Das Geheimnis der Puppe
meinem Bett, irgendwie verlegen.
»Stehst du jetzt auf, Papa? Machst du Frühstück.«
Er blieb bei mir, als ich ins Bad ging. Sonst führte ihn sein erster Weg immer hinunter zu Laura.
»Schläft Mama noch.« fragte ich. Danny nickte kurz. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, war er mit Lauras Schlaf absolut nicht einverstanden.
»Warum hast du sie nicht geweckt?« fragte ich.
»Geh runter, und sag ihr, es ist Zeit zum Aufstehen.«
Danny schüttelte den Kopf, und nach ein paar Sekunden erklärte er mißmutig:»Das komische Kind liegt bei Mama im Bett.«
Es war soviel Unbehagen in seiner Stimme, daß ich mich lächelnd erkundigte:»Magst du das Kind nicht.«
»Es guckt so doo.«, maulte Danny. Während ich mich rasierte, setzte er mehrfach an, mir noch etwas zu erklären. Schließlich fragte er zögernd:»Mag Mama jetzt das Kind lieber, weil es in ihrem Bett schläft.«
Da lag also das Problem. Er erinnerte sich an Lauras vorwurfsvollen Hinweis und sorgte sich um seine Position. Ich beruhigte ihn und ging mit ihm hinunter. Die Tür zu Lauras Zimmer war geschlossen. Danny ging gleich in die Küche und setzte sich demonstrativ an den Tisch. Ich öffnete die Tür einen Spalt und warf einen Blick auf das Bett. Es war ein so friedliches Bild. Laura lag mit leicht angezogenen Beinen auf der Seite und schlief. Mit ihrem linken Arm hielt sie den kleinen Körper, den rechten hatte sie über die Brust des Kindes gelegt. Ihr Kinn lag auf den dunklen Haaren. Das Kind war wach und schaute ängstlich zur Tür, drückte sich enger an Laura, drehte sein Gesicht zur Seite und verbarg es zwischen Lauras Brust und dem Halsansatz. Ich zog die Tür behutsam wieder ins Schloß und ging zu Danny in die Küche.
»Ist es noch da?« wollte er wissen. Ich nickte und machte mich daran, den Tisch zu decken.
»Behalten wir das jetzt.«
erkundigte Danny sich mit gelindem Mißtrauen. Ich stellte nach kurzem Überlegen ein viertes Gedeck hin und erklärte gleichzeitig:»Wir können es nicht behalten. Es gehört uns ja nicht. Seine Eltern werden nach ihm suchen, wenn es nicht heimkommt.«
Von dieser Auskunft sichtlich erleichtert, rutschte Danny vom Stuhl und half mir, den Kühlschrank auszuräumen. Wurst, Käse, Butter, alles, was er erreichen konnte, trug er zum Tisch, sortierte das Besteck neben den Gedecken.
»Soll ich sie jetzt aufwecken, Papa.«
Als ich nickte, lief er in den Gang. Er klopfte sogar an, bevor er eintrat. Ich hörte Lauras verschlafene Stimme.
»Es ist ja gut, Püppchen. Du mußt keine Angst mehr haben. Das ist Danny. Niemand hier tut dir etwas.«
Danny kam zurück, setzte sich wieder an den Tisch.
»Wir sollen schon anfangen, sie waschen sich erst noch.«
Eine Viertelstunde später kam Laura in die Küche. Das Kind trug sie auf dem Arm, sein Haar war noch feucht.
»Na?«, fragte Laura beifallheischend, »was sagst du nun.«
Aber etwas sagen konnte ich im ersten Augenblick nicht. Das helle Kleid und die weißen Söckchen verstärkten die Blässe des Kindes noch. Beide Arme hatte es um Lauras Hals gelegt, dünne Ärmchen, dünne Beinchen, hinzu kam der angstvolle Ausdruck, mit dem es erst Danny, dann mich betrachtete. Laura setzte das Kind auf einen Stuhl, bedankte sich bei mir mit einem Lächeln für das vierte Gedeck.
»So, meine Süße«, erklärte Laura, »jetzt werden wir erst einmal frühstücken.«
Sie war so ausgeglichen, so gelöst, fast schon heiter. Und das wirkte nicht gestellt oder erzwungen. Ganz offensichtlich lenkte dieses Kind sie von allem anderen ab. Danny trank zum Frühstück immer Milch. Laura füllte die Tassen der beiden Kinder, bestrich eine Scheibe Weißbrot mit Butter, zeigte über den Tisch.
»Was möchtest du essen? Wurst oder Käse oder Marmelade?«
Keine Antwort, das Kind folgte zwar mit dem Blick Lauras Finger, doch anschließend schaute es ihr nur ausdruckslos ins Gesicht. Laura zuckte mit den Achseln, lächelte zärtlich.
»Versuchen wir es zuerst einmal mit gekochtem Schinken.«
Sie belegte die Brotscheibe, schnitt sie in mundgerechte Stücke und schob den Teller vor das Kind. Dann schaute sie mich an.
»Stell dir vor, sie trug noch Windeln. Aber die waren trocken. Ich habe ihr keine mehr angezogen.«
Das Kind saß reglos da, betrachtete abwechselnd die Brotstücke auf seinem Teller und Lauras Gesicht. Laura nickte ihm aufmunternd zu.
»Nun iß auch schön.«
Keine Reaktion. Laura nahm eines der Stücke, schob es sich in den Mund, kaute darauf herum und
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