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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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überlassen.«
    »Das könnt Ihr ruhigen Gewissens tun«, versicherte ihm Cadfael und fragte nicht weiter. Die Worte des Fremden ließen erkennen, daß es um etwas Ernstes ging, und der jungen Stimme war ein erster Anflug von beherrschter Verzweiflung anzumerken. An der Tür zur Wohnung des Abts ließ ihn Cadfael ohne weiteres in das Vorzimmer ein und klopfte an die halboffene Tür zum Empfangszimmer.
    Die beschäftigt und geistesabwesend wirkende Stimme des Abts bat ihn einzutreten. Radulfus hatte eine Mappe mit Dokumenten vor sich liegen. Ein langer Zeigefinger markierte die Stelle, an der er gelesen hatte. Er blickte nur kurz auf, um zu sehen, wer eingetreten war.
    »Vater, hier ist ein junger Bruder aus einem fernen Haus unseres Ordens. Er kommt mit Befehl von seinem Abt, Euch persönlich zu berichten, und wie es scheint, hat er ernste Neuigkeiten. Er ist hier an der Tür. Darf ich ihn einlassen?«
    Radulfus blickte mit gerunzelter Stirn auf, schüttelte ab, was ihn gerade beschäftigt hatte, und wandte seine volle Aufmerksamkeit diesem unerwarteten Vortrag zu.
    »Aus welchem fernen Haus?«
    »Ich habe nicht gefragt«, erwiderte Cadfael, »und er hat es nicht gesagt. Er hat Anweisung, nur Euch zu berichten.
    Er ist aber sieben Tage auf der Straße gewesen, um uns zu erreichen.«
    »Bring ihn herein«, sagte der Abt und schob die Pergamente auf seinem Schreibtisch zur Seite.
    Der junge Mann trat ein, verneigte sich tief vor dem Abt, und als hätte man plötzlich in Gemüt und auf der Zunge ein Siegel gebrochen, holte er tief Luft und sprudelte einen Schwall von Worten hinaus, die sich wie ein Blutstrom ergossen und durcheinanderpurzelten.
    »Vater, ich bin der Überbringer sehr schlechter Neuigkeiten aus der Abtei von Ramsey. Vater, in Essex und den Fens sind die Menschen zu Teufeln geworden. Geoffrey de Mandeville hat unsere Abtei beschlagnahmt. Sie soll seine Festung werden. Er hat uns wie Bettler auf die Straße geworfen, diejenigen von uns, die noch am Leben sind. Die Abtei von Ramsey ist zu einer Höhle für Räuber und Mörder geworden.«
    Er hatte nicht einmal gewartet, bis man ihm Sprecherlaubnis erteilte oder er seine Nachrichten, wie es sich gehörte, in einem Frage- und Antwortspiel preisgeben durfte, und Cadfael hatte kaum die Tür zu den beiden hinter sich schließen können, wenn auch zugegebenermaßen langsam und mit gespitzten Ohren, als die Stimme des Abts den atemlosen Wortschwall des jungen Mannes scharf unterbrach.
    »Warte! Bleibe bei uns, Cadfael. Es kann sein, daß ich schnell einen Boten brauche.« Und zu dem Jungen sagte er knapp: »Komm erst mal zu Atem, mein Sohn. Setz dich, denke nach, bevor du sprichst, und laß mich einen einfachen Bericht hören. Nach sieben Tagen dürften diese paar Minuten kaum ins Gewicht fallen. Also, zunächst will ich festhalten, daß wir bis zu diesem Augenblick noch nichts davon gehört haben. Wenn du schon so lange zu Fuß unterwegs bist, um uns zu erreichen, wundert es mich, daß die Nachricht dem Sheriff nicht mit größerer Geschwindigkeit überbracht worden ist. Bist du der erste, der diesem Überfall lebend entronnen ist?«
    Der Junge gehorchte zitternd der Hand, die Cadfael ihm auf die Schulter gelegt hatte, und sank gehorsam auf die Bank an der Wand. »Vater, ich hatte große Mühe, mich von de Mandevilles Linien abzusetzen, und das wäre jedem anderen Sendboten ebenso ergangen. Besonders ein Mann zu Pferde, wie man ihn vielleicht mit der Nachricht zu den SherifFs des Königs schicken würde, wäre kaum lebendig durchgekommen. Sie nehmen in drei Grafschaften jedes Pferd, jedes Tier, jeden Bogen oder jedes Schwert, und ein berittener Mann würde sie auf sich ziehen, als wären es Wölfe. Es kann sehr wohl sein, daß ich der erste bin, da ich nichts bei mir habe, um dessentwillen es sich lohnen würde, mich zu töten. Es ist also gut möglich, daß Hugh Beringar noch nichts weiß.«
    Der einfache und anscheinend selbstverständliche Gebrauch von Hughs Namen ließ sowohl Cadfael als auch Radulfus leicht zusammenzucken. Der Abt wandte sich sofort um, um sich das junge Gesicht, das ihm so vertraunensvoll zugewandt war, etwas genauer anzusehen. »Du kennst den Herrn Sheriff hier? Wie kommt das?«
    »Das ist der Grund - oder vielmehr ein Grund -, weshalb man mich hergeschickt hat, Vater. Ich stamme von hier.
    Mein Name ist Sulien Blount. Mein Bruder ist Herr auf Longner. Ihr dürftet mich noch nie gesehen haben, aber Hugh Beringar kennt meine Familie

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