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Das Geheimnis der Sprache (German Edition)

Das Geheimnis der Sprache (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Sprache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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Gang«, »wechselweise Antworten«, »teilweisen Besitz«, und die Großmeister haben die freie adjektivische Benützung des Adverbs für selbstverständlich gehalten; weil sie eben keine Schulmeister waren und dem Tifteln keinen Platz im Denken einräumten.
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    Wie die Newtonschen Lehrsätze nur eine Annäherung an eine erschöpfende Gravitationslehre darstellen, so bedeutet jede Sprachschärfe immer nur eine Annäherung an die Wirklichkeit, welche durch die Mittel des Ausdrucks niemals restlos erfaßt werden kann. Wenn wir sagen »ein chemisches Lehrbuch«, so ist das gut und unmißverständlich, wiewohl nicht restlos genau; denn das Buch selbst ist nicht chemisch, handelt vielmehr nur von chemischen Wirkungen. »Ein mathematischer Lehrstuhl« heißt es in zweckentsprechender Abkürzung für einen Lehrstuhl, dessen Inhaber Mathematik vorträgt; der Stuhl selbst ist ebensowenig mathematisch wie eine kohlensaure Jungfrau kohlensauer; und man erkennt die Ungenauigkeit schon eher, wenn man sich etwa einen strafrechtlichen, geburtshilflichen oder venerischen Lehrstuhl vorstellt; denn Strafrecht, Geburtshilfe und Venerie sind Vortragsstoffe wie die Mathematik. Als restlos genau kann nicht einmal der »botanische Garten«, das »optische Institut«, die »quadratische Gleichung« angesprochen werden; diese enthält quadratische Elemente, ohne sich als ganzes Gebilde mit dem Begriff des Quadratischen zu decken; sie kann zum Beispiel eine Beziehung zwischen Kugel-Elementen darstellen und dürfte dann bei bestimmter Einstellung der Aufmerksamkeit ohne logischen Fehler als eine Kugelgleichung gelten.
    Im Verfolg dieser Linie gerät man leicht an die »silberne Hochzeit«, an die »militärische Reitanstalt«, an den »brieflichen Ratgeber«, an »die gelbe Gefahr«, an den »doppelten Buchhalter«, den »mehrfachen Millionär« und den »dreifachen Raubmörder«. Richtig oder falsch? ein aufdröselnder Schulfuchser kann da allerlei beweisen, widerlegen, für den Sprachgebrauch verbieten wollen. Die Sprache selbst aber rechnet mit dem Näherungswert und nimmt den Ausdruck an, sobald er sich als abkürzend, zweckentsprechend und für den gerade vorliegenden Fall als eindeutig erweist.
    Der »Zoologische Garten« enthält schon eine leise Ungenauigkeit. Immerhin, der Schulfuchser überhört sie und erhebt keine Einwendung. Nun aber soll eine Straße nach dem Zoo benannt werden, und da beginnt er zu fuchsen. Sie müßte heißen »Zoologischergarten-Straße« oder so ähnlich; aber nicht: Zoologische Garten-Straße; denn die Straße ist doch, um Himmels willen, nicht zoologisch. Und darüber kann es tatsächlich zwischen Stadtvätern, Gelehrten und Zeitungsschreibern zum Streit kommen. Aber das Adjektiv setzt sich durch und überwindet mit seiner Geschmeidigkeit die starren Formeln der Logik.
    Wo soll nun die Grenze liegen? Jedenfalls nicht da, wo wir sie heute vermuten, sondern sehr viel weiter darüber hinaus. Im Volksmund gibt es längst »das adlige Fräuleinstift «, »das ärztliche Honorar«, »das schriftstellerische Einkommen«, »der innere Kliniker«, »die gelben Fieberanfälle«, »das einjährige Dienstzeugnis«, sogar den »vierstöckigen Hausbesitzer« und die »reitende Artilleriekaserne«. Man spricht vom »körperlichen Arbeiter«, und im deutschen Reichstag wurde, ohne daß es im geringsten auffiel, Irgendwer »ein glatter Landesverräter« genannt. Man vergegenwärtige sich, wieviel Metaphern nötig sind, um das eine »glatt« zu rechtfertigen. Aber die Hilfsbrücken bauen sich von selbst, man versteht, was gemeint ist und läßt den Ausdruck durchschlüpfen. Die Wustmänner sind dagegen. Aber die nämlichen Männer weisen uns doch dauernd auf den Mund des gemeinen Mannes von Straße und Markt, aus dem wir zu erfahren haben, was der Sprache nottut. Und mit diesem Hinweis werden sie wahrscheinlich rechtbehalten, in Anbetracht der erweiterten Möglichkeiten für das Eigenschaftswort und die Attributbildung. Der »musikalische Instrumentenmacher«, der »geräucherte Fischladen« sind heute noch unmöglich, werden vielleicht ungebräuchlich bleiben, da sie durch Hauptwörter – Musikinstrumentenmacher, Rauchfischladen – ersetzt werden können. Dagegen halte ich es für denkbar, daß die Zukunft sich mit zahlreichen Adjektivverbindungen befreunden wird, die uns heute noch gar nicht vorschweben, weil die entsprechende Begriffszerteilung noch nicht vollzogen ist.
    Ich kann mir zum Beispiel eine chromatische

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