Das Geheimnis der Salzschwestern
bestanden, bei der Untersuchung dabei zu sein. Sie hatte die Hebamme augenblicklich beruhigt: »Sie wird während der Geburt und danach immer jemanden an ihrer Seite haben.« Dann hatte sie Dee die Hand gedrückt. »Nicht wahr, Dee?«
Dee hatte ihr Lächeln nicht erwidert. Sie durfte sich wieder in ihre Schwangerschaftshose zwängen, und Claire fachsimpelte in der Zwischenzeit mit den Hebammen über Schmerzmittel während der Geburt.
»Selbstverständlich liegt die Entscheidung ganz bei Dee«, verkündete Claire und legte ihr die Hand aufs Knie, als sie sich endlich wieder angezogen hatte, »aber meine Schwester und ich wünschen uns natürlich, dass für sie alles so angenehm wie möglich verläuft.«
Meine Schwester und ich . Es war, als hätte sie zwei überfürsorgliche gute Feen als Leibwächter. Dee wusste ja, dass sie die besten Absichten hatte, und sie wollte die beiden auch nicht vor den Kopf stoßen. Mit Cutt zusammenzuleben hatte ihr gezeigt, dass die Laune eines Menschen gerinnen konnte wie Sahne in Essig. Und da sie jetzt wusste, wie nett Claire und Jo sein konnten, wollte sie sie auf keinen Fall reizen. Wenn die unbedingt neben ihr ausharren wollten, während sie schwitzte, stöhnte und presste, dann war ihr diese Gesellschaft mehr als willkommen. Sie würde nachher noch genug Zeit haben, alles zu organisieren – sich zum Beispiel zu überlegen, wie sie sich mit Whit in Verbindung setzen konnte.
Sicher würde er das Baby sehen wollen, wenn es erst einmal da war, und wenn er sie dann vor sich hatte, wenn er sie mit seinem Kind im Arm erblicken würde, dann würde er sie doch sicher wieder zurückwollen, so wie ganz am Anfang, oder? Sie hoffte es so sehr. Außerdem war dieser Mann doch bekennender Katholik. War er nicht quasi darauf gepolt, Mütter mit Kindern im Arm zu verehren? Andererseits waren diese Mütter in der Bibel aber keine abservierten Flittchen, die zusammen mit abservierten Ehefrauen auf dem Land lebten, das ihr Liebhaber unbedingt kaufen wollte.
Sie trommelte mit den Fingern auf dem Küchentisch und warf Claire einen weiteren Blick zu. Die hatte sich noch immer nicht gerührt, schaute nun aber mit sanftem Blick, gerundeten Wangen und leicht geöffnetem Mund ins Leere. Sah sie gerade etwa zufrieden aus, fragte sich Dee. Bevor sie es sicher hätte sagen können, wischte sich Claire den Ausdruck vom Gesicht und nahm wieder ihre übliche finstere Miene an. Dee seufzte. Claire machte es ihr schwer, ihre Laune einzuschätzen, und aus irgendeinem Grund ärgerte das Dee. Sie deutete mit dem Kinn auf die Reitsachen. »Und … haben Sie alles gekriegt, was Sie wollten?«
Claire kaute an einem Fingernagel herum. Ihre Miene wurde noch finsterer. »Nein.«
»Oh, wie schade.« Dee wusste nicht, warum, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie hier nicht über dasselbe sprachen. »Also hat sich der Besuch gar nicht gelohnt?«
Claire blinzelte sie an, und wieder lichtete sich der Nebel langsam vor ihr. »Was? Oh, du meinst meinen Ausflug zum Turner-Haus.«
»Wo waren Sie denn sonst noch?« Aber Claire stand nur auf und ging zur Arbeitsplatte hinüber. Sie fuhr sich durch das bereits ziemlich zerzauste Haar. Dann griff sie nach dem Handmixer und einer riesigen Emailleschüssel.
»Ich hab noch vier Stunden Zeit, bevor ich nachher die Becken auskratzen muss. Was meinst du? Zitronenbaiser? Und zum Abendessen vielleicht ein Backhähnchen?« Der Tag wurde furchtbar heiß, und Dee war schon beim Gedanken an etwas zu essen schlecht, aber sie zwang sich zu einem Lächeln und nickte.
Sie türmte ihre eigenen strähnigen Haare auf dem Kopf auf und wünschte, sie würde sich trauen, sie einfach abzuschneiden, aber das war nicht ihr Stil. Das war etwas, das ihr nicht lag, im Leben einen sauberen Schnitt zu machen. Sie ließ die Haare wieder los und blies sich auf die Handgelenke. »Das ist bestimmt richtiges Salzwetter, oder? Heiß, stickig und windstill.«
Claire hielt inne, und das Ei, das sie gerade in die Schüssel schlagen wollte, schwebte über deren Rand. »Was hast du da gerade gesagt?«
Dee ließ die Arme sinken. Na toll. Was hatte sie denn jetzt schon wieder verbrochen?
Zeit mit Claire zu verbringen war manchmal so, als versuche man mit einem Auto zu fahren, dessen Räder nicht richtig ausgerichtet waren. Dee hatte keine Ahnung, wohin es ging und worauf sie zusteuerte. Jo hingegen sah mit all den Narben zwar furchtbar aus, bei ihr gab es aber klare Ansagen, da wurde nicht um den heißen
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