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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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es viel lieber, einen vollen Überblick zu haben, um ihren Willen zu bekommen und ihre Ziele zu verfolgen und ihm Schild und Schwert zu sein, ob er es versteht oder nicht. Um so besser, wenn er es nicht versteht.«
    »Du meinst«, sagte Radulfus und sah ihn schwermütig an, »sie sollte es erfahren?«
    »Ich meine, daß sie schon längst alles hätte erfahren müssen, was es in dieser Sache zu sagen gibt. Ich glaube, man sollte es ihr selbst jetzt noch sagen. Aber ich kann es nicht tun oder es zulassen, wenn ich es verhindern kann. Ich habe ihm nun einmal allzu leichtfertig versprochen, daß wir ihr die Wahrheit vorenthalten würden, wenn es sich noch machen ließe. Nun, wenn Ihr es auf morgen verschieben wollt, dann sei es. Es ist jetzt natürlich zu spät, sie zu stören.
    Aber wenn Ihr erlaubt, Vater, werde ich morgen früh hinreiten.«
    »Wenn du es für notwendig hältst«, sagte der Abt, »dann geh nur. Wenn es möglich ist, ihr ihren Sohn wiederzugeben, ohne allzuviel Unheil anzurichten und das Andenken an ihren Mann für sie zu erhalten, ohne daß etwas Unehrenhaftes bekannt wird, um so besser.«
    »Eine Nacht«, sagte Hugh mild und stand auf, als sich Cadfael erhob, »kann an den Dingen selbst aber nichts ändern. Wenn sie diese ganze Zeit in glücklicher Unwissenheit gelebt hat und heute abend in der Annahme zu Bett geht, Sulien sei hier von dem Herrn Abt ohne den Schatten eines Verdachts festgehalten worden, kannst du sie getrost ihrer Ruhe überlassen. Wir werden noch Zeit haben zu überlegen, wieviel sie wissen muß, wenn wir Sulien die Wahrheit entlockt haben. Es muß nicht tödlich ausgehen.
    Was für einen Sinn hätte es jetzt, den Namen eines toten Mannes zu verdunkeln?«
    Das war vernünftig genug, doch Cadfael schüttelte selbst wegen dieser wenigen Stunden Verzögerung zweifelnd den Kopf. »Dennoch, gehen muß ich. Ich muß ein Versprechen halten. Und mir ist etwas zu spät aufgegangen, daß dort jemand ist, der keine Versprechungen gemacht hat.«

13. Kapitel
    Cadfael machte sich mit Anbruch der Morgendämmerung auf den Weg und ließ sich mit dem Ritt Zeit, da es keinen Sinn hatte, in Longner anzukommen, bevor alle im Haus aufgestanden waren. Überdies war er froh, langsam zu reiten und Zeit zum Nachdenken zu finden, obwohl dieses ihn nicht sehr weit brachte. Er wußte kaum, ob er hoffen sollte, alles so vorzufinden, wie er es verlassen hatte, als er mit Sulien wegritt, oder eher daß er an diesem Morgen entdecken würde, daß dieser unter Eid schon allem abgeschworen hatte, womit über Nacht die Geheimhaltung weggewischt worden wäre. Schlimmstenfalls befand sich Sulien zumindest nicht in Gefahr. Sie hatten sich darauf geeinigt, daß der Junge nur die Wahrheit unterdrückt hatte und sich sonst nichts hatte zuschulden kommen lassen, und wenn die Schuld tatsächlich bei einem inzwischen verstorbenen Mann lag - welches Bedürfnis bestand dann noch, seinen Makel der Welt bekanntzumachen? Die Tat war jetzt sowohl Hughs Zuständigkeit als auch der König Stephens entzogen, und wenn dieser Fall vor Gericht verhandelt wurde, waren keine Anwälte nötig. Alles, was sich an Anschuldigungen oder mildernden Umständen vorbringen ließ, war dem Richter bereits bekannt.
    Alles, was wir brauchen, dachte Cadfael, ist also etwas Einfallsreichtum, wenn wir uns mit Suliens Gewissen beschäftigen, und überdies müssen wir die Wahrheit ein wenig manipulieren, wenn wir den Fall allmählich ad acta legen, und die Dame braucht nie mehr oder Schlimmeres zu erfahren, als sie gestern wußte. Zu gegebener Zeit würde der Klatsch der Affäre überdrüssig werden und sich der nächsten kleinen Krise oder dem nächsten Skandal in der Stadt zuwenden. Irgendwann werden sie endlich auch vergessen, daß ihre Neugier nie befriedigt und kein Mörder je zur Rechenschaft gezogen wurde.
    Und genau damit, erkannte er, geriet er unweigerlich mit seiner unbefriedigten Sehnsucht nach der Wahrheit in Konflikt; diese sollte zwar nicht der Allgemeinheit zugänglich gemacht, doch zumindest ans Licht gebracht, erkannt und bestätigt werden. Wie konnte es sonst eine wirkliche Versöhnung mit Leben und Tod und den Sakramenten Gottes geben?
    Unterdessen ritt Cadfael durch einen frühen Morgen, der wie jeder andere Novembermorgen war, trübe, windstill und ruhig; das Grün der Felder war inzwischen etwas ausgebleicht und verdorrt, das Filigran der Bäume der Hälfte seines Laubs beraubt, die Oberfläche des Flusses war eher bleigrau als silbern

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