Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
Vom Netzwerk:
möglichst nicht darüber nachzudenken, was sie da tat. Danach legte sie die kleinen Körper mit angezogenen Pfoten und Schwänzchen nebeneinander. Diese Kätzchen waren noch sehr jung, sie hatten kaum Fell, und so nass sahen sie in der eisigen Luft noch winziger aus.
    Genau dann ertönte hinter ihr ein Quieken, zu laut, um von einer Katze zu stammen. Erschrocken fuhr Jo herum und entdeckte zu ihrem Erstaunen Dee Pitman, dieses Mädchen aus der Stadt, das seine Nase überall hineinstecken musste. Dee stotterte und stammelte wie ein in die Enge getriebenes Vögelchen. »Was … was machen Sie da?«, jaulte sie. Jo seufzte und stand auf. Sie musste daran denken, wie entsetzt sie gewesen war, als sie ihrer Mutter mit sechs Jahren zum ersten Mal dabei zugesehen hatte.
    »Können wir die denn nicht als Haustiere behalten?«, hatte sie Mama damals gefragt, während die vor ihren Augen Tier um Tier ertränkt hatte. »Wenigstens eine einzige?«
    Mama hatte sie nur aus zusammengekniffenen Augen angestarrt. »Manchmal verbirgt sich hinter der größten Grausamkeit ein Akt der Gnade«, hatte sie erklärt. »Je eher du das lernst, desto besser.« Und dann hatte sie Jo dazu gezwungen weiterzumachen.
    Jetzt rieb Jo ihre Handflächen aneinander und sah Dee mit durchdringendem Blick an. »Die hatten nicht die geringste Chance«, erklärte sie und ignorierte das Miauen des letzten Kätzchens im Sack. »Das sind verwilderte Tiere. Die Mutter hat sie verlassen, und sie sind noch nicht groß genug, um allein zu überleben.« Dee erwiderte nichts, also fuhr Jo fort: »Und es kommen jedes Jahr mehr, die sind der reinste Fluch, eine echte Plage.« Sie stieß den Sack mit dem Zeh an. »Und hier geht alles den Bach runter.«
    Jetzt fand Dee ihre Stimme wieder. »Wegen der Katzen?«
    Jo war verwirrt. Meinte die das ernst? Wenn Cutts Tochter diese Tierchen für den Grund von Jos Misere hielt, war sie offensichtlich keine Leuchte. Andererseits hatte Dee natürlich keine Ahnung von Jos Problemen mit der Bank und dem allen. Davon wusste niemand, und so wollte Jo es auch gern belassen. Sie kniff ihr gutes Auge zusammen. »Wie läuft der Imbiss?«, erkundigte sie sich, um das Thema zu wechseln. »Hilft euch das Salz?«
    Dee wurde rot und wich ihrem Blick aus. »Ehrlich gesagt bin ich deshalb hier. Es hat sich herausgestellt, dass wir doch nicht so viel brauchen wie gedacht. Die Gäste nehmen Ihr Salz nicht, Sie mögen lieber das aus dem Laden. Sie behaupten, das von Ihnen sei … verdorben.«
    Sofort erschien vor Jos innerem Auge das Bild von Claire, die mit knochiger Hand nach einer Salzschale auf dem Tresen griff und so ruhig wie möglich, fast bedauernd, verkündete: »Wenn ihr nur wüsstet, was da alles drin ist.«
    »Sag nichts. Meine Schwester ist ins Restaurant stolziert und hat euch mit ihren Märchen eingeschüchtert.«
    Dee sah unbehaglich drein. »Das war jetzt keine große Sache«, behauptete sie und versuchte, nicht zu den Kätzchen hinüberzusehen. »Aber es ist vermutlich besser, wenn Ihr Salz bei uns nicht so offen rumsteht.«
    Jo stieß ein barsches Lachen aus. »Bei meiner Schwester ist immer alles eine große Sache. Das wirst du schon noch merken. Aber denk an meine Worte, wenn ihr das Salz nicht mehr serviert, dann ist euer Leuchtturmrestaurant bald wieder in dem gleichen üblen Zustand, in dem ihr es vorgefunden habt. Ihr solltet den Kunden lieber erklären, dass an Claires Geschichten nichts dran ist.«
    »Und woher wollen Sie das alles wissen?«, fragte Dee.
    Jo zuckte mit den Achseln. »Ich an eurer Stelle würde mich für das Salz entscheiden, das ist alles.«
    Es sah nicht so aus, als würde es Dee nach diesem Rat besser gehen. Sie blickte auf die leblosen Kätzchen hinunter. »Was machen Sie danach mit denen?«, fragte sie Jo, während die sich hinkniete und wieder in den Sack griff. Dee wandte sich ab, als sie das letzte schreiende Katzenbaby hervorzog.
    »Kalk und ein tiefes Loch«, erklärte Jo und steckte den Arm in den Waschtrog.
    Ohne ein weiteres Wort floh Dee über die Dünen in Richtung Drake’s Beach, wobei ihr die Bilder der toten Kätzchen vermutlich nicht aus dem Kopf gingen. Der Nachmittag verflog rasch, und es wurde bereits duster. Wahrscheinlich marschierte Cutt inzwischen in der Restaurantküche auf und ab, dachte Jo, griff nach dem Geschirrtuch und fragte sich, wo zum Teufel seine Tochter bloß steckte. Denn sicher würden bald die ersten Gäste fürs Abendessen eintreffen. Nicht so viele wie mittags,

Weitere Kostenlose Bücher