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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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von dort, wo Stephen war. Jetzt hinke ich hinter der Zeit her. Was geht in der Welt da draußen eigentlich vor?«
    Für Hugh hörte sich das nicht so an, als würde sie des Schutzes vor Störungen durch die Außenwelt bedürfen, ob von nah oder fern, doch mit Rücksicht auf die Besorgnisse ihres Sohns wählte er seine Worte sorgsam. »In unserem Teil sehr wenig. Der Earl of Gloucester ist dabei, den Süden für die Kaiserin in eine Festung zu verwandeln. Beide Fraktionen halten fest, was sie haben, und im Augenblick ist keine Seite sehr fürs Kämpfen. Wir sitzen hier abseits der Unruhen. Zum Glück für uns!«
    »Das hört sich an«, sagte sie aufmerksam und hellwach, »als hättet Ihr aus einer anderen Ecke viel schlimmere Nachrichten. Ich bitte Euch, Hugh, wenn Ihr jetzt schon da seid, wollt Ihr mir doch nicht verweigern, daß mal eine frische kleine Brise über Eudos Zaunpfähle zu mir dringt?
    Er hüllt mich in Kissen und Decken, aber Ihr braucht das nicht auch noch zu tun.« Und in der Tat kam es Hugh vor, als hätte sogar seine unerwartete Gesellschaft etwas fahle Farbe in ihr eingefallenes Gesicht gebracht, als wäre in den tiefliegenden Augen wieder so etwas wie ein Funke des Lebens zu erkennen.
    Er wand sich ein wenig, gab dann aber zu: »Aus einer anderen Ecke gibt es tatsächlich Neuigkeiten genug, für den König vielleicht sogar zuviel. In St. Albans steht das Schlimmste noch bevor. Wie es scheint, hat die Hälfte aller Lords bei Hof den Earl of Essex beschuldigt, mit der Kaiserin wieder einmal verräterische Abmachungen getroffen und den Sturz des Königs geplant zu haben, und man hat ihn gezwungen, sein Amt als Festungskommandant des Tower niederzulegen sowie auf sein Schloß und seine Ländereien in Essex zu verzichten. Das oder der Galgen, und er ist noch längst nicht bereit zu sterben.«
    »Und hat er all das hergegeben? Das muß für einen Mann wie Geoffrey de Mandeville sehr bitter sein«, sagte sie staunend. »Mein Herr hat ihm nie getraut. Ein arroganter, tyrannischer Mann, sagte er immer. Der hat seinen Mantel schon oft nach dem Wind gedreht, daß es sehr wohl möglich scheint, daß er es erneut vorhatte. Es ist gut, daß er rechtzeitig in die Schranken gewiesen wurde.«
    »So hätte es sein können, doch nachdem man ihm erst mal seine Ländereien genommen hatte, ließ man ihn laufen, worauf er sich sofort in seinen heimatlichen Landstrich begab, um den Abschaum der Gegend um sich zu scharen.
    Er hat Cambridge geplündert. Er hat alles genommen, was sich zu nehmen lohnte, und sogar die Kirchen ausgeraubt, bevor er die Stadt in Brand setzte.«
    »Cambridge?« fragte die Dame entsetzt und ungläubig.
    »Hat er es gewagt, eine Stadt wie Cambridge anzugreifen?
    Da muß der König doch wohl etwas gegen ihn unternehmen. Man darf nicht zulassen, daß er nach Belieben plündert und brennt.«
    »Das wird nicht leicht sein«, sagte Hugh traurig. »Der Mann kennt die Sumpflandschaft der Fens wie die Linien seiner Hand. Es wird nicht einfach sein, ihn in solchem Gelände zu einer offenen Feldschlacht zu zwingen.«
    Sie beugte sich vor, um die Spindel aufzuheben, als eine Bewegung ihres Fußes sie wegrollen ließ. Die Hand, mit der sie das Garn aufwickelte, war schwach und durchsichtig, und die über ihren tiefliegenden Augen halb geschlossenen Augenlider waren weiß wie Marmor und von feinen Äderchen durchzogen wie bei den Kristallen einer Schneeflocke. Falls sie Schmerzen hatte, verriet sie nichts davon, bewegte sich aber mit unendlicher Vorsicht und Mühe. Der entschlossene Zug um den Mund verriet Zurückhaltung und geduldige Ergebenheit.
    »Mein Sohn befindet sich dort in den Sümpfen«, sagte sie leise. »Mein jüngerer Sohn. Wie Ihr Euch erinnern werdet, hat er sich im September letzten Jahres entschlossen, die Mönchskutte anzulegen, und ist in das Kloster von Ramsey eingetreten.«
    »Ja, ich erinnere mich. Als er im März den Leichnam Eures Gemahls herbrachte, fragte ich mich, ob er es sich inzwischen vielleicht überlegt hatte. Ich hätte nie gedacht, daß Euer Sulien zum Mönchsdasein bestimmt war, denn nach allem, was ich von ihm wußte, hatte er einen guten, gesunden Appetit auf das Leben in dieser Welt. Ich dachte, er hätte sich in den vergangenen sechs Monaten anders besonnen. Aber nein, er ging wieder ins Kloster zurück, nachdem er seine Sohnespflichten erfüllt hatte.«
    Sie sah einen Augenblick lang schweigend zu ihm hoch.
    Die geschwungenen Augenlider zogen sich von den immer noch

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