Das Geheimnis der Sonnensteine: Roman (Sonnenstein-Trilogie) (German Edition)
Zwei von ihnen liegen mit schweren Strahlenschäden in der Klinik, sie werden wohl kaum durchkommen…“
Quinto schwitzt in seiner Arbeitskombination. Es dauert eine Weile, bis er begreift, daß das nicht an der gespenstischen Situation liegt, sondern daß es tatsächlich immer wärmer wird, je tiefer sie in den Planeten vordringen. Die Luft ist schwer und stickig, der penetrante Gestank nach Schweiß und Exkrementen unerträglich. Hätte er doch die Empfehlung nicht in den Wind geschlagen, eine Atemschutzmaske mitzubringen!
Neben und hinter sich sieht er unablässig die Gondeln des Vertikators lautlos auf- und niedersteigen. In einem Bündel von bestimmt zwei Dutzend durchsichtigen Röhren huschen die pneumatisch betriebenen Kabinen vorbei, und noch ist das Ende dieses Schachtes außer Sichtweite.
„Das ist der Engpaß!“ sagt Dark tonlos. „Im wahrsten Sinne des Wortes! Obwohl wir auch die Förderschächte zur Versorgung und Entsorgung nutzen, die Verbindungswege sind das Nadelöhr, vor dem sich alles staut. Bis jetzt haben wir noch keine Lösung gefunden. Für Wasser und Luft konnten wir Leitungen installieren – aber das reicht ja nicht zum Überleben! Die Bergleute arbeiten rund um die Uhr – nicht um Erz abzubauen, wahrlich nicht! Sie haben mit den anfallenden Versorgungsaufgaben alle Hände voll zu tun.“
Endlich hält der Vertikator sanft schwingend an. Als Dark die Schotte öffnet, schlägt ihnen eine Woge sengend heißer, kaum atembarer Luft ins Gesicht, als ständen sie vor dem Feuerloch eines Schmelzofens. Im Nu ist Quinto klitschnaß. Jetzt begreift er auch, warum der Vizeadmirander seine Uniformjacke ausgezogen hat!
„Wir können machen, was wir wollen“, keucht Dark, nach Atem ringend, „die Stollen lassen sich nicht klimatisieren wie die übrige Festung. Hier arbeiten sonst nur Andros – denen macht die Hitze nichts aus. Das ist die Glut des Sirius, sie hat den ganzen Planeten aufgeheizt…“ Er hustet. „Wir haben einfach nicht die Mittel, um die Stollen so zu klimatisieren wie die Kasematten, weil das normalerweise nicht nötig ist. Die ausgetauschte Luft erwärmt sich innerhalb von wenigen Minuten, und viertelstündlich wechseln können wir auch nicht, das machen die Oxygatoren nicht mit…“
Das kann doch kein Mensch aushalten! denkt Quinto. Unmöglich, das überlebt niemand länger als einige Stunden!
Ein merkwürdiges Geräusch dringt aus der Tiefe des Planeten, Töne, die er vorher noch nie gehört hat und die ihn mit Grauen erfüllen, ihm das Blut in den Adern stocken lassen.
Es klingt wie das Klagen eines riesigen, unter kilometerdicken Felsschichten gefangenen Untiers, auf- und abschwellend, bis ins Mark dringend. Die wenigen Lichtquellen spenden kaum Helligkeit. Düster und unheimlich liegt der Eingang zum Stollen vor ihnen, mit starken Torflügeln verschlossen wie ein Kerker. Als der Vizeadmirander mit der Faust dagegen schlägt, öffnen sie sich knarrend, und im selben Moment quillt ein tausendstimmiges Ächzen und Keuchen, Stöhnen und Husten durch den Spalt.
Quinto schließt entsetzt die Augen. Vor ihm liegt ein Höllenschlund, angefüllt mit nackten, dampfenden Menschen. Die unerträgliche Hitze nimmt ihm den Atem, und er zwingt sich zu jedem Schritt. Die Männer beachten ihn kaum. Die meisten liegen am Boden, und nur den sich hebenden und senkenden Brustkörben ist anzusehen, daß Leben in ihren Körpern ist.
Erst nach einigen Schritten wird es Quinto bewußt, daß trotz der höllischen Hitze, des beißenden Gestanks und der riesigen Masse von Menschen eine gewisse Ordnung herrscht. So ist in der Mitte des Stollens eine schmale Gasse freigehalten worden, obgleich Platz dringend benötigt würde. Als er sich umsieht, kann er erkennen, wie vier Männer mit nackten schweißüberströmten Oberkörpern die Torflügel schließen und sich unmittelbar neben dem Eingang niedersetzen. Ihre Bewegungen wirken genau koordiniert und sparsam. Kein Zweifel, es handelt sich um eine Torwache!
Dicke Schweißperlen rinnen Quinto die Schläfen hinab, und er muß sich mit dem Handrücken die brennenden Augen auswischen.
Unheimlich und bedrückend wirkt es, wie sich die Brustkörbe der mit geschlossenen Augen daliegenden Männer heben und wieder senken, wie das Pulsieren einer riesigen Molluske.
Ein schriller Pfiff gellt durch den Stollen, und eine heisere Männerstimme ruft keuchend: „Block siebzehn, achtzehn, neunzehn – Atemübung beenden und Wasser fassen! Block
Weitere Kostenlose Bücher