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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Klausen
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hochbetagt stirbt, wird ein junger Mann in den Orden eingeführt, der seinen Platz übernimmt. So halten sie es seit zweitausend Jahren, und so bleibt die Anzahl der Wächter, zwölf Brüder und ein Prior, immer konstant.«
    Plötzlich kam Maria ein schrecklicher Verdacht. »Christian?!«, entfuhr es ihr vor Schreck. »Wurde Christian etwa in den Orden aufgenommen?«
    Der Alte wiegte nachdenklich den Kopf. »Möglich, wer weiß das schon. Ich bin ein einfacher Rabbiner. Mit mir beraten sich die Weisen nicht. Ich weiß nur, dass sie nach Kairo weitergezogen sind.«
    »Dann auf nach Kairo!«, rief sie, doch Hafis legte beruhigend seine Hand auf ihren Unterarm.
    »Erst wenn wir geschlafen und die Reiseroute bestimmt haben!«
    Bei aller Aufregung, die sie erfasst hatte, spürte sie doch die Müdigkeit in ihren Knochen und musste ihm zu ihrem Bedauern zustimmen. »Ein Tag mehr oder weniger wird auch nichts ändern.«

Kapitel 26
    M aria erwachte am frühen Morgen. Wohlig reckte und streckte sie sich, bevor sie aufstand und ihr Gesicht mit dem klaren, kühlen Wasser benetzte, das in einer irdenen Schale auf einem kleinen Holztisch stand. Ihre Haut sog das Wasser förmlich auf. Ihr war, als wäre dies der Morgen aller Morgen. Sie fühlte sich frisch und kräftig. Es war mehr als nur ein Gefühl und auch nicht mit der Euphorie über ihre zurückkehrenden Kräfte zu erklären, die sie keinerlei Zweifel daran hegen ließen, ihren Bruder wiederzufinden. Mochte der Weg auch noch so weit und die Gefahren mannigfaltig sein. Sehnsüchtig streckte sie den rechten Arm nach vorn und drehte ihn plötzlich, als ob sie ein Schwert führte. Es war, als ob ein Tanz, eine Abfolge von unerklärlichen Bewegungen von ihr Besitz ergriff und sie immer tiefer in ihren Rhythmus aufnahm. In einer Mischung aus Staunen und Lust drehte sie sich wie ein Schwertkämpfer und führte dabei graziös die imaginäre Waffe, als tanze sie eine blutfordernde Meditation, die eines Tages ihr Ziel im Herzen des Feindes finden würde. War etwa auch sie wie ihr Bruder auserwählt? Von den Weisen?
    Darauf würde es hinauslaufen, dachte sie mit jener Si cherheit, wie nur starke Visionen sie vermitteln, und fand sich einig mit dem ihr zugedachten Schicksal. Und während sie die vorgestellte Waffe mit einer leichten Ver beugung in ihre unsichtbare Scheide steckte, durchfloss eine nie zuvor erfahrene Ruhe ihre Adern. Jegliche Anspannung löste sich. Nun war sie eins mit sich. Sie hätte jauchzen und jubeln können vor Freude. Diese Kraftanstrengung erschien ihr jedoch ebenso überflüssig wie unpassend, denn die Zufriedenheit, die sie nun erfüllte, war weit intensiver, als alle Freudensprünge und alle Freudenlaute es jemals hätten sein können. Sie sah die Welt mit neuen Augen, mit den Augen eines Menschen, der seine Aufgabe erkannt hat.
    Als sie in den Innenhof kam, stand die Sonne in der gleichen Höhe wie zu dem Zeitpunkt, als sie eingeschlafen war, als wäre keine Zeit vergangen, seitdem der alte Rabbiner zu ihr gesprochen hatte. War die Sonne einfach stehen geblieben? So wie es in der Bibel bei Josua hieß: Sonne, steh still zu Gibeon, und Mond, im Tal Ajalon! Da stand die Sonne still, und der Mond blieb stehen, bis sich das Volk an seinen Feinden gerächt hatte. Ist dies nicht geschrieben im Buch des Redlichen? So blieb die Sonne stehen mitten am Himmel und beeilte sich nicht unterzugehen fast einen ganzen Tag.
    »Du hast vierundzwanzig Stunden durchgeschlafen.«
    Sie drehte sich um und sah einen strahlenden Hafis vor sich. Ihre einzige Erklärung für seine Reaktion bestand darin, dass er die Veränderung, die mit ihr vorgegangen war, erkannt haben musste.
    »Ich will den Schwertkampf lernen. Kannst du es mir beibringen?«
    »Nein. Dichten, ja. Meditieren, ja. Die ersten fünf Stufen auf dem Weg zu Gott, oder wie wir sagen, die ers ten fünf Menschen oder besser fünf nafs , was Atem bedeutet, ja. Aber Fechten, nein.«
    »Atem?«
    »Gott hat dem Lehmklumpen, der der Mensch war, seinen göttlichen Odem eingehaucht und ihm damit das Leben geschenkt.«
    Sie nickte zum Zeichen ihres Verständnisses. »Dann unterweise mich in dem, was du mich lehren kannst, und ich will es zufrieden sein.«
    Vielleicht begann ja das Kämpfen mit der Art des Atmens, die Luftströme zu führen, wie man die Waffe führt. Leben war Kampf. Und Gottes Hauch schenkte den Menschen das Leben und mithin auch den Kampf. Fester Grund wuchs unter ihren Füßen, ihre Suche kam ihr auf einmal

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