Das Geheimnis der Puppe
einrichten.«
Laura starrte mich ratlos an, murmelte:»Natürlich nicht.«
Und griff sich an die Stirn. Dann lächelte sie, immer noch ein wenig ratlos und verlegen.
»Wie komme ich denn darauf? Weißt du, daß ich jetzt wirklich der Meinung war, das Eßzimmer liege zur Straße hin.«
Ich zuckte nur mit den Achseln. Dann stand Laura mitten im Wohnzimmer und schaute sich skeptisch die tuchverhangenen Möbelstücke an.
»Der Kram ist zwar absolut nicht nach meinem Geschmack. Aber was meinst du? Wenn wir behutsam damit umgehen, können wir die Sachen doch erst einmal stehen lassen.«
Die schweren Ledersessel im Wohnraum waren auch nicht nach meinem Geschmack. Aber besser als gar nichts waren sie allemal. Doch die beiden Schränke waren Kostbarkeiten. Da wollte ich lieber kein Risiko eingehen.
»Na schön«, sagte Laura mit einem Seitenblick auf Danny, »die Schränke kommen auf den Dachboden, der Rest bleibt vorerst stehen.«
Anschließend gingen wir hinunter, um eine Kleinigkeit zu essen. Es war seltsam, aber diese verhängten Möbelstücke hatten mir ein gutes Gefühl gegeben. Ich hätte augenblicklich mit der vierten Szene beginnen können. Jetzt sah ich vor mir, was mir bisher nicht gelungen war: Sandy hat ihren inneren Kampf vor der Haustür ausgefochten. Jetzt betritt sie das Haus, geht langsam durch die unbewohnten Räume. Immer wieder bleibt sie stehen, horcht in die Stille und in sich hinein. Und irgendwo in ihr sind neben den eigenen auch Cheryls Erinnerungen gespeichert, nicht jederzeit zugänglich, aber unterschwellig immer vorhanden. Bei diesem Besuch wird Sandy von einem engen Freund, einem jungen Journalisten, begleitet. Er betritt kurz nach ihr Das Haus auf dem Hügel. Im Roman hatte ich die Handlung in verschiedenen Zeitebenen angelegt. Eine reizvolle Sache. Der Film sollte mit dem Schluß beginnen, dem Tod des Ehepaares, das Sandy lange Jahre für ihre Eltern hielt. In Wirklichkeit war sie die Tochter des Wissenschaftlers, der in eben diesem Haus vor langen Jahren seine Versuche am Erbmaterial von Ratten unternommen, sich dabei versehentlich selbst infiziert und anschließend seine Geliebte geschwängert hatte. Und wie im Roman wollte ich auch im Film die gesamte Vorgeschichte in kleinen Häppchen servieren. Rückblenden und Visionen, die Sandy überfielen, wenn sie durch die unbewohnten Räume schlich, vorbei an tuchverhangenen Möbelstücken und geheimnisvollen Winkeln. Wir aßen den mitgebrachten Imbiß. Laura, mir gegenüber, mit Blick auf die Tür zum Gang, sagte mitten in meine Gedanken hinein:»Ich habe in der Nacht etwas geträumt. Ich hatte es schon wieder vergessen, aber jetzt, wo ich hier sitze und die Dienstbotenkammer direkt vor mir sehe, fällt es mir wieder ein.«
»Hast du etwa von der Kammer geträumt.«
Ich rechnete bereits mit dem Schlimmsten, aber Laura lächelte so zärtlich, fast schon entrückt.
»Auch, aber mehr von unserer Tochter. Sie hatte sich in dem Winkel unter der Treppe versteckt.«
Laura lächelte immer noch.
»Genau so, wie du es als Kind einmal getan hast. Und ich lag in dem Bett, da kam sie dann zu mir, kuschelte sich an mich. Es war ein sonderbares Gefühl, im Traum jedenfalls. So warm und weich.«
Sie schaute zu Danny hin, der ihr aufmerksam zuhörte.
»Du hast nie in meinem Bett geschlafe.«, sagte sie. Danny grinste verlegen.
»Ich hab doch selbst eins.«
»Ja«, sagte Laura und seufzte.
»Andere Kinder haben auch ein eigenes Bett, trotzdem kommen sie nachts manchmal zu ihren Müttern. Manchmal sind sie krank, manchmal fürchten sie sich. Dann suchen sie ein bißchen Trost und gehen zu ihrer Mutter: Du gehst mit allem lieber zu deinem Vater, nicht wahr.«
Danny wurde noch verlegener. Mit dem für ihn so typischen Blick schaute er Laura ins Gesicht.
»Aber wenn ich doch nicht krank war, und fürchten tu ich mich auch nicht.«
Es klang ganz so, als wolle er sich für sein Versagen entschuldigen. Laura seufzte noch einmal, dann sah sie mich an.
»Was würdest du zu einer kleinen Tochter sagen.«
Darüber hatte ich bisher nicht nachgedacht, ebensowenig, wie ich vor Dannys Geburt über das Geschlecht nachgedacht hatte. Bei kleinen Kindern, fand ich, war das nicht so wichtig. Um Laura einen Gefallen zu tun, nickte ich hoffnungsvoll und meinte:»Ich hätte nichts dagegen.«
»Und«, sagte Laura, »es wäre genau die richtige Kombination, großer Bruder, kleine Schwester. Ich wünsche mir schon, daß es ein Mädchen ist.«
Und sie schaute
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