Das Geheimnis der Sonnensteine: Roman (Sonnenstein-Trilogie) (German Edition)
noch hätte mich Ihr Mißtrauen in mein Verantwortungsbewußtsein sehr gekränkt.“
„Ich hätte geschossen, Kosmander.“ Elmer wollte es eigentlich nicht sagen, deshalb fügt er abschwächend hinzu: „Es geht um Dinge, die weit über dem stehen, was wir unter Gut und Böse verstehen.“
Ein trauriger Blick trifft Elmer.
„Auf jeden Fall haben Sie es erwogen…“, antwortet Quattro leise. „Das genügt schon.“ Elmer weiß nicht, wie er den letzten Satz verstehen soll. Aber Quattro läßt ihn darüber nicht im unklaren. „Protektor Martin hatte unrecht mit der Behauptung, Malden wäre für unsere gemeinsame Mission geeigneter als Sie, Proximer Ponape!“
Das Gesicht des Kosmanders hatte sich für kurze Zeit entspannt. Nun aber beginnen seine Augenlider wieder nervös zu flattern.
„Ich sagte es schon: Malden würde nie wagen, die Waffe auf einen Vorgesetzten zu richten. Aber genau den Mann, der den Mut dazu hat, brauche ich jetzt!“ Die letzten Worte bringt er mühsam hervor.
„Kosmander, ich weiß nicht…“ Elmer fühlt sich in die Enge getrieben und überlegt, wie er reagieren soll.
„Stellen Sie sich nicht so dämlich an, Proximer!“ schreit Quattro. „Ich nehme Sie mit, weil Sie mich daran hindern sollen, irgend etwas Unüberlegtes zu tun! Ist das denn so schwer zu begreifen? Wissen Sie denn, was in Ihnen vorgeht, wenn Sie dem Mörder ihrer Familienangehörigen gegenüberstehen? Wissen Sie das so genau? Ich bin der Motor dieser Aktion, und Sie sind die Sicherung, klar?“
Elmer ist verblüfft. Selbst seine Unberechenbarkeit weiß dieser Mann zu berechnen! Ich habe ihm tatsächlich unrecht getan, überlegt Elmer. Weiß der Teufel, welche Mächte in seiner Brust miteinander ringen, sein Kopf funktioniert zuverlässig wie eine Maschine!
„Und soll ich wirklich…“, fragt Elmer unsicher.
„Dazu wird es nicht kommen. Sollte ich die Beherrschung verlieren…, meinetwegen schlagen Sie mir dann die Faust ins Gesicht, das wird reichen.“
Elmer ist sprachlos. Er nickt mehr automatisch als bewußt. Als wolle er ganz sichergehen, setzt Quattro hinzu: „Das ist ein Befehl, Proximer Ponape!“
„Verstanden, Kosmander!“
Erst als der Gleiter auf einen der Landeschächte der Achternak zufällt, werden Elmer die riesigen Ausmaße dieses deltaförmigen Superkreuzers bewußt. Das Raumschiff ist wirklich größer als die Station Rota. Ein Riese. Unaufhörlich zucken Feuerstöße aus seinem breiten Bug. Jede dieser Salven reichte aus, um den unscheinbaren Gleiter zu einem Strom harter Gammaquanten zu verdampfen. Aber die Feuersäulen peitschen ohne Unterbrechung in die wild rotierende Wand des gräßlichen Strudels aus kosmischer Materie.
Der Eingang des Landeschachts liegt im Dunkeln. Wie ein gewaltiger, aufgerissener Rachen. Da flammt die Beleuchtung des tief in den Leib des Kosmosriesen hineinführenden Tunnels auf. Ein grün blinkendes Dreieck zeigt an, daß die Wirbelfelder eingeschaltet sind, die den Gleiter sanft abbremsen werden. Alles scheint normal. Aber gerade dieser Eindruck ist Elmer unheimlich.
„Wenn das nun eine Falle ist, Kosmander!“ warnt er. Quattro winkt ab.
„Das ist keine Falle.“ Erst als er Elmers zweifelnden Blick bemerkt, fügt er hinzu: „Selbst wenn – es ist der einzige Weg, der in den Raumkreuzer führt.“ Nach einer Pause sagt er: „Quinto stellt keine Fallen…, nicht einmal dazu reicht es bei ihm.“
Erleuchtet wirkt der Schlund nicht mehr so gefährlich, aber unheimlich ist der Kontrast zwischen den fauchenden Antiplasmaladungen und dem normal ablaufenden Landemanöver.
Sie passieren die ovale Eingangsöffnung des Landeschachts. Sofort spürt Elmer den weichen Widerstand der Bremsfelder. Der Gleiter setzt auf dem Landeschlitten auf und kommt zum Stehen.
Quattro springt geschmeidig wie eine Raubkatze aus der Kanzel.
Als die Füße den Boden berühren, hält er bereits den Handwerfer fest umklammert. Allzuviel Vertrauen zu seinem Verstand hat er also doch nicht, geht es Elmer durch den Kopf. Auf ein Zeichen des Kosmanders läßt er sich geräuschlos über die Bordwand hinabgleiten. Im selben Moment wird ihm bewußt, wie unsinnig diese Heimlichkeit ist. Wenn man unter Fanfarengeschmetter durchs Burgtor geritten ist, braucht man beim Absatteln nicht den Atem anzuhalten.
Quattro scheint das auch zu empfinden. Er beschattet die Augen mit der Hand und blickt den langen Gang des Landeschachts hinab. Dann sagt er mit normaler Lautstärke:
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