Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Tochter des Bösen. Du hast es mit eigenen Augen gesehen, was sie aus rechtschaffenen Männern macht.«
Maurus Augen weiteten sich.
»Soll das heißen, das warst du, ich meine in Villers?«
»Villers war ein Hort des Bösen, der Unzucht und der Anbetung eines gar dämonischen Schriftstücks. Die Brüder von Villers waren Gottes Gnade nicht würdig, waren heuchlerisch wie die schlimmsten Ketzer, Juden, Muselmanen, Protestanten! Höre, mein Bruder!
Der Herr sprach: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.
Diese Sünder vor den Augen des Herrn hatten es nicht anders verdient. Darum kehre um, Maurus, ehe es zu spät ist! Sonst wirst auch du im ewigen Feuer der Hölle brennen!«
»Ich kann nicht glauben, was du da sagst. Balduin, du hast getötet!«
»Nicht getötet, Bruder, sondern den Willen Gottes vollstreckt. Maurus, du bist ein gelehrter Mann. Solche wie dich findet man nur selten und sie werden dringend gebraucht, du wirst gebraucht!«
»Wer sollte das schon sein?« Maurus klang verbittert, enttäuscht.
»Gott will es, wir wollen es!«
»Wer ist Wir? «
»Das sind die Männer und Frauen, die hinter der Rosenkranzbruderschaft stehen, die bereit sind, alles zu geben, um unsere Heilige Mutter Kirche und den Heiligen Vater zu schützen.«
»Namen, nenne mir Namen, Balduin!«
»Niemand kennt ihre Namen. Ihre Treffen sind geheim. Sie tragen Kapuzen über dem Gesicht bei ihren Treffen und nur wenige sind ausgewählt, ihnen dienen zu dürfen. Du könntest einer davon sein. Bedenke! Der Rosenkranz ist ein mächtiger Schild gegen den höllischen Feind; er vernichtet das Laster, verhindert die Sünde und rottet die Irrlehre aus.«
»Ich werde es mir überlegen«, antwortete Maurus mit tiefer Traurigkeit in seiner Stimme.
»Ja, überlege es dir. Aber nicht zu lange.«
Balduin schlug Maurus mit der Hand auf die Schulter, so dass er merklich zusammenschrak. Maurus hörte, wie sich Balduins Schritte entfernten. Maurus blickte wieder zum Altar und murmelte ein Ave Maria vor sich hin. Doch er war sich nicht sicher, zu wem er betete.
Nachdem Balduin vor die Kathedrale getreten war, streifte er die Kapuze seiner Capa, ein Gewand mit offenen Halbärmeln, über den Kopf, da ihm der Wind Graupel und Hagel ins Gesicht peitschte. Das Böse ist allgegenwärtig, dachte er nach einem prüfenden Blick zum Himmel und ging nach links um die Kirche herum. Zwei Gestalten lösten sich aus dem Schatten des Gotteshauses und kamen auf den Jesuiten zu.
»Es ist ein Mann im Talar, ein Jesuit. Ihr wisst, was zu tun ist«, gab er Anweisung. Die Männer nickten und verschwanden wieder im Schatten der Kirche.
Schritte näherten sich. Maurus glaubte, Balduin käme zurück. Noch immer war ihm dessen Drohung im Bewusstsein. Er drehte sich um, doch es war Arjen Braafheid, der Kaplan.
»Habt Ihr gefunden, was Ihr suchtet?«, wollte er freundlich wissen.
»Ja, mehr als das!«, resümierte Maurus.
»Es freut mich, Euch geholfen zu haben. Ich muss jetzt die Kirche schließen. Kommt Ihr?« Der Kaplan machte eine einladende Handbewegung. Maurus verzog den Mund zu einem kurzen Lächeln und folgte dem Priester. Als sie das Hauptportal öffneten, schlug ihnen eisiger Wind entgegen.
»Man könnte glauben, der Winter steht vor der Tür«, kommentierte Maurus den Sturmwind.
»Graupel und Hagel im Sommer. Man könnte glauben, der Teufel hat hier seine Hand im Spiel. Ihr habt ja keine Kapuze, Jesuit. Hier, nehmt mein Birett. Es wird Euch schützen.«
»Nein, das geht nicht. Ich bin kein Priester«, wies Maurus das Angebot ab.
»Aber Unsinn, ich bestehe darauf. Ihr holt Euch sonst bei diesem Wetter den Tod. Ihr könnt es mir morgen ja wieder zurückbringen.«
Maurus zögerte noch einen Moment, doch der junge Kaplan ließ sich nicht abweisen.
»Danke, ich werde ihn morgen ganz bestimmt zurückbringen. Gute Nacht und gelobt sei Jesus Christus.«
Maurus setzte das Birett auf und eilte quer über den vor ihm liegenden Marktplatz, dem Gasthaus entgegen, wo er sich ein Zimmer genommen hatte. Arjen Braafheid schloss die Kathedrale und ging, die Kapuze seiner Capa über dem Kopf, nach links um die Kirche herum.
»Das ist er«, flüsterte einer der beiden Gestalten im Schatten des Gotteshauses.
»Ja, das muss er
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