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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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gute Idee war, wenn drei Frauen – eine launische Schwangere, eine Ehefrau mit gebrochenem Herzen und eine Salzbäuerin, die zur Hälfte frittiert war – auf so engem Raum zusammenhockten, vor allem, wenn an all dem ein und derselbe Mann schuld war.
    Aber da lag Dee schon wieder falsch. Claire hatte es gar nicht auf sie abgesehen. Sie wollte ihr nur helfen. »Du brauchst jetzt Beistand«, verkündete sie, trat nah an Dee heran und umschloss ihr Handgelenk mit ihren weißen Fingern dort, wo der Puls pochte, genau wie Whit. Claire zog Dee aus der Scheune und die staubige Straße entlang. »Und ich weiß genau, wo du den finden kannst.«
    Einen panischen Moment lang befürchtete Dee, dass Claire sie in die Dünen schleppen wollte, um sie sich dort mal richtig vorzuknöpfen, dann stellte sie aber erleichtert fest, dass sie nur auf dem Weg nach St. Agnes waren. Die letzten Besucher des Ostergottesdienstes waren inzwischen aufgebrochen, und Pater Ethan Stone trat gerade aus der Sakristeitür. Er wurde rot, als er Claire entdeckte, wandte den Blick aber auch nicht ab, wie Dee bemerkte. Claire wurde in seiner Gegenwart hibbelig wie ein Grashüpfer, und das war auch nicht viel besser. Ethan blinzelte.
    »Hallo«, sagte er und griff sich an den Priesterkragen, so als wollte er sie – oder vielleicht auch sich selbst – an sein Gelübde erinnern. Claire hingegen hielt sich so gar nicht zurück, reckte den Hals, zog an ihrem Zopf und biss sich auf die Unterlippe.
    »Frohe Ostern!«, wünschte sie ihm. Plötzlich schien Dee keine erwachsene Frau mehr vor sich zu haben, sondern eher ein Mädchen in ihrem Alter. Ganz anders die Muttergottes, die hinter Claire in einem kleinen Sonnenfleck aufleuchtete und alle Geheimnisse für sich selbst behielt.
    »Oh.« Dee erschrak selbst angesichts ihrer Worte, als es ihr endlich dämmerte. »Sie haben mich zur Jungfrau gebracht.«
    Claire starrte sie an. »Was dachtest du denn?« Dee antwortete nicht, aber Pater Stone lächelte, und Claire zog die Augenbrauen hoch.
    Er ist schließlich nicht als Priester zur Welt gekommen, sagte sich Dee. Und wenn Claire so weitermacht, dann bleibt er auch nicht mehr lange einer. Womit er der Damenwelt in Dees Augen durchaus einen Gefallen tun würde. So ein toller Mann sollte nicht hinter den Mauern einer muffigen alten Kirche versauern, fand sie. Claire legte Dee die Hand auf die Schulter und schob sie an Pater Stone vorbei ins Innere des Gotteshauses. Dee sah ihn an und zog die Augenbrauen hoch, so wie Claire zuvor.
    »Das ist Frauensache, Ethan«, rief Claire über ihre Schulter zurück. »Wir bräuchten die Kirche mal einen Moment für uns, wenn dir das recht ist.« Und Himmel, der gute Mann hastete aus dem Gotteshaus, als könnte er gar nicht schnell genug verschwinden. Seine Antwort konnte Dee nicht verstehen, vermutlich zu ihrem Besten, wenn seine Worte so heiß waren wie sein Blick.
    Im Inneren der Kirche blieb sie stehen, ganz überwältigt von dem Licht, in das die Muttergottes getaucht war, und von den seltsamen Details des Bildnisses: den grauen Angelhaken am Saum ihres Kleides und dem offenen Auge auf ihrer Handfläche.
    Dee folgte Claire den winzigen Mittelgang entlang. Sie steckte in Schwierigkeiten und brauchte jemanden an ihrer Seite, und vielleicht war Unsere Liebe Frau da genau die Richtige, denn sie erfüllte gewissermaßen alle Anforderungen: Sie war heilig und menschlich zugleich. Dee hatte noch nie groß darüber nachgedacht, aber eigentlich hatte sich ja auch die Heilige Familie mit ziemlich weltlichen Problemen herumgeschlagen – eine unerklärliche Schwangerschaft, ein rebellischer Sohn mit komischen Freunden –, das kam ihr alles ziemlich bekannt vor. Sie musste an ihre eigene Situation denken und dankte den Sternen dafür, dass bei ihr wenigstens alles vorbei sein würde, wenn sie einst starb und vor den Richter trat. Der arme Jesus hingegen musste die Auferstehung über sich ergehen lassen, bei dem waren die Probleme nie zu Ende. Eines Tages würde er zurückkehren müssen, um die Lebenden und die Toten zu richten, aber bis dahin war es hoffentlich noch lange hin.
    Claire bekreuzigte sich, trat in eine Bank und blieb dort stehen. Nach kurzem Zögern tat Dee es ihr nach. Lange blickten sie so schweigend auf den Altar, wie Reisende auf einem gefährlichen Bergpfad, die nur ungern den Blick von den Windungen und Kurven zu ihren Füßen abwenden wollten. Das war ja noch schlimmer, als zur Messe zu gehen. Endlich räusperte sich

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