Das Geheimnis der Puppe
getragen hatte, kam Laura mir mit zwei sackähnlichen Gebilden entgegen.
»Das ist nicht schwer«, behauptete sie. Es war Bettzeug, ein Kissen, eine leichte Wolldecke und eine wirklich federleichte, mit einer Art Schaumgummiflocken gefüllte Steppdecke. Laura stellte die beiden Plastiksäcke neben die Tür zur Dienstbotenkammer.
»Jetzt schau nicht so entsetzt, Tom. Es war nicht teuer.«
»Ich schaue nicht entsetzt, und ich habe dich nicht nach dem Preis gefragt.«
»Gut«, sagte sie.
»Ich werde mir das Zimmer herrichten. Mein Arbeitszimmer. Das Bett bleibt stehen, deshalb habe ich die Sachen gekauft. Ich werde es ganz neu beziehen, dann kann ich mich zwischendurch ein wenig ausruhen und muß dafür nicht gleich ins Schlafzimmer.«
Ganz wohl war mir nicht bei der Vorstellung, aber ich tat, als hielte ich es für eine vernünftige Idee, und hoffte nur, daß Laura nicht plante, auch die Nächte in ihrem
»Arbeitszimmer«
zu verbringen. Anschließend ging ich wieder hinauf ins Wohnzimmer. Ab und zu hörte ich Dannys helle Stimme von sehr weit her. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. Das eingespannte Blatt Papier enthielt erst wenige Sätze. Die beiden ersten Versuche lagen auf dem Fußboden. Wie vermittelt man dem Zuschauer das Grauen, das von einer nackten Kellerwand ausgeht? Immer wieder ertappte ich mich beim Lauschen. Da waren die Stimmen der Männer, gedämpft und undeutlich, und sehr gesprächig waren sie nicht. Von Laura hörte ich gar nichts mehr, und auch Danny schwieg jetzt. Kurz vor fünf kam er plötzlich die Kellertreppe hinaufgestürmt. Ich hatte die Tür zur Halle offengelassen, um mich nicht gar so einsam und abgeschnitten zu fühlen. Wieder hörte ich ihn nur sagen:»Sie möchten bitte zu meiner Mama kommen.«
Dann kam Laura selbst in die Halle und gab die Anweisung, den Sekretär aus Steiners Arbeitszimmer in die Dienstbotenkammer zu schaffen. Ich hörte das knappe »wird gemacht«
und wurde wütend, entsetzlich wütend. Was fiel ihr denn ein? Die Möbel gehörten uns nicht. Ich hatte nichts einzuwenden gegen die Ledersessel und die Couch im Wohnzimmer. Auch der schwere Tisch konnte von mir aus stehenbleiben. Aber die Schränke aus Kirschbaumholz und der Sekretär, das waren Kostbarkeiten. Wie leicht war da etwas zerkratzt. Wir waren uns doch darüber einig gewesen, was damit geschehen sollte. Sie sollten längst auf dem Dachboden stehen. Ich ärgerte mich, weil das nicht sofort getan worden war. Das würden sie gleich am Montag erledigen, die Möbel hinaufschaffen, den Sekretär zuerst. Vor den Männern wollte ich keine Szene machen, also hielt ich mich zurück, ließ sie Lauras Auftrag erledigen. Saß einfach da, wartete und lauschte. Sie brauchten nicht lange, waren schon wieder auf dem Weg nach oben, als Laura noch etwas einfiel. Ich hörte sie durch das ganze Haus rufen:»Sie haben doch Werkzeug dabei. Ich brauche etwas, womit man ein Schloß knacken kann.«
Allein die Vorstellung verursachte mir eine Gänsehaut. Es war ganz so wie damals. Ein kleiner Junge, dessen Phantasie zu sehr ins Kraut schießt. Jetzt war der kleine Junge halbwegs erwachsen und versuchte, seinem Verstand ein paar logische Argumente abzulocken. Und logische Argumente fand ich rasch. Wer auch immer die Klappe verschlossen hatte, er hatte wohl seine Gründe gehabt. Hatte uns deutlich machen wollen, daß es hier Ecken und Winkel gab, die uns nichts angingen. Vielleicht hatten die Steiners wichtige Unterlagen dort eingeräumt, um sie irgendwann später abzuholen. Zuerst saß ich noch still, horchte nur auf die Schritte, treppab, durch die Halle, dann die Kellertreppe hinunter. Ich hielt es nicht länger am Schreibtisch aus. Doch als ich im Keller ankam, war es bereits zu spät. Laura, Danny und Heinz standen vor dem Mauerstück. Heinz hielt einen Bolzenschneider in der einen Hand und war gerade dabei, mit der freien Hand das Vorhängeschloß vom Riegel zu entfernen. Laura wirkte sehr zufrieden.
»So, das war schon alles. Vielen Dank.«
Heinz griff nach dem schweren Riegel. Doch so einfach ließ der sich nicht zur Seite schieben. Zwei leichte Schläge mit dem Bolzenschneider halfen nach. Jetzt strahlte Laura förmlich. Beinahe sanft zog sie die Eisenklappe von der Wand ab. Ihr Gesicht nahm einen zärtlich wehmütigen Ausdruck an. Dann runzelte sie voller Protest die Stirn und starrte mit zusammengekniffenen Augen in den finsteren Winkel. Gleich hinter der Klappe lag einer von den großen, blauen
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