gab keinen Grund, ihm gegenüber zu prahlen.
»Den Preis, den sie verlangen, kann ich mir leisten. Er hat mich jedoch skeptisch gemacht, deshalb haben wir vorerst nur gemietet.«
»Wer sind sie.« fragte Bert.
»Steiners Söhne. Mit einem davon habe ich gesprochen, Doktor Andreas Steiner.«
»Das ist der Älter.«, sagte Bert automatisch. Ich nickte nur kurz dazu und fuhr fort:»Steiner selbst ist kürzlich gestorben.«
»Ach.«
Wieder dieses Erstaunen, gepaart mit leichtem Bedauern. Ich erzählte, was ich darüber wußte. Viel war es ohnehin nicht, und von dem Unfall wußte Bert bereits.
»Es hat sich damals wie ein Lauffeuer verbreitet. Er hat monatelang in der Uni-Klinik gelegen. Ich habe ihn zweimal dort besucht. Er war gelähmt, konnte nur den Kopf noch aus eigener Kraft heben, ein Pflegefall. Danach wurde er in ein Heim eingewiesen. Es war ja niemand da, der sich um ihn hätte kümmern können.«
»Die Maklerin sagte, seine Frau hat ihn verlassen.«
Bert nickte ganz in Gedanken versunken.
»Ja, kurz nach unserer Hochzeit.«
»Weißt du etwas Genaueres darüber.«
Bert wunderte sich nicht einmal über meine Neugier. Er hing seinen Erinnerungen nach, und seine Stimme nahm einen melancholischen Ausdruck an.
»Es gab ein bißchen Gerede damals, aber im Grunde war jeder, der davon hörte, sehr erstaunt darüber. Die Ehe galt allgemein als vorbildlich. Und wie das so ist, wenn die Leute nichts Genaues wissen, fangen sie an zu spekulieren. Einer erzählte, Steiner hätte seine Frau betrogen. Ein anderer, sie hätte ihn betrogen. Sie war ja viel unterwegs.«
Er schwieg zwei Sekunden lang, zuckte mit den Achseln.
»Da war sogar die Rede von einem Kind. Eine Tochter, bei der er sich angeblich nicht sicher sein konnte, daß er der Vater war. Die sich jedoch rührend um ihn gekümmert hätte, als alle anderen ihn verlassen hatten. Nun kann ich mir kaum vorstellen, daß seine Frau ihm ein Kind dagelassen hat, als sie ging.«
»Vielleicht hatte er das Kind mit einer anderen Fra.«, sagte ich. Bert schüttelte den Kopf.
»Ich persönlich glaube nicht, daß er seine Frau betrogen hat. Steiner war ein sehr korrekter Mann, zuverlässig in jeder Hinsicht, und seine Familie ging ihm über alles. Es gab nichts, was er nicht für sie getan hätte. Und Elisabeth Steiner war eine sehr schöne Frau, kultiviert, intelligent, charmant. Er hat sie vergöttert.«
»Aber sie hat ihn verlassen«, sagte ich.
»Zuletzt war niemand mehr da, der einen Finger für ihn gerührt hätte.«
»Eben«, meinte Bert lächelnd, »niemand, auch keine Tochter.«
»Vielleicht hat er die ebenso vergrault wie seine Söhn.«, erklärte ich und erzählte ein wenig von dem, was wir von Frau Dressler erfahren hatten. Eine Weile hörte Bert mir mit gerunzelter Stirn zu.
»So ein Quatsch«, widersprach er dann.
»Steiner hat weder seine Söhne noch sonst wen terrorisiert. Und Elisabeth Steiner hat auf ihre Karriere verzichtet, weil sie eine Familie hatte. Leichtgefallen ist ihr das nicht. Menschenscheu.«
Er lachte rauh und begann, von den Festen zu erzählen, die Steiner damals gegeben hatte. Großartige Feste in großartigem Rahmen. Die Trennwand beiseitegeschoben, seine schöne Frau im Mittelpunkt.
»Wenn er einen größeren Fall gewann, lud er alle ein. Da wurde bis tief in die Nacht hinein gefeiert. Mehrfach hat er sogar ein Feuerwerk präsentiert. Das war schon fast eine Tradition bei ihm. Daran hielt er fest, auch nachdem seine Frau ihn verlassen hatte. Ich habe auch später noch ein paar Mal eine Einladung bekommen, aber hingegangen bin ich nur noch selten. Es war Marianne nicht recht. Mitkommen
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