Das Geheimnis der sieben Palmen
Ari rieb sich die riesigen Hände, die im Notfall so behutsam sein konnten. »Ich habe Eve operiert; ich werde auch weiterhin für sie sorgen. Solange sie liegen muß – bestimmt eine Woche lang –, habe ich genug Zeit, alles aufs Schiff zu tragen.« Er wedelte mit den Händen, als brauche Phil frische Luft. »Keine Angst, mein Junge, dich werde ich nicht vergessen! Du bekommst dein Futter, zweimal am Tag nehme ich dich an eine lange Leine, dann darfst du mal zwischen die Büsche, oder – wenn's dir Spaß macht – wie ein Pferd in der Manege im Kreis laufen, wegen der Blutzirkulation. Du wirst dich nicht über schlechte Betreuung zu beklagen haben. – Zum Teufel, warum bist du bloß so ein sturer Kerl?! Es könnte alles so viel schöner sein. Millionen Dollar auf der Bank, im weißen Sand von Acapulco in der Sonne rösten, das Leben genießen, bis man vor Sattheit rülpst! Phil, wieviel Jahre bleiben uns denn noch? Dir vielleicht dreißig, wenn du Glück hast – mir fünfunddreißig! Was ist das schon?! Was sind dreißig Jahre? Eine dusselige Schildkröte kann dreihundert Jahre alt werden, – aber wir, die Krone der Schöpfung?! – Ich habe mir geschworen, in der kurzen Zeit, die ich noch lebe, alles mitzunehmen, was sich mit zwei Händen anpacken läßt. Und geht das nicht mehr – mit einer Hand! Und ist auch da keine Kraft mehr drin, dann mit dem kleinen Finger! Wenn ich dann endgültig auf dem Rücken liege, kann ich mit tiefer Wonne sagen: Dieses verdammte Leben hatte es in sich! Ob jetzt Himmel oder Hölle folgt – scheiß 'was drauf! Hier unten auf der Erde habe ich beides schon gehabt!«
Er ging hinaus und holte in der Schale frisches, kaltes Wasser. »Die Stricke schabst du nirgendwo durch«, sagte er, während Hassler gierig trank. »Das sind Nylonseile.«
»Ich weiß«, sagte Phil und setzte die goldene Schale ab. »Aber ich werde es immer wieder versuchen.«
»Das gefällt mir an dir.« Sempa packte Hassler an den Handfesseln und schleifte ihn tiefer in die Höhle hinein. Hier war es wärmer; aus dem Inneren der Erde zog die Hitze des vulkanischen Untergrundes hinauf. »Du gibst nie auf! Ich aber auch nicht, Kumpel!«
»Ich muß zu Evelyn«, sagte Phil. »Ari, sie muß die Infusionen bekommen! Sie braucht die Flüssigkeit, aber sie darf in den ersten drei Tagen nicht trinken! Ohne Infusionen hält sie das nicht aus! Der Blutverlust, die Schwäche …«
»Wenn es sein muß, hole ich dich. Okay?« Er lehnte Hassler an die Felswand und stellte die goldene Schüssel mit dem Wasser griffbereit neben ihn. »Daß Schreien keinen Sinn hat, brauche ich dir wohl nicht zu sagen. Hier kannst du jodeln, so laut du willst – es hört dich keiner.« Er tätschelte Phil die Wangen und lachte ihn an. »Ab heute kocht Papa Ari! In einer Stunde kriegst du ein halbes Huhn. Einverstanden?«
»Wie kann nur ein Mensch so dämlich sein wie du, Ari? Das habe ich mich oft gefragt. Noch ein zweites Mal kann es so etwas auf dieser Welt nicht geben. So viel Dämlichkeit muß einmalig sein!«
»Ich habe mir alles genau überlegt, du kleiner Klugscheißer«, sagte Sempa und rieb sich die Hände. »Wenn Eves Krise vorbei ist, lade ich mein Boot auf! Ich lasse euch beiden alles hier, was ich nicht unbedingt brauche. Die ganze Salon- und Schlafzimmereinrichtung bekommt ihr. Ich brauche Platz für den Schatz. Hast du mal überlegt, wie groß das Gewicht des Goldes ist?! Ich habe das mal durchgerechnet, so über'n Daumen! Jawohl, du grinsender Affe, rechnen kann ich auch! Ich bin fast auf den Rücken gefallen! Da muß eine Menge Krempel von Bord, damit die Yacht nicht überlastet fährt. Alles, was ich rausschmeiße, schenke ich euch! Mit einer Ausnahme: Das Funkgerät zerschlag ich in tausend Einzelteile! Und deins dazu! Deine heimliche Lieblingsidee, nach meinem Abrücken Don Fernando zu alarmieren, ist also keinen Cent wert! Na, ist das gut überlegt, du Genie?«
»Und wo willst du hin?«
»Du hältst mich wohl für schwachsinnig, was?« Sempa lachte laut. »Ich schicke dir eine Postkarte, wenn ich ein besonders hübsches Girl im Bett habe. Aber bis die Karte hier ankommt, bis dein Don Fernando sie dir bringt, bin ich längst am anderen Ende der Welt. Junge, die Welt ist ja so groß und schön!« Er erhob sich und streichelte, wie ein gütiger Vater, Phil übers Haar. »Also dann – laß es dir nicht langweilig werden. Sing ein bißchen! In einer Stunde gibt's Hühnchen!«
Als Sempa zur Höhle zurückkam, war Evelyn
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