Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
sehen. Bei dem Versuch, sich in den kaiserlichen Palast zu schleichen, wurde er von Rittern des Deutschen Ordens aufgegriffen. Erst verprügelten sie ihn, dann folterte man den Knaben. Als man ihn schließlich von den Zinnen der Burg stürzen wollte, damit sein Tod wie ein Unfall aussah, geschah das Unfassbare. Ein anderer Ritter stellte sich den Männern mit dem schwarzen Kreuz auf der Brust in den Weg. Es kam zu einer Auseinandersetzung. Ein heftiger Kampf entbrannte unter den Männern, in dessen Verlauf der fremde Ritter drei seiner vier Gegner tötete. Der vierte ergriff wie ein räudiger Hund die Flucht.
Der Fremde trug die Zeichen der Templer und brachte Haidar Ibn Aschraf zurück zu seinem Vater.
Aschraf war überglücklich über die Rettung seines Kindes. Aus Dankbarkeit prägte er für den Fremden, der sich ihm als Wilfred vun de Lynde vorstellte, einen ganzen Beutel voll besonderer Münzen. Sie zeigen auf der einen Seite das Templersymbol, auf der anderen sein eigenes Wappenzeichen, ein Lindenblatt. Jene Münze, die Ihr als Eigentum Eures Urahns bezeichnet, ist eine dieser Münzen, die Aschraf al Mazar aus Dankbarkeit für die Rettung seines Sohnes dem Templer schenkte. Ihr könnt es an den feinen Einkerbungen am Münzrand erkennen, das Prägezeichen meines Urahns.
Der Fremde wurde nie vergessen, hatte er doch für den Erhalt meiner Familie gesorgt. Man nannte ihn den großen Ehrenmann – Uah daeouah leh rajoul atheem EL scharraf! Haidar sprach fortan von meinem Bruder – Achi , wenn er von seinem Retter erzählte.«
Al Mazar rief den Mann in den Pluderhosen zu sich, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der verschwand hinter der Kajütentür und kehrte kurze Zeit später mit einer Schatulle unter dem Arm zurück. Der Alte öffnete das Kästchen und holte einige Münzen heraus, die Matthias’ Münze wie ein Ei dem anderen glichen.
Fassungslos sah Matthias seinen Gastgeber an, der sich jetzt erhob und ihm bedeutete, sich ebenfalls zu erheben.
» Allahu akbar – Gott ist mächtig!«, rief er aus und umarmte Matthias. »Nie hätte ich gedacht, dass mir Allah diese Gnade erweisen würde, eines Tages diese Geschichte als wahr beweisen zu können. Es ist wohl Gottes Wille, der unsere Wege sich hat kreuzen lassen. Gott wollte, dass wir uns begegnen.«
»Dann stammt Ihr also aus einer adeligen Familie, Commissarius?!«, meinte Pater Theophil später. »Meinen Glückwunsch. Es sollte doch möglich sein, dass Ihr diesen Titel wieder führen dürft. Ich werde mich für Euch einsetzen.«
»Ich weiß nicht, ob ich darauf so erpicht bin. Viel wichtiger ist, dass wir nach Malta kommen. Fragt doch bitte al Mazar nochmals, ob er uns dorthin bringen kann.«
»Wie Ihr wünscht. Auch mir wäre daran gelegen, bald wieder unter Menschen zu weilen.«
Matthias entgegnete nichts darauf. Theophils Abneigung gegenüber den Arabern war kaum zu übersehen. Hoffentlich sahen ihre Retter darüber hinweg.
»Natürlich bringe ich Euch gern nach Malta, mein Freund. Das ist das Wenigste, was ich für Euch tun kann. Früher hatte unsere Familie Handel mit den Maltesern geführt, doch seit wir unter osmanischer Herrschaft stehen, haben die Malteserritter wenig Freude am Handel mit uns. Dennoch, wir sind ein Handelsschiff und werden wohl willkommen sein«, stimmte al Mazar Matthias’ Bitte zu. »Vielleicht kann ich einige alte Handelsbeziehungen wieder aufleben lassen. Ich werde Nuri bitten, den Kurs zu setzen.«
Bis die Nacht hereinbrach, musste Matthias seinem Retter Sulaiman Ibn Abbas al Mazar Geschichten aus seinem Leben erzählen. Matthias war es im Grunde unangenehm, wollte er doch nicht vor Pater Theophil sein ganzes Leben ausbreiten. Dennoch wollt er nicht unhöflich sein. So erzählte er von seiner Kindheit, dass er im Cöllnischen Krieg seine Eltern verloren hatte und bei Benediktinermönchen in Siegburg aufwuchs. Er berichtete von seinem Studium der Rechte und von seiner Arbeit am churfürstlichen Hofe zu Bonn als Commissarius in criminellen Angelegenheiten und dass er für Churfürst Ferdinand von Wittelsbach stets besonders wichtige und manches Mal delikate Aufträge zu erledigen hatte. So habe ihn sein Weg nach Rom geführt, wo ihn Papst Urban VIII. bat, den Tod des Malers Caravaggio noch einmal zu untersuchen und nach einigen verschollenen Werken zu fahnden.
Die Nacht war ruhig und sternenklar, nur das leise Rauschen des Meeres war zu hören und das Brechen der sanften Wogen am Kiel des Schiffes. Matthias konnte nicht
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