Das Geheimnis der Salzschwestern
Ende. Er knallte ihr eine Handvoll Servietten auf den Tresen und bedeutete ihr, sie zu nehmen. »Verdammt noch mal, Dee, damit haben wir schon einen Dollar fünfzig verloren, bevor ich auch nur die Kasse aufgemacht habe.« Er seufzte. »Warum gehst du nicht zu Timothy Weatherly hoch ins Bad und machst dich dort ein bisschen nützlich? Hier unten kann ich dich Landplage nämlich nicht gebrauchen.«
Sie nahm die Schürze ab, legte sie auf den Tresen und machte einen so großen Bogen um ihren Vater, als hätte sie einen Bären mit einem Dorn in der Pfote vor sich. Ehrlich gesagt machte es ihr gar nichts aus, Mr Weatherly und der undichten Toilette Gesellschaft zu leisten. Der Handwerker würde sie zumindest nicht als dämlichen Nichtsnutz bezeichnen. Ihn überhaupt zum Sprechen zu bringen, war allerdings so, als würde man mit einem rostigen Drahtesel durch Kies fahren. Dee war aufgefallen, dass er auf Fragen zwar höflich antwortete, dabei aber so wortkarg wie möglich blieb.
Mr Weatherly sah zu Dee hoch, als sie das enge Badezimmer betrat, und dann zu seinem Werkzeugkasten hinüber. »Gib mir doch mal den Schraubenschlüssel«, bat er und deutete mit dem Kinn auf seine Gerätschaften. »Nein, nicht den. Den großen.«
Sie reichte ihm das Gewünschte und schaute dabei zu, wie er an den Rohren herumhantierte. »Ich hab da heute Morgen was Merkwürdiges gesehen«, sagte sie schließlich. Mr Weatherly versetzte dem Stutzen einen heftigen Ruck, antwortete aber nicht, also fuhr sie fort. »Claire Turner ist mit ihrem Pferd mitten auf der Straße vorbeigeritten. Das war beinahe wie ein Traum. Sie kam aus dem Nichts und ist dann wieder verschwunden. Macht sie das immer so?«
Mr Weatherly streckte ihr den Schraubenschlüssel entgegen, den sie ihm abnahm. Er griff nach einem Lappen, der neben ihm lag, und wischte sich daran die Hände ab, ging aber nicht auf ihre Frage ein. »Und jetzt die Zange«, sagte er. Dee wühlte im Werkzeugkasten herum und reichte sie ihm, hockte sich dann hin und schlang die Arme um ihre Knie. Eine Unterhaltung mit Mr Weatherly war ungefähr so befriedigend wie ein Selbstgespräch, dachte sie, also nicht sonderlich.
»Ich bin gestern zur Salt Creek Farm rausgelaufen«, murmelte sie. »Das ist doch wirklich ein seltsamer Ort. Warum ist das Salz da in einem Becken bloß rot? Und was hat das mit den ganzen Gräbern auf sich?« Sie runzelte die Stirn.
Mr Weatherly ließ die Zange sinken und starrte sie aus eiskalten Augen an. »Du hast gesagt, dass du zum Salzgut rausgelaufen bist, aber nicht, dass du das Gelände auch betreten hast.«
Für jemanden, der ihre Fragen ignorierte, achtete er aber ganz schön auf jedes einzelne Wort, dachte Dee. Sie zuckte mit den Achseln. »Ja, und?«
»Wer hat dir das denn erlaubt? Hat Jo dich etwa eingeladen?«
Dee dachte daran, wie Joanna Gilly die Stufen der Verandatreppe hinuntergehumpelt war. Sie wusste ja, dass diese Frau nur noch ein gutes Auge hatte, ihr Blick schien damit aber scharf genug zu sein. Das Mädchen wurde rot und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich war ganz ohne Einladung da.«
Mr Weatherly griff wieder nach der Zange und fuhr mit dem fort, was auch immer er da mit der Toilette anstellte. Er stand auf und beugte sich über den Wasserkasten, und obwohl Dee sein Gesicht nicht sehen konnte, vernahm sie seine Worte klar und deutlich. »Wenn du auch nur ein bisschen Grips hast, solltest du dich verflucht noch mal von der Marsch fernhalten. Und sag deinem Vater, er soll nicht so ein Sturkopf sein und was von dem verdammten Salz kaufen. Dieses Lokal wird nicht einen Penny einnehmen, wenn ihr mit dieser Frau keine Geschäfte macht, und das könnte auch die ganzen Probleme mit diesen Leitungen lösen.«
Mit noch immer blutendem Finger starrte ihn Dee aus weit aufgerissenen Augen an. »Es stimmt also? Das Zeug könnte unser Restaurant wirklich verfluchen, wenn wir Joanna Gilly nichts abkaufen?«
Mr Weatherly sah sie an, als wäre sie ein wenig beschränkt, was ihr Vater wohl nur zu bereitwillig bestätigt hätte. »Himmel«, knurrte er. »Das Zeug ist nicht so giftig, egal, was Claire Gilly alles erzählt. Ich meinte nur, dass man die Rohre vielleicht mal mit ein bisschen Salzwasser durchspülen sollte, sonst nichts. Das wirkt wahre Wunder.« Und noch bevor sie darauf irgendetwas erwidern konnte, sammelte er sein Werkzeug ein und ging hinunter in die Küche, um sich dem tropfenden Wasserhahn zu widmen. Dee blieb mit ihrem blutenden Finger zurück und
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