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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Betriebsamkeit und Geld mit sich, doch hier, im Gefängnis, änderte sich nie etwas. Mochte das Leben außerhalb dieser Mauern noch so strahlend und lebendig sein: Hier drinnen war es immer grau und dunkel.
    »Du musst mehr schlafen«, hatte sie bei ihrem letzten Besuch gemahnt. Daraufhin hatte er das einzige Mal an diesem Tag gelächelt.
    »Daran hätte ich wohl vor dieser ganzen Sache denken sollen.«
    »Hast du Angst?«, hatte sie gefragt.
    »Angst ist ein fester Bestandteil meines Lebens«, hatte er geantwortet und sich das schmutzige Haar aus den Augen gestrichen.
    Darauf hatte Winona nichts zu sagen. Sie hatte das Gespräch in andere Bahnen gelenkt und das Thema »Hoffnung« im Stillen für tabu erklärt.
    Wie grundlegend sich alles innerhalb einer Woche ändern konnte! Das dachte sie an diesem Mittwochnachmittag, als sie sich vom Wachmann zu ihrem Treffen mit Dallas führen ließ.
    Im Besuchszimmer trat sie ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, weil sie sich vor lauter Aufregung nicht mal hinsetzen konnte.
    Endlich ging die Tür auf, und Dallas kam herein. Immer noch waren seine Haare schmutzig und sein Gesicht bleich. Er bewegte sich so stockend, als schmerzte sein ganzer Körper. Wie immer waren seine Hand- und Fußgelenke gefesselt. »Hey, Winona«, sagte er.
    »Du wirkst krank. Brauchst du einen Arzt?«
    Das schien ihn zu erheitern. Er lachte, doch dann ging sein Lachen in Husten über. »Es ist Juni. Offenbar bin ich gegen irgendwas hier allergisch. Wahrscheinlich gegen Stacheldraht.«
    »Setz dich, Dallas.«
    Er erstarrte und warf sein Haar nach hinten. Sie wusste, dass er es nicht mit den Händen aus dem Gesicht streichen wollte, weil er dann die Handschellen sah, die ihn bei der Bewegung behinderten. Einmal hatte er sie gebeten, es für ihn zu tun, und ihre Hand hatte gezittert, als sie sie ausstreckte. Dieses eine Mal hatte sie direkt in Dallas’ stahlgraue Augen gesehen und dabei einen Blick auf den misshandelten Jungen von einst erhascht. Sie hatte ihm so zärtlich die Haare hinter die Ohren gestrichen wie noch nie einem Mann. »Ich bleibe lieber stehen«, erwiderte er.
    »Wir haben die Testergebnisse. Das Sperma ist nicht von dir.« Sie lächelte und erwartete dieselbe Reaktion von ihm, doch die blieb aus. »Hast du mich verstanden? Die DNA -Spuren vom Tatort stammen nicht von dir.«
    »Und?«
    »Du scheinst dich gar nicht zu freuen.«
    »Vergiss nicht, Winona, dass ich das die ganze Zeit wusste.«
    Die Bedeutung seiner Antwort traf sie wie ein Schlag, und einen Moment lang dämmerte ihr, wie sein Leben all die Jahre ausgesehen hatte. Als Unschuldiger im Gefängnis. Mit sanfter Stimme sagte sie: »Ich habe schon im Büro der Staatsanwaltschaft angerufen und darum gebeten, das Urteil zu widerrufen und den Fall niederzuschlagen.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    Winona runzelte die Stirn. »Wenn ich es selbst tun würde, würden sie Einspruch erheben. Wenn wir sie dazu bringen können, sich die neue Beweislage anzusehen und sich unserer Argumentation anzuschließen, dass es sich um einen Justizirrtum handelt, dann könnten wir gemeinsam um einen Freispruch ersuchen. Das wäre ein Volltreffer.«
    »Du bist genauso naiv wie Vivi Ann. Ich sag dir, was passieren wird: Sie werden zwar zugeben, dass ich keinen Sex mit Cat hatte, aber weiterhin behaupten, ich hätte sie umgebracht. Vielleicht zaubern sie einen Komplizen aus dem Hut. Aber auf keinen Fall werden sie sagen: Meine Güte, Winona, gut gemacht! «
    Sie ließ sich auf den harten Stuhl sinken. »Wenn du das glaubst, warum hast du mir deine Einwilligung gegeben?«
    »Für Noah«, sagte er nur. »Ich glaube, er ist wie seine Mom. Ich wusste, er würde es unbedingt versuchen wollen.«
    »Also hast du Noah und mich die ganze Sache im Glauben an deine Unschuld ankurbeln lassen, und jetzt sagst du nur Hasta la vista und verkriechst dich wieder in deine Zelle? Ist das dein Plan?«
    »Das ist die Realität, Win. Wenn du dir die Mühe gemacht hättest, Vivi Ann zu fragen, hätte sie dir genau sagen können, was passieren wird. Vergiss nicht, wir haben das alles schon einmal durchgemacht.«
    »Ich fasse es einfach nicht. Ich akzeptiere es auch nicht. Du irrst dich.«
    »Später«, sagte er leise, »wenn du die ganze Sache hinter dich gebracht hast, könntest du mir einen Gefallen tun.«
    »Welchen?«
    »Sag Noah, ich war’s. Sonst wird er mich nie aus dem Kopf kriegen. Aber das sollte er.«
    »Nein. Auf keinen Fall. «
    Er nickte und sagte: »Danke, Win.

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