Das Geheimnis Der Schönen Toten
werden wir schon ein gutes Stück weiter sein.«
Es hatte den Anschein, als hätte sich Eudo inzwischen mit der Realität dieses Todesfalles abgefunden und als nähme er die Sache sehr ernst, wenngleich nicht als einen Faktor, dem es erlaubt werden konnte oder sollte, den ruhigen Gang seines geordneten Daseins zu stören. Er saß nachdenklich da, starrte Hugh über die Weinbecher hinweg an und bedachte die Weiterungen des Falls. »Glaubt Ihr, daß diese Frau heimlich umgebracht worden ist? Könnte Ruald tatsächlich in einen solchen Verdacht geraten? Ich kann nichts Böses über ihn glauben. Natürlich werde ich mich bei meinen Leuten erkundigen und Euch Nachricht geben, falls ich etwas Wichtiges herausfinde. Doch wenn da etwas gewesen wäre, hätte ich es gewiß schon längst erfahren. «
»Gleichwohl bitte ich Euch, mir diesen Gefallen zu tun.
Eine Kleinigkeit, die sich jemand vielleicht ganz gedankenlos entschlüpfen läßt, könnte sich leicht als bedeutungsvoll erweisen, wenn es um einen Todesfall geht. Ich werde alles in Erfahrung bringen, was Ruald betrifft, und noch manchen anderen befragen. Er hat gesehen, was wir gefunden haben«, sagte Hugh düster, »und konnte zu ihr weder ja noch nein sagen, doch das kann man ihm nicht anlasten. Es wäre wirklich für jeden schwer, ihr Gesicht jetzt wiederzuerkennen, selbst wenn er viele Jahre mit ihr gelebt hat.«
»Es ist undenkbar, daß er seiner Frau etwas angetan hat«, bekannte Eudo hartnäckig. »Er befand sich schon im Kloster, war seit drei oder vier Wochen dort, vielleicht schon länger, während sie noch in dem Häuschen lebte, bevor sie wegging. Dies ist wieder nur eine arme Seele, die Wegelagerern oder ähnlichem Gesindel zum Opfer gefallen ist und die man wegen der Kleider, die sie trug, erdolcht oder erschlagen hat.«
»So dürfte es sich kaum abgespielt haben«, bemerkte Hugh und verzog das Gesicht. »Sie war anständig gekleidet, war behutsam in die Erde gebettet worden, und ihre Hände lagen auf der Brust über einem kleinen Holzkreuz gefaltet, das aus Heckenzweigen geschnitten worden ist.
Und was die Art ihres Todes betrifft, war an ihr keine Verletzung zu sehen, kein gebrochener Knochen. Allerdings kann es ein Messer gewesen sein. Doch wer will das jetzt noch sagen? Sie wurde jedoch behutsam und mit einigem Respekt begraben. Das macht den Fall so sonderbar.«
Eudo schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. Die Angelegenheit wurde immer rätselhafter. »Wie es vielleicht ein Priester getan hätte?« äußerte er zweifelnd. »Wenn er sie tot aufgefunden hätte? Doch dann hätte er es laut verkündet und sie gewiß in die Kirche gebracht.«
»Es dürfte einige geben«, sagte Hugh, »die schon bald sagen werden, >wie es ein Ehemann getan hätte<, wenn die beiden in bitterem Streit gelegen hätten und sie ihn erst zur Gewalttätigkeit und dann zur Reue getrieben hätte. Nein, noch müssen wir uns um Ruald keine Sorgen machen. Er hat sich in Gesellschaft zahlreicher Brüder befunden, und das schon lange, als seine Frau noch bei guter Gesundheit gesehen wurde. Wir werden aus ihren Aussagen sein Tun und Lassen seit Beginn seines Noviziats zusammensetzen.
Und auf der Suche nach anderen Frauen, die Haus und Hof verlassen haben, die letzten Jahre genau untersuchen.« Er erhob sich und warf einen Blick auf die dunkler werdende Dämmerung draußen vor der Tür. »Ich sollte jetzt lieber gehen. Ich habe Eure Zeit schon zu sehr in Anspruch genommen.«
Eudo stand bereitwillig und ernst mit ihm auf. »Nein, es war richtig, erst herzukommen. Und ich werde mich bei meinen Leuten erkundigen, verlaßt Euch darauf. Ich habe manchmal immer noch das Gefühl, als gehörte dieses Feld mir. Man gibt kein Land aus der Hand, nicht einmal der Kirche, ohne das Gefühl zu haben, noch ein paar Wurzeln in ihm zurückzulassen. Ich glaube, ich habe mich von diesem Acker ferngehalten, um keinen Groll empfinden zu müssen, weil es brach lag. Ich war froh, von dem Landtausch zu hören, denn ich wußte, daß die Abtei das Feld besser nutzen würde. Um die Wahrheit zu sagen, hat es mich überrascht, daß mein Vater sich entschloß, es Haughmond zu geben, denn mir war klar, wie schwer es ihnen fallen würde, es richtig zu nutzen.« Er hatte Hugh zu der äußeren Tür begleitet, um seinen Gast zu verabschieden und aufsitzen zu sehen, als er plötzlich innehielt und zu der mit einem Vorhang versehenen Türöffnung in einer Ecke der großen Halle blickte.
»Darf ich Euch bitten,
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