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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Klausen
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nicht mehr ziellos vor, sondern der Weg öffnete sich ihrem inneren Auge.
    Während sie frühstückten, berichtete ihr Hafis, er habe in der Zwischenzeit die schnellste Route nach Kairo ermittelt und alles, was sie zur Reise benötigen würden, besorgt. Nach dem Frühstück könnten sie aufbrechen, es sei denn, Maria würde sich gern die Ruinen des von dem Rabbiner so eindrucksvoll beschriebenen arabischen Jerusalems anschauen.
    »Meinst du wirklich, dass er Recht hat?«, fragte sie ihn mit großen Augen.
    Hafis zuckte mit den Schultern. Wenn sie nicht eingeschlafen wäre, wüsste sie es vielleicht, doch seine feh lenden Hebräischkenntnisse erlaubten ihm nicht, ein Ur teil zu fällen.
    »Wem schadet sein Glaube?«, meinte Hafis. »Ihr glaubt daran, dass sich eure Frühgeschichte in Palästina abgespielt hat, für euch ist Jerusalem immer in Palästina gewesen und wird auch immer dort bleiben, also war es und ist es auch dort. Die Welt ist auch ohne diese Streitfrage schon verworren genug.«
    »Du übersiehst, dass es für mich um Christian geht, der sich vermutlich bei den Weisen um Damcar aufhält!«, protestierte sie, ein wenig verärgert über seine Gleichgültigkeit. »Was wäre denn, wenn ich behaupten würde, dass Mekka eigentlich auf Zypern liegt?«
    »Wenn es dich befriedigt, dann tue es. Niemand weiß, wann die Juden nach Südarabien kamen und wie die Königreiche entstanden sind. Es ist doch genauso gut möglich, dass die Weisen in den Jemen flohen, als Nebukadnezar die jüdische Oberschicht nach Babylon verschleppt hat. Und vielleicht blieben sie nicht die einzigen Flüchtlinge. Die anderen haben dann ihre Städte wie Jerusalem hier in Südwestarabien neu gegründet. Diese Erklärung würde der Beweisführung deines Rabbiners nicht widersprechen. Wichtig für uns ist nur zweierlei.«
    Sie sah ihn mit großen, spöttischen Augen an. »Da bin ich aber gespannt.«
    »Erstens stammen die Weisen von Damcar vom König Salomo ab, der ihnen das geheime Wissen der Welt anvertraut hat, und bilden den Orden Salomonis. Und zweitens müssen wir dringend nach Kairo, weil sich der Orden dorthin zurückgezogen hat.«
    Dem konnte und wollte sie nicht widersprechen. Ein wenig ärgerte sie sich jetzt darüber, dass sie eingeschlafen war und dem Rabbiner nicht konzentriert zugehört hatte. Aber ihr Körper hatte die Ruhe gebraucht, und auch ihre Seele. Wäre sie sonst wie neugeboren erwacht?
    »Ich hoffe, dass du deinen Glauben wiederfindest«, sagte der Rabbiner ihr zum Abschied. Er konnte nicht wissen, dass Maria längst nicht mehr das in der Welt herumirrende Mädchen war, als das sie gestern zu ihm gekommen war, sondern dass sie in der Nacht einen großen Schritt in ihrer Verwandlung vorangekommen war.
    Zwei Tage später hatten sie das Gebirge durchquert, den schmalen Küstenstreifen und schließlich die Hafenstadt Qundfudha erreicht, die am Roten Meer gegenüber von Mittelägypten lag. In Qundfudha nahm sie ein koptischer Kapitän an Bord, der sie in die ägyptische Hafenstadt Al-Qusayr zu bringen versprach, von der sie weiter nach Luxor reisen wollten, um auf dem Nil nach Kairo zu gelangen.
    Vor ihr lag bereits ihre dritte Seereise in diesem Jahr. »Vielleicht besteht meine Bestimmung ja auch darin, Seemann zu werden«, spottete sie. Die Nächte, die wie aus Seide gewebt schienen, mit ihrem Sternenlicht und dem heißen Wind, der aus der afrikanischen Wüste übers Meer blies, verbrachte sie an Bord. Mit Hafis zusammen. Am liebsten gewann sie aber die Dämmerung, in der er Atemübungen mit ihr machte, die das Ziel hatten, den Kopf von Gedanken zu befreien und Atem und Puls der bewussten Kontrolle zu unterwerfen. Den ersten Zustand des Menschen, nafs-i-ammara , der keine Kontrolle über sich selbst besaß und sich deshalb permanent über sich selbst im Irrtum befand, hatte sie längst überwunden, ebenso den zweiten Zustand, nafs-i-lawwama , eines Menschen, dessen Selbstbewusstsein bereits erwacht war und der die Welt anklagt. Hafis stellte fest, dass sich Maria schon auf der Stufe des dritten Menschen, nafs-i-mulhama, befand, des inspirierten Menschen. Ab dieser Stufe setzte das wahre Geistige ein. Sie war mithin in der Lage, sich und die Welt von außen zu betrachten, aus der Perspektive eines Menschen, der verstanden hatte, dass die Wirklichkeit nur ein Gaukelspiel des Teufels darstellte, um die Menschen von ihrem wahren Dasein abzuhalten und von dem Weg, der ihnen bestimmt war, abzubringen. Mittels Atemübungen,

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