Das Geheimnis der Puppe
mit entrücktem Gesicht durch die offene Tür in den Gang hinaus. Trotz der Inspiration durch die alten Laken, brauchte ich noch einige Versuche, ehe ich den vermeintlich richtigen Dreh fand. Und mehr als einmal wünschte ich mir, ich würde mit meiner Arbeit direkt am Ort sitzen. Montags telefonierte Laura wieder wie in der Vorwoche schon mit zwei oder drei Malerbetrieben. Sie rief sogar bei Dressler an, ob er vielleicht einen Maler aus der näheren Umgebung empfehlen könne. Aber sie erreichte nicht viel. In absehbarer Zeit gab es keine freien Termine. Laura war ganz verzweifelt. Aber so rasch gab sie nicht auf. Wie immer, wenn sie selbst nicht weiterwußte, rief sie meinen Vater an. Für sie war er so eine Art Berater auf höchster Ebene. Und wie so oft, wußte er auch in dem Fall Rat.
»Gib mir einen oder zwei Tage Zeit, dann schicke ich dir jemanden. Hier ist ein junger Mann, der hat sich erst vor kurzem selbständig gemacht. Der tapeziert dir die Räume nicht nur, der erledigt auch den Rest. Und zu teuer ist er auch nicht.«
Da man sich, wie Laura meinte, auf meinen Vater unbedingt verlassen konnte, vergaß sie allen Ärger auf der Stelle. Ich saß am Schreibtisch und hatte mit halbem Ohr dem Telefongespräch zugehört. Laura kam kurz herein, völlig mit sich, der Welt und ihrem Schwiegervater im Einklang.
»Er kümmert sich um alles.«
Irgendwie gab es mir einen kleinen Stich. Laura hockte sich auf die Kante des Schreibtisches, erkundigte sich beiläufig:»Kommst du voran.«
Und als ich nickte, erklärte sie:»Ich habe es mir überlegt. Wenn wir uns selbst nicht um die Renovierung kümmern müssen, habe ich Zeit. Man muß den Stier bei den Hörnern packen, wenn man mit ihm fertig werden will. Außerdem möchte ich nicht ein ganzes Jahr lang oder länger auf eine neue Wohnzimmer-Einrichtung warten. Ich fahre mal für eine Stunde weg. Ich glaube, ich übernehme die Sache doch, jedenfalls die Präsentation. Kommt darauf an, welche Frist sie mir geben.«
Mit nachdenklicher Miene schaute sie auf mich hinunter.
»Vielleicht mache ich auch später mit. Dann können wir uns ganz schick einrichten. Ich mache aus diesem Haus einen Schmuckkasten.«
Sie seufzte vernehmlich.
»Ach, ich freu mich so, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich mich auf das Haus freue. Es wird herrlich, es wird phantastisch.«
Laura war so begeistert, und ich ärgerte mich. In den letzten Tagen, vor allem bei diesem Telefongespräch eben, hatte ich mich gefühlt wie damals, als ich noch regelmäßig zum Postkasten schlich und nur hoffen durfte, darin einen Scheck zu finden. Und jedem Scheck folgte ein Vortrag über Ehrgeiz, Fleiß, Strebsamkeit und richtige Arbeit. Zwei Tage später klingelte abends das Telefon. Es war schon nach zehn. Laura nahm gerade ein Bad. Ich hatte es mir vor dem Fernseher gemütlich gemacht. Ich ging hin und nahm den Hörer ab, und sofort hatte ich Berts Stimme im Ohr. Er schien erleichtert, mit mir statt mit Laura zu sprechen. Ob er mich morgen früh ganz kurz in der Stadt treffen könne? Und ob ich es irgendwie einrichten könne, daß Laura von diesem Treffen nichts erfuhr?
»Ich möchte sie nicht noch zusätzlich aufregen«, sagte Bert schlicht.
»Sie hat im Augenblick sicher andere Sorgen.«
Zu viel mehr war er am Telefon nicht bereit, angeblich sprach es sich leichter, wenn man sich dabei gegenübersaß. Alles andere würde ich dann am nächsten Vormittag erfahren. Laura hatte das Telefon natürlich gehört. Und kaum daß ich auflegte, rief sie bereits:»Wer war das.«
Ich wollte sie nicht belügen, es kam ganz automatisch.
»Wolfgang. Ich soll mich morgen früh mit ihm in der Stadt treffen und die Fotos vom Haus mitbringen. Er hat da eine ganz bestimmte Idee.«
Ich traf Bert am Morgen nach seinem Anruf in einem kleinen und um diese Zeit nur schwach besuchten Café. Er war bedrückt, brachte kaum ein Lächeln zustande.
»Setz dich doch, Tom. Ich will es ganz kurz machen. Wir sind zwar gerade erst zurück, aber .«
Er stockte, wartete, bis ich mir ebenfalls einen Kaffee bestellt hatte, beugte sich über den Tisch zu mir herüber.
»Ich hatte etwas in der Art befürchtet. Steiners Haus, für Marianne war es ein Schock, als ich es ihr sagte. Ehrlich gesagt, ich verstehe das nicht. Es ging ihr dort sehr gut. Ich hatte nie das Gefühl, daß man sie wie eine Dienstbotin behandelte, aber lassen wir das jetzt. Man weiß ja nicht, welche Gefühle sie damit verbindet.«
Bert lächelte gequält,
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