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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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anheben.
    »Zerreiß ihn nicht!« warnte Sempa.
    »Mehr Äther, Ari! Eve wird unruhig …«
    Sie stöhnte auf. Sempa träufelte wieder ein paar Tropfen auf die Gazemaske und nahm selbst seinen Kopf weit zurück.
    »Klemmen!« sagte Phil. Wie war das in dem Buch? Die Appendix wird hart an ihrem Ende abgequetscht, in der Quetschfuge wird mit Seide abgebunden, dann noch eine Klemme vor der Ligatur und dann wegschneiden. »Zwei Klemmen und die Seidenfäden! Kannst du mit deinen Elefantenfingern einfädeln?«
    »Ich kann alles, Herr Stabsarzt, du blöder Hund!« Sempa reichte die Klemmen an und bereitete die Nadeln vor. Mit zwei Pinzetten nahm Phil einen Seidenfaden und band den aufgetriebenen Blinddarm ab. »Bei solchen Knoten hätte mich der Doktor in Vietnam in den Arsch getreten.«
    »Dann mach es besser!«
    Sempa rutsche auf den Knien um Phil herum und beugte sich über das Operationsfeld. Mit maßlosem Staunen sah Phil, wie Ari einen zweiten Seidenfaden nahm und wie die knotenden Pinzetten in seinen Fingern zu Präzisionsinstrumenten wurden. Die Appendix war abgequetscht und abgebunden. Sempa suchte aus dem Instrumentenkasten ein neues Skalpell und blickte kurz zur Seite auf Hassler.
    »Soll ich weitermachen, lateinischer Humanist?!«
    »Ja. Bitte«, sagte Phil tonlos. »Jetzt mußt du exstirpieren.«
    »Einen Scheiß werde ich! Jetzt hole ich das aufgeblasene Würmchen heraus!« Mit einem scharfen Schnitt durchtrennte er den Wurmfortsatz samt dem ihn umgebenden Gekröse, während Phil mit zwei breiten Pinzetten alles hochhob und dann schnell, als die Abtragung gelungen war, den Blinddarm seitlich in eine Emailleschale warf. Diese Loslösung war einer der kritischsten Momente … platzte dabei die Appendix und der Eiter floß in den Bauchraum, dann entstand fast immer eine Peritonitis. Das aber hätte für Evelyn den sicheren, qualvollen Tod bedeutet.
    Sempas klobige Finger, die plötzlich so schwerelos arbeiten konnten, vollendeten die Operation. Was das Buch so eingehend beschrieben hatte, tat Sempa in Erinnerung an seine Lazarettzeit bei Hue: die Stumpfversorgung mit Knopfnähten, das Vernähen der einzelnen Muskelschichten. »Da hast du deine Etagen!« knurrte er, während er sich die letzte Hautnaht vornahm, für die er ganz dünne Seide benötigte. Phil Hassler war zum bloßen Handlanger degradiert, er reichte an, fädelte ein, nahm die Klemmen weg, bereitete die Mullagen und die Leukoplaststreifen für den Verband vor, reinigte die Wunde von Blutresten und starrte immer wieder auf diese riesigen Finger, die mit einer Leichtigkeit ohne Beispiel Evelyns Leben gerettet hatten.
    »Ist dir zum Kotzen?« fragte Sempa, weil Phil nichts sagte.
    »Nein.« Hassler schüttelte den Kopf. »Ich bin stumm vor Bewunderung. Ari, du bist ein Typ Mensch, der in kein Schema paßt.«
    »Als wir dem netten Jungen in Hue sein Glockengeläut wieder annähten, sah's schlimmer aus! Daran habe ich mich erinnert, nur daran, ganz fest erinnert. Und da lief das hier wie von allein.« Er nahm die Äthermaske von Evelyns Gesicht und legte sie auf den Tisch. Der Kopf war bleich, wie blutleer: ein schmaler weißer Fleck unter dem Licht der Batteriescheinwerfer. Sie atmete kaum; nur ganz schwach hob und senkte sich ihre Brust.
    »Die Spritzen geb ich«, sagte Phil tonlos. »Beim Sanitätskurs war ich im Injizieren der Beste. Ich gebe ein Kreislaufmittel und eine Ampulle Megacillin.«
    »Ganz nach Ihrem Willen, Dr. Scheißkerl!« Sempa betrachtete den vereiterten Blinddarm in der Emailleschüssel. Dann lief er plötzlich aus der Höhle und kam mit einem wundervollen, goldenen Inkateller zurück. Vorsichtig legte er die Appendix auf die glitzernde Schale und hielt sie Phil entgegen.
    »Den opfern wir morgen früh dem Sonnengott!« lachte er. »Wenn die Azteken Jünglingsherzen herausschnitten – wir machen's moderner. Ein Blinddarm dieser Dicke ist doch ein würdiges Opfer!« Er setzte den goldenen Teller neben dem Instrumentenkasten ab und wartete, bis Phil seine beiden Injektionen gegeben hatte. »Übrigens: Ist dir klar, daß ich Eves Leben gerettet habe?«
    »Ja. Das habe ich doch schon gesagt.« Phil erhob sich von den Knien und setzte sich erschöpft auf den Schemel. »Das werde ich dir nie vergessen, Ari.«
    »Von moralischem Katzenjammer habe ich nichts!« Breitbeinig baute sich Sempa vor Hassler auf. »Jetzt darfst du dich wirklich dankbar zeigen, mein Junge. Ist dir Eve nicht die Hälfte des Schatzes wert? Sag ja – und laß mich

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